Jüdische Altertümer. Flavius Josephus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Flavius Josephus
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783843801201
Скачать книгу
Feinde aus dem Gebiete des Stammes Judas habe vertilgen helfen, dieser auch dem Stamme Simeon dabei helfen solle.

      2. Die Chananäer aber, deren Macht sich damals wieder gehoben hatte, erwarteten mit einem großen Heere die Israeliten bei der Stadt Bezek. Den Oberbefehl führte Adonibezek, König der Bezeker (dieser Name heißt »Herr der Bezeker«, denn Adoni heißt in der hebräischen Sprache »Herr«), und sie hofften die Israeliten umso eher besiegen zu können, weil Jesus gestorben war. Mit ihnen trafen nun die beiden genannten Stämme zusammen und kämpften tapfer, töteten mehr als zehntausend Mann von ihnen, schlugen die anderen in die Flucht, verfolgten sie und nahmen den König Adonibezek gefangen. Als der Letztere von ihnen verstümmelt worden war, sprach er: »Gott lässt nichts unbestraft, denn ich muss jetzt dasselbe erleiden, was ich früher zweiundsiebzig Königen anzutun mich nicht gescheut habe.« Man brachte ihn zwar noch lebend nach Jerusalem, doch erlag er bald seinen Leiden und wurde dort begraben. Darauf durchzogen sie das Land, um die Städte zu erobern. Und nachdem sie viele derselben eingenommen hatten, griffen sie auch Jerusalem an, besetzten den unteren Teil der Stadt und töteten alle, die hier wohnten. Die Eroberung des oberen Teiles dagegen mussten sie seiner starken Mauern und seiner natürlichen Festigkeit wegen aufgeben.

      3. Danach brachen sie wieder auf und zogen nach Chebron, nahmen es ein und töteten alle Bewohner. Hier hatte sich noch ein Riesengeschlecht erhalten, das durch Körpergröße und Gestalt von anderen Menschen sich unterschied, von erstaunlichem Aussehen war und eine erschreckliche Stimme besaß. Ihre Gebeine werden noch heute gezeigt und sind so groß, dass es schwer fällt, sie für menschliche Gebeine zu halten. Diese Stadt schenkte man nebst zweitausend Ellen Ackerland als Zeichen besonderen Vorzuges den Leviten, das übrige Land aber erhielt nach dem Befehle des Moyses Chaleb, einer der Kundschafter, die er nach Chananaea geschickt hatte. Auch den Nachkommen des Madianiters Jothor, des Schwiegervaters des Moyses, räumte man ein Land als Wohnsitz ein. Denn sie hatten ihr Vaterland verlassen und waren den Israeliten durch die Wüste gefolgt.

      4. Die Stämme Judas und Simeon hatten alle Städte im Gebirgslande Chananaeas genommen, in der Ebene aber und an der Meeresküste nur Askalon und Azot. Gaza dagegen und Akkaron entgingen ihnen, denn da deren Bewohner Wagen in Menge hatten und in der Ebene wohnten, griffen sie die Belagerer an und brachten ihnen empfindliche Verluste bei. Darauf legten diese Stämme, nachdem sie sich durch Beute sehr bereichert hatten, die Waffen nieder.

      5. Die Benjamiter begnügten sich damit, den Einwohnern von Jerusalem, das in ihrem Lose lag, Abgaben aufzulegen, und so erfreuten sie sich beide der Ruhe. Die einen wurden von den Kriegsbeschwerden, die anderen aus ihren Gefahren befreit, und beide verlegten sich nun auf den Ackerbau. Dem Beispiele der Benjamiter folgten die übrigen Stämme, begnügten sich mit Tributleistung und ließen die Chananäer in Frieden.

      6. Der Stamm Ephraïm hatte ein Heer gegen Bethel geschickt, richtete aber trotz langwieriger und mühevoller Belagerung nichts aus. Obgleich sie nun über die Verzögerung sich sehr ärgerten, ließen sie doch von der Belagerung nicht ab. Endlich ergriffen sie einen Bürger, der der Stadt Proviant zuführte; diesem versprachen sie, sie wollten ihn nebst den Seinigen nach Einnahme der Stadt verschonen, wenn er ihnen dieselbe verriete. Hierauf ging der Mann ein und schwor ihnen eidlich, er werde ihnen Bethel überliefern. So wurde die Stadt verraten und eingenommen, und alle ihre Bewohner wurden getötet, der Verräter dagegen mit den Seinen am Leben gelassen.

      7. Hierauf standen die Israeliten vom Kriege ab oder befassten sich wenigstens nicht viel mit ihm; dagegen verlegten sie sich eifrig auf Ackerbau und Viehwirtschaft. Und da sie hieraus reichen Gewinn zogen, lebten sie in Schwelgerei und Wollust, verachteten Zucht und Ehrbarkeit und übertraten Gesetze wie Verfassungsbestimmungen. Hierüber erzürnte Gott und tadelte sie zuerst in einem Orakelspruch, dass sie gegen seinen Willen die Chananäer verschont hätten; denn diese würden ihnen zu gelegener Zeit ihre Milde nur mit Grausamkeit vergelten. Diese Ermahnung Gottes aber nahmen die Israeliten nicht nur mit Widerwillen auf, sondern waren auch dem Kriege gänzlich abgeneigt, einmal weil sie von den Chananäern viele Vorteile hatten, dann aber auch, weil sie infolge ihres weichlichen Lebens zur Kriegführung zu träge geworden waren. Auch die Vornehmen fingen an, verderbt zu werden, und es wurden weder Älteste erwählt noch andere obrigkeitliche Personen, wie das Gesetz es vorschrieb. Man beschäftigte sich lediglich mit Ackerbau und jagte nur noch nach Gewinn. Bei dieser Ungebundenheit und Leichtfertigkeit der Lebensweise entstand eine schwere Zerrüttung, und es kam endlich sogar zum Bürgerkriege aus folgender näheren Veranlassung.

