Jüdische Altertümer. Flavius Josephus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Flavius Josephus
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783843801201
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Moyses das Volk mit Weibern, Kindern und Sklaven zusammen und ließ sie schwören, die Gesetze zu beobachten und in eifriger Erfüllung des göttlichen Willens sie nicht zu übertreten, weder aus Rücksicht auf Verwandtschaften noch aus Furcht, noch weil sie irgendeinen anderen Grund für wichtiger hielten als die treue Beobachtung der Gebote. Und sollte irgendein Verwandter oder irgendeine Stadt die Verfassung ihres Staates zu verwirren und zu lösen wagen, so sollten sie samt und sonders sich dagegen wehren. Hätten sie dann die Feinde überwunden, so sollten sie dieselben gänzlich ausrotten und keine Spur von den übermütigen Frevlern übrig lassen. Seien sie aber nicht mächtig genug, um die Strafe zu vollstrecken, so sollten sie wenigstens zeigen, dass die Übeltat gegen ihren Willen geschehen sei. Und das Volk leistete den Schwur.

      46. Moyses lehrte sie auch, wie sie Gott wohlgefällige Opfer darbringen, wie sie zum Kriege ausziehen und wie sie aus den Edelsteinen ein Zeichen entnehmen sollten, wovon ich oben Erwähnung getan habe. Auch Jesus prophezeite noch in Gegenwart des Moyses, erwog alles, was er für die Wohlfahrt des Volkes im Frieden wie im Kriege, für die Gesetzgebung und die Staatsverfassung tun müsse, und verkündete ihnen nach Gottes Eingebung, sie würden, wenn sie die Gottesverehrung vernachlässigten, allerlei Ungemach erleiden. Ihr Land würde sich mit Feinden füllen, ihre Städte zerstört, ihr Tempel verbrannt werden, und sie selbst in die Sklaverei von Menschen geraten, die kein Mitleid mit ihrem Unglück empfanden. Zu spät würden sie dann Reue fühlen. Doch werde Gott, der sie erschaffen, ihren Nachkommen Städte und den Tempel wiedergeben. Dieser Verlust werde sich aber nicht nur einmal, sondern oft ereignen.

      47. Darauf ermahnte Moyses den Jesus, Krieg gegen die Chananäer zu führen, da Gott ihm in allen seinen Unternehmungen beistehen werde. Dann segnete er das ganze Volk und sprach: »Da ich nun zu unseren Vätern gehe und Gott mir diesen Tag als Sterbetag bestimmt hat, so sage ich ihm, weil ich noch lebe und bei euch bin, Dank dafür, dass er euch nicht nur von Leiden befreit, sondern auch manches Gute euch geschenkt hat, ferner dafür, dass er mich in allen meinen Mühen und Sorgen, die ich um die Verbesserung eurer Lage gehabt habe, unterstützt und sich uns in allem gnädig erwiesen hat. Er war es, der uns in allen Unternehmungen vorangegangen ist und ihnen einen glücklichen Ausgang gegeben hat, denn ich war nur sein Stellvertreter und Diener bei Zuteilung der Wohltaten, die er euch erzeigte. Darum halte ich es für billig, die Allmacht Gottes, der auch in Zukunft sich euer annehmen wird, vor meinem Scheiden gebührend zu loben. Denn ich fühle mich verpflichtet, ihm auch meinerseits den schuldigen Dank abzustatten, dann aber euch ans Herz zu legen, wie sehr ihr ihn ehren und lieben und die Gesetze als das herrlichste Geschenk von allem, was er euch verliehen und in seiner Huld auch weiterhin bescheren wird, in Obacht halten müsst. Bedenket auch, wie unwillig schon ein menschlicher Gesetzgeber ist, wenn seine Gesetze übertreten und verachtet werden; um wie viel weniger werdet ihr da den Zorn Gottes auf euch ziehen wollen, mit dem er die Missachtung seiner eigenen Gebote ahndet.«

