Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1). Perry Rhodan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Perry Rhodan
Издательство: Bookwire
Серия: Perry Rhodan-Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783845333458
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sehen; und die wachsame Tholia, eine dürre, feingliedrige, gut zwei Meter große Frau mit silbernem Haar und blauen, grünen und schwarzen Flecken auf der weißen Haut.

      Amma Vargas bemerkte Rhodans Blick. »Tholia ist eine Affosa von Ensch. Sie hat einen Partner, einen Symbionten, der sie befähigt, Wahrheit von Lüge zu unterscheiden.« Den letzten Worten gab sie einen mahnenden Klang.

      Eine Mutantin?, dachte Rhodan und fragte sich, ob Tholia Affatengas Lüge erkannt hatte. Seine SCHOTE konnte es nicht mit den technischen Möglichkeiten eines Beiboots der BJO BREISKOLL aufnehmen, aber sie war ein durchaus leistungsfähiges Kleinstraumschiff, dazu imstande, ihnen gute Dienste zu leisten, sollten sie in Schwierigkeiten geraten. Mit ihr konnten sie Kontakt zur LAURIN-Jet aufnehmen, die der NEY ELIAS heimlich folgte.

      Wie weit gingen Tholias Fähigkeiten? Musste sie sich auf eine sprechende Person konzentrieren, um zu bemerken, ob sie log? Oft reichten Erfahrung und Gespür dafür aus, Wahrheit von Lüge zu trennen, aber die Worte der Kommandantin deuteten darauf hin, dass die Gabe der blassen, großen Frau darüber hinausging. Rhodan beschloss, auf der Hut zu sein.

      Der aufgeregte Felix Ghiss konnte sich nicht länger zurückhalten. »Woher kommt ihr?«, platzte es aus ihm heraus. »Wo ist die RAS TSCHUBAI? Was hat es mit eurem Zeitsprung auf sich? Bist du wirklich Perry Rhodan? Ich meine, wirklich?«

      »Ja«, antwortete Rhodan und sah Tholia an. Es war die Wahrheit, hier drohte keine Gefahr.

      Die Affosa behielt ihn im Auge. »Er ist es«, sagte sie, und erneut klang es nach leisem, melodischem Gesang. »Er ist wirklich Perry Rhodan.«

      Zafer Young, der kleine Ertruser, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »Es könnte ein Trick sein, ein besonders geschickter Trick. Man nehme jemanden mit Charisma, einen guten Rhetoriker, der um die Wirkung von Worten weiß ...«

      Amma Vargas unterbrach ihn. »Ich habe es gefühlt. Wir alle haben es gefühlt. Die vielen Jahre, dein langes Leben, deine Unsterblichkeit.«

      »Erzähl uns von dir!« Felix Ghiss sprach schnell. »Von deinen Erlebnissen! Von der Zeit vor dem Posizid und der Datensintflut! Erzähl uns von der Erde!«

      Der junge Felix steckte voller Enthusiasmus, das sah man ihm an, aber seine letzten Worte brachten mehr zum Ausdruck, vielleicht so etwas wie eine tiefe Sehnsucht.

      »Der sagenumwobene Ursprungsplanet aller Menschen«, sagte Amma Vargas nach einigen Sekunden erwartungsvoller Stille. »Die Erde. Terra.«

      »Eine Erfindung«, brummte Zafer, der noch immer mit verschränkten Armen dasaß, die buschigen Brauen zusammengezogen. »Terra hat nie existiert. Die Menschen des Ursprungs haben diese Welt erfunden, weil sie immer wieder angegriffen wurden. Sie erzählten von Terra, um ihre Feinde abzulenken, unter ihnen die mächtigen Uleb aus der Zeit des Grauens.«

      »So lautet eine Theorie«, kommentierte Amma Vargas mit einem nachsichtigen Seitenblick auf Zafer.

      »Eine, die viele Anhänger hat«, unterstrich der Kolonialertruser.

      Amma nickte. »Nach einer anderen Theorie mit kaum weniger Anhängern ist die wahre Heimatwelt der Terraner vor langer, langer Zeit von einem sogenannten Schwarm entführt worden. Nach der Einschätzung von Soziologen und Galaktopsychologen dient der Terra-Mythos vor allem dem Zusammenhalt der Menschheit. Wir Terraner sind ohne Wurzeln. Es gibt kein Zentrum unserer Kultur, keine Heimatwelt, auf die man sich zurückbesinnen kann. Wir sind wie ... welkes Laub im Wind.«

      Da war es wieder, das Wort Mythos. Rhodan hatte es schon mehrmals gehört.

