Heimat-Heidi Staffel 4 – Heimatroman. Stefanie Valentin. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefanie Valentin
Издательство: Bookwire
Серия: Heimat-Heidi
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980597
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Sebastian brauchte von ihr keinerlei Zustimmung für seine Arbeiten.

      »Das versteh’ ich net«, sagte sie deshalb, »wieso muß ich dir die Zustimmung geben, wenn du die Wand der Kapelle bemalen willst?«

      »Wir haben schon mal darüber gesprochen…!«

      Josie reagierte erstaunt. »Wir haben schon mal darüber gesprochen?«

      Sebastian nickte. »Ich hab’ dir gesagt, daß ich, gleich wen ich male, immer ein real existierendes Gesicht als Basis nehme.«

      »Das hast du gesagt«, erwiderte Josie. »Aber was hat das mit mir zu tun?«

      »Im Grund genommen hatte dein Bruder recht«, antwortete Sebastian, »ich bin auf der Stelle gestanden. Alle meine Bilder zeigten ein- und dasselbe Gesicht.«

      »Du meinst das Gesicht Hannas…!«

      Sebastian nickte. »So ist es.«

      Josie dachte nach, verstand aber immer noch nicht, worum es Sebastian ging, was sie ihm auch deutlich machte. »Ich versteh’ es immer noch nicht.«

      »Heut’ nacht«, antwortete Sebastian, »hatte ich so was wie ein Erwachen.«

      »Ein Erwachen? Wie meinst du das?«

      »Seit Hannas Tod, das ist über sieben Jahre her«, antwortete Sebastian, »ist es mir zum ersten Mal wieder gelungen, ein anderes Gesicht als ihres zu zeichnen.«

      Plötzlich spürte Josie, wie ihr Herz rascher zu schlagen begann. Sie sah Sebastian mit großen Augen an.

      »Willst du mir vielleicht sagen, daß… daß du mein Gesicht hast zeichnen können?« fragte sie.

      Sebastian nickte lächelnd. »Es ist wunderschön geworden. Ich hab’ nie ein schöneres Gesicht gesehen. Josie, ich weiß nicht, wie ich es sagen soll.«

      »Sag gar nichts«, flüsterte Josie, »halt mich einfach nur fest in deinen Armen.«

      Die Welt um sie herum versank, und als sie sich nach Minuten wieder ansahen, hatten beide Tränen des Glücks in den Augen.

      »Vor einigen Monaten, als sich einige junge Leute der Gegend daran gemacht haben, die Barbara-Kapelle zu restaurieren«, sagte Sebastian, »da… da hab’ ich mich auch gemeldet. Sie haben wissen wollen, was ich beitragen kann.«

      »Und da hast vorgeschlagen, die Wände zu bemalen, oder?«

      Sebastian nickte.

      »So ist es«, sagte er, »und inzwischen weiß ich, daß ich, vorläufig zumindest, nur die Heilige Barbara malen werd’.«

      »Ich bin so gespannt…!«

      Sebastian lächelte. »Ganz am Anfang als ich vorhin heraufgekommen bin, da hab’ ich dich um Zustimmung bitten wollen, erinnerst du dich?«

      Josie nickte. »Ja, richtig, um was ging’s denn?«

      »Ich wollt’ dich fragen«, erwiderte Sebastian, »ob du was dagegen hast, daß die Heilige Barbara dein Gesicht bekommt?«

      Einen Augenblick saß Josie erschrocken und stumm da, dann fiel sie Sebastian um den Hals.

      »Ich hab’ dich unendlich lieb«, hauchte sie, »lieber kann man einen Menschen gar nicht haben…!«

      *

      Als Mizzi nach dem Gespräch mit Heidi den Bergerhof verließ, fühlte sie sich völlig leer. Daß es schwierig werden würde, Rainer deutlich zu machen, daß sie ihn nie auf Distanz hatte halten wollen, war ihr schon klar gewesen. Deswegen war sie zu Heidi gefahren, ihren Rat erhoffte sie sich. Doch daß Rainer abgereist war, mit der Möglichkeit hatte sie nicht gerechnet.

      »Dir geht’s net besonders gut, oder?« Ihr Großvater sah sie fragend an.

      Mizzi schüttelte den Kopf. Nicht mehr ganz zwei Wochen würde sie im Lohhof sein, dann mußte sie wieder zurück nach Mittenwald.