      48. Als Moyses am Ende seines Lebens so gesprochen und jedem Stamme unter Segenswünschen sein künftiges Schicksal geweissagt hatte, brach das Volk in Tränen aus. Die Weiber schlugen an ihre Brust im Schmerze über seinen bevorstehenden Tod, und sogar die Kinder, welche umso mehr jammerten, je schwächer sie in der Unterdrückung ihres Kummers waren, zeigten, dass sie seine Tugenden und die Größe seiner Taten besser erkannten, als ihr Alter hätte erwarten lassen sollen. Alt und Jung schien sich in Schmerzensausbrüchen einander überbieten zu wollen. Die einen beklagten die Zukunft, da sie wohl wussten, welchen Führer und Vorsteher sie an Moyses verloren; die anderen trauerten um ihn, weil er scheiden müsse, noch ehe sie seine Tüchtigkeit recht erkannt hätten. Die Größe der Trauer und des Jammers des Volkes lässt sich am besten daraus entnehmen, was dem Gesetzgeber selbst begegnete. Obgleich er nämlich in seinem ganzen Leben überzeugt gewesen war, man dürfe sich wegen seines bevorstehenden Todes nicht abhärmen, da man ihn nach dem Willen Gottes und den Gesetzen der Natur erleiden müsse, so presste ihm doch das Wehklagen des Volkes Tränen aus. Als er sich nun wegbegab nach dem Orte, wo er dem Anblick entrückt werden sollte, folgten ihm alle weinend nach. Moyses aber winkte den weiter Entfernten mit der Hand, dass sie ruhig stehen bleiben sollten. Die ihm näher Stehenden hingegen ermahnte er, sie sollten ihm nicht dadurch, dass sie ihm folgten, den Abschied noch mehr erschweren. Hierin glaubten sie ihm willfahren zu müssen und hielten sich deshalb weinend zurück, damit er nach seinem Willen aus dem Leben scheiden könne, und nur die Ältesten, der Hohepriester Eleazar und der Heerführer Jesus begleiteten ihn. Als er nun auf dem Berge Abar angekommen war (dieser Berg ragt in der Gegend von Jericho empor, und man hat von ihm einen herrlichen und weiten Ausblick auf das Land Chananaea), entließ er die Ältesten. Darauf umarmte er den Eleazar und den Jesus, und während er noch mit ihnen sprach, ließ sich plötzlich eine Wolke auf ihn herab, und er entschwand in ein Tal. In den heiligen Büchern aber hat er geschrieben, er sei gestorben, aus Furcht, man möchte sagen, er sei wegen seiner hervorragenden Tugenden zu Gott hinübergegangen.

      49. Er lebte im ganzen einhundertzwanzig Jahre, wovon er den dritten Teil weniger einen Monat Führer des Volkes gewesen ist. Er starb im letzten Monate des Jahres, der bei den Makedoniern Dystros, bei uns Adar heißt, zur Zeit des Neumondes. An Geistesschärfe übertraf er alle Menschen, die je gelebt haben, und geschickt im Erdenken von Plänen, besaß er auch eine wunderbare volkstümliche Beredsamkeit. Seine Stimmungen beherrschte er in solchem Grade, dass sie in ihm gar nicht vorhanden zu sein schienen, und dass er ihre Namen mehr deshalb, weil er sie bei anderen Menschen sah, als von sich selbst her zu kennen schien. Er war ein vorzüglicher Feldherr und ein Seher wie kaum ein zweiter, sodass, wenn er redete, man Gott selbst sprechen zu hören vermeinte. Das Volk beweinte ihn dreißig Tage lang, und eine so ungeheure Trauer hat die Hebräer nie wieder ergriffen, als damals, da Moyses starb. Und es vermissten ihn nicht nur diejenigen, die persönlich mit ihm verkehrt hatten, sondern auch alle, die seine Gesetze kennen lernten, weil sie aus ihnen auf die hervorragende Größe seiner Tugend schließen konnten. So viel sei über den Tod des Moyses gesagt.

      

(Gekürzt.)

      FÜNFTES BUCH

      DIESES BUCH UMFASST EINEN ZEITRAUM

      VON 476 JAHREN

      ERSTES KAPITEL

      Wie Jesus, der Feldherr der Hebräer, die Chananäer bekriegte,

      sie ausrottete und ihr Land unter die Stämme verloste.

      1. Als nun Moyses, wie gesagt, den Menschen entrückt war, und die gebührenden Trauerfeierlichkeiten für ihn stattgefunden hatten, verkündete Jesus dem Volke, es solle sich zum Kriegszug rüsten. Zugleich schickte er Kundschafter in das Gebiet Jerichos, um die Stärke und die Gesinnung seiner Bewohner zu erforschen. Darauf stellte er das Heer in Schlachtordnung auf, um rechtzeitig den Jordan überschreiten zu können, und berief zu sich die Häupter der Stämme Rubel, Gad und Manasses (denn der Hälfte dieses Stammes war das Land Amoraea, der siebente Teil von Chananaea, eingeräumt worden). Er erinnerte sie an das, was sie dem Moyses versprochen, und beschwor sie, dass sie aus Dank gegen diesen, der bis zum Ende seines Lebens für sie gesorgt habe, wie auch um des allgemeinen Besten willen ihre Versprechungen bereitwillig einlösen möchten. Und da sie ihm Folge leisteten, zog er mit fünfzigtausend Bewaffneten von Abila sechzig Stadien weit an den Jordan.

      2. Als hier das Lager aufgeschlagen war, kamen auch sogleich die Kundschafter, welche alles bei den Chananäern erforscht hatten. Da sie nämlich anfangs dort nicht erkannt wurden, konnten sie ohne Furcht deren ganze Stadt durchspähen und in Erfahrung bringen, wo die Mauern am stärksten und wo sie schwächer waren, auch welche Tore wohl am ehesten dem Heere einzudringen gestatten würden. Diejenigen aber, die ihnen zufällig begegneten, achteten nicht darauf, dass sie alles so genau betrachteten, in der Meinung, sie wollten nur nach