      »Und jetzt sitzt du vor uns, eine Wirklichkeit gewordene Legende!«, entfuhr es Felix Ghiss. »Du kannst uns sagen, was wirklich geschehen ist! Du kannst uns sagen, wo sich die Erde befindet! Terra, die wahre Wiege der Menschheit!«

      »Die wahre Wiege der Menschheit?«, wiederholte Zafer. »Die Shenpadri könnten sie gefunden haben, auf Tellus. Deshalb sind wir unterwegs. In einer Stunde wissen wir mehr. Es sei denn, Perry Rhodan verrät uns schon jetzt, was uns auf Tellus erwartet.«

      »Wenn ich das wüsste, wäre ich nicht bei euch an Bord.« Rhodan spürte Tholias Blick. Sie war wie eine feinjustierte Waage, die jedes Wort wog, jede Silbe, jeden Ton. »Aber ich weiß eines: Tellus ist nicht die Ursprungswelt der Menschheit.«

      Er wartete Tholias bestätigendes Nicken für Amma Vargas ab und fügte hinzu: »Wie konnte Terra in so wenigen Jahrhunderten zu einem Mythos werden? Wie können Menschen heute geteilter Meinung darüber sein, ob die Erde existiert oder jemals existiert hat?«

      »Alle Daten gingen verloren«, sagte Zafer Young. »Vieles geriet in Vergessenheit.«

      Rhodan wechselte einen kurzen Blick mit Donn Yaradua und Tenga, der sein Glas abgestellt hatte und mit leeren Händen dasaß, ohne die Pralinenschachtel, mit der er sich so oft zeigte.

      »Wir haben einen Zeitsprung über fünfhundert Jahre hinter uns«, erwiderte er. »Die Milchstraße hat sich verändert, wir erkennen sie kaum wieder. Auf der Suche nach Antworten haben wir mehrmals vom Posizid und der Datensintflut gehört. Inzwischen liegen uns zahlreiche Berichte darüber vor, aber sie widersprechen sich. Das Bild, das sie ergeben, bleibt vage und lückenhaft. Was genau ist geschehen?«

      Die ruhige, bedächtige und offenbar sehr kluge Amma Vargas wartete ein weiteres Nicken der grazilen Frau mit der fleckigen weißen Haut ab, bevor sie antwortete: »Auch in diesem Zusammenhang gibt es verschiedene Theorien ...«

      »Ja«, warf Zafer ein. »So heißt es zum Beispiel, dass die Terraner dahinterstecken.« Er senkte die Arme, beugte sich vor und sah Rhodan an, als hätte er in ihm einen Hauptverdächtigen ausgemacht. »Um die Wahrheit zu verschleiern. Um Terra noch besser zu verstecken.«

      »Klingt für mich nach einer gehörigen Portion Paranoia«, meinte Tenga. »Die heimatlosen Terraner sollen an ihrer Heimatlosigkeit selbst schuld sein? Weil sie Angriffe fürchten, eine dunkle Gefahr aus dem finsteren Nichts?«

      Rhodan bemerkte, dass Tholia ihren Blick auf den Siganesen richtete, der mit gestreckten Beinen in seinem kleinen Sessel saß, die Hände auf dem Bauch gefaltet. Bevor sie sich ganz auf ihn konzentrieren konnte, sagte er: »Terra ist oft bedroht worden und geriet mehr als einmal an den Rand des Untergangs.«

      Felix Ghiss strahlte wieder. »Erzähl uns mehr davon!«

      »Die Aarus-Affäre«, sagte Amma. »Sie ist die offizielle Erklärung, und die Cairaner haben den Beweis dafür erbracht. Die Aarus sind für den Posizid verantwortlich.«

      Rhodan wusste sofort, wen die Kommandantin der NEY ELIAS meinte. Die Aarus waren ein Volk aus der Galaxis Tradom, das sich in der Milchstraße angesiedelt hatte. Diese aquatische Zivilisation genoss den Ruf, in jeder Generation zahlreiche hervorragende Techniker hervorzubringen.

      »Sie setzten eine Art Virus in den interstellaren Datennetzen der Milchstraße frei«, fuhr Amma Vargas fort. »Etwas, das sich rasend schnell durch die Hyperfunkkanäle ausbreitete, alle Positroniken befiel und ihre Daten löschte oder veränderte. Die galaktischen Völker verloren einen großen Teil ihres historischen, kulturellen und technologischen Wissens.

      Der ersten Katastrophe folgte eine zweite: die Datensintflut, wie eine gewaltige, kolossale Flutwelle, die durch die Milchstraße schwappte und jeden Datenspeicher füllte, die kleinen wie die großen, von mobilen Speichermodulen über Bordpositroniken von Raumschiffen bis hin zu den großen galaktischen Archiven.

      Die Flut bestand aus falschen Daten. Technische Baupläne, wissenschaftliche Studien, astronomische Kataloge, hyperphysikalische Theorien, historische Übersichten, archäologische Verzeichnisse – alles wurde mit widersprüchlichen Informationen überflutet.«

      »Und die Aarus sind schuld daran?«

      »So haben es die Cairaner bewiesen«, bestätigte Amma.

      Rhodan erinnerte sich an das Gespräch, das er an Bord der BJO BREISKOLL mit Farye geführt hatte. Wir sind tatsächlich die Hüter der Vergangenheit, die Bewahrer unserer Geschichte.

      »Nichts entkam Posizid und Datensintflut«,