      8. Ein Mann aus dem Stande der Leviten, der im Stamme Ephraïm wohnte, hatte ein Weib aus Bethlehem, das zum Stamme Judas gehörte, geheiratet. Da dieser seine Gattin um ihrer Schönheit willen heftig liebte, sie ihm aber nicht die gleiche Zuneigung entgegenbrachte, vielmehr sich ihm von Tag zu Tag desto mehr entfremdete, je größer seine Liebe zu ihr wurde, kam es schließlich zu täglichen Streitigkeiten zwischen ihnen, infolge deren das Weib im vierten Monat von ihrem Manne sich trennte und zu ihren Eltern zurückkehrte. Das ertrug der Mann in seiner großen Liebe nicht und folgte ihr zu seinen Schwiegereltern nach, die die Streitigkeiten schlichteten und eine Versöhnung zwischen den Ehegatten zustande brachten. Vier Tage hatte der Mann sich dort aufgehalten und freundlichste Aufnahme bei seinen Schwiegereltern gefunden. Am fünften Tage aber wollte er nach Hause zurückkehren und begab sich gegen Mittag weg; die Eltern jedoch ließen die Tochter ungern ziehen und hielten sie daher bis gegen Abend hin. Auf der Reise begleitete sie ein einziger Diener, und das Weib ritt auf einem Esel. Als sie nun dreißig Stadien zurückgelegt hatten und in die Nähe Jerusalems gekommen waren, riet der Diener zur Einkehr, damit sie nicht in der Nacht gefahrvollen Zufällen ausgesetzt seien, zumal da sich Feinde in der Nähe aufhielten, und die Nacht selbst eine friedliche Gegend unsicher und verdächtig mache. Dem Levit aber missfiel dieser Vorschlag, weil er in fremdem Lande nicht gern einkehrte (in Jerusalem wohnten Chananäer). Er hielt es vielmehr für besser, noch zwanzig Stadien weiter zu reisen, da sie dann zu einer israelitischen Stadt kommen würden. Und da diese Meinung Beifall fand, zogen sie weiter und gelangten nach Gaba im Stamme Benjamin, als die Sonne bereits untergegangen war. Zu dieser späten Stunde befand sich aber niemand mehr auf dem Markte, der ihnen ein Nachtlager angeboten hätte. Zuletzt begegnete ihnen jedoch ein alter Mann vom Stamme Ephraïm, aber wohnhaft zu Gaba, der eben vom Felde heimkehrte. Dieser fragte ihn, wer er sei, woher er komme und weshalb er noch so spät ein Nachtmahl suche. Und da der Levit ihm entgegnete, er führe sein Weib wieder nach Hause, die ihre Eltern besucht habe, und er wohne im Stamme Ephraïm, bat sie der Greis, weil auch er in demselben Stamme gewohnt habe und ihnen so zufällig als Verwandter begegnet sei, sie möchten bei ihm einkehren. Einige Gabaënerjünglinge aber, die das Weib auf dem Markte gesehen und seine Schönheit bewundert hatten, hatten kaum bemerkt, dass sie bei dem Greise eingekehrt sei, als sie ohne Scheu vor das Haus zogen. Der Greis bat sie, sie möchten doch weggehen und keine Gewalttat verüben; doch sie verlangten, er solle ihnen nur das fremde Weib ausliefern, dann hätten sie mit ihm nichts mehr zu schaffen. Und da er ihnen vorstellte, sie sei seine Verwandte und eine Levitin, und sie möchten doch keine solche Schandtat begehen und aus Wollust die Gesetze verletzen, schlugen sie Recht und Gerechtigkeit in den Wind und verhöhnten ihn noch dazu; ja sie drohten ihm mit dem Tode, wenn er ihrer Lust noch weiter Hindernisse bereite. Nun geriet der Greis in große Not, und da er seinen Gästen eine solche Schmach nicht antun lassen wollte, bot er ihnen an, ihnen seine eigene Tochter preiszugeben; denn ihre Sünde würde geringer sein, wenn sie an dieser ihre Lust ausließen, als wenn sie das Gastrecht also verletzten. So glaubte er seinerseits alles getan zu haben, um von seinen Gästen die Beleidigung abzuwehren. Als sie aber von ihrem Verlangen nicht abließen, vielmehr noch heftiger und ungestümer die Auslieferung begehrten, bat er sie kniefällig, doch von ihrem ungerechten Vorhaben abzustehen. Sie aber, wahnsinnig vor Wollust, wandten Gewalt an und schleppten das Weib mit sich nach Hause, schändeten sie und trieben die ganze Nacht ihre Kurzweil mit ihr, und erst gegen Morgen ließen sie sie weg. Das Weib kehrte, schwer betrübt über die ihr widerfahrene Unbill, wieder nach der Herberge zurück; aber vor Schmerz und Scham wagte sie nicht, ihrem Manne unter die Augen zu treten, denn sie wusste, wie schwer er unter dem Geschehenen leiden würde. Plötzlich fiel sie zur Erde und gab ihren Geist auf. Ihr Gatte aber dachte, sie sei nur in tiefen Schlaf gefallen, und wollte sie, da er nichts Schlimmes argwöhnte, aufwecken und sie trösten, weil er wusste, dass sie sich den schändlichen Menschen nicht freiwillig hingegeben habe, vielmehr von ihnen