      »Der Rainer geht dir net aus den Gedanken«, sagte ihr Großvater, »das ist net zu übersehen.«

      Mizzi nickte. »Er ist weg, ich kann’s nimmer gutmachen, was ich angerichtet hab’.«

      »Was heißt, er ist weg?«

      »Daß er abgereist ist«, antwortete Mizzi. »Er ist mit seiner bisherigen Freundin nach Haus’ gefahren.«

      Ambros Kramer schluckte, damit hatte auch er offensichtlich nicht gerechnet.

      »Er ist nach Haus’ gefahren«, murmelte er, »da schau her.« Dann nickte er. »Ihn hat sehr getroffen, daß du ihn abgewiesen hast.«

      Mizzi sah unter sich. »Ich weiß es jetzt auch. Dabei hab’ ich ihn gar net abweisen wollen. Ich wollt’ halt net, daß ich die Lücke füllen sollt’, die seine Freundin hinterlassen hat. Dazu war ich mir einfach zu schad’.«

      Ambros Kramer stand hilflos da, nach einer Weile zuckte er mit den Schultern und verließ die Stube, wo die beiden gesessen waren.

      Drei Tage war Rainer jetzt weg und Mizzi dachte ständig an ihn. An seinen Blick, der sie gleich bei der ersten Begegnung verzaubert hatte, und daran, wie sich ihre Hände mal zufällig berührt hatten, daß sie gemeint hatte, die Berührung noch Stunden später zu spüren.

      Mizzi ging nach oben in ihr Zimmer. Sie überlegte, ob sie nicht früher als geplant nach Mittenwald reisen sollte? Was wollte sie noch hier, wo sie momentan alles an ihre Dummheit erinnerte? Gerade als sie dabei war, den Entschluß reifen zu lassen, läutete ihr Telefon.

      Mizzi hatte einen eigenen Anschluß, deshalb mußte das Gespräch für sie sein. Sie war sich sicher, daß es Clemens Haubner oder sonstwer aus den »Werdenfelser Stuben« sein würde, weshalb sie sich nicht mit Namen meldete, sondern gleich sagte: »Wenn du willst, bin ich heut’ abend da.«

      Es dauerte einen Moment, bis sie eine Antwort bekam.

      »Das wär’ schön«, hörte sie Rainer Bald sagen.

      »Rainer…?« fragte sie mit ungläubig klingender Stimme.

      »Ja?«

      »Wenn du wüßtest, was für ein Riesenstein mir vom Herzen fällt«, sagte Mizzi, fast hätte sie zu weinen angefangen.

      »Wieso? Von was redest du?«

      »Davon, daß du anrufst«, antwortete Mizzi. »Kannst… kannst du nicht kommen?«

      »Kommen? Wohin?«

      »Zu mir«, antwortete Mizzi.

      Rainer räusperte sich. »Entschuldige bitte, aber wir waren uns doch einig, daß…!«

      »Was ich gesagt hab’, war alles völliger Quatsch«, ließ Mizzi ihn erst gar nicht ausreden.

      »Jetzt versteh’ ich gar nichts mehr…!«

      »Weshalb rufst du jetzt an?« fragte Mizzi, die darauf hoffte, daß sein Gefühl ihn bewegt hatte.

      »Weil ich dich bitten wollte nachzusehen, ob ich ein kleines Notizbuch bei dir habe liegen lassen«, antwortete Rainer. »Ich vermisse es seit Tagen und da ich alle anderen schon abgefragt habe, bleibt nur noch die Möglichkeit, daß es bei dir liegengeblieben ist.«

      Mizzi meinte plötzlich, ganz und gar hohl zu sein. Von einer Sekunde zur anderen erlebte sie Hoch und Tief gleich hintereinander.

      »Hier ist nichts«, erwiderte sie und legte auf. In der gleichen Sekunde tat es ihr schon wieder leid.

      Mizzi stellte sich ans Fenster und begann nachzudenken, was eine Weile dauerte.

      »Du bist bis über beide Ohren verliebt«, sagte sie irgendwann zu sich selbst. »Du mußt aus der Sache heraus, bevor sie dich auffrißt.«

      Dann ging sie nach unten zu ihrem Großvater und fragte, wann sie frühestens abreisen könne.

      Ambros Kramer wurde blaß. »Du… du willst schon weg?«

      »Ich