Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1). Perry Rhodan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Perry Rhodan
Издательство: Bookwire
Серия: Perry Rhodan-Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783845333458
Скачать книгу
um die Erde zu einem Mythos zu machen. Fünfhundert Jahre sind nichts für eine Galaxis und wenig für die Geschichte ihrer Völker. Jemand wollte, dass Terra vergessen wird.«

      »Wer? Die Cairaner?«

      »Vielleicht«, sagte Rhodan.

      »Hast du darüber nachgedacht?«, fragte Farye.

      Rhodan hob kurz die rechte Hand und legte sie dann wieder auf die Armlehne des Sessels. »Manchmal muss man innehalten und versuchen, etwas Abstand zu gewinnen. Wer sich von den Ereignissen treiben lässt, verliert den Überblick, und das können wir uns nicht leisten. Die Vergangenheit der terranischen Zivilisation steht auf dem Spiel, und damit auch ihre Zukunft.«

      Farye verstand. »Du meinst den Posizid und die Datensintflut, nicht wahr?«

      Er nickte kurz, den Blick noch immer auf die Milchstraße gerichtet. »Etwas hat die Datenbestände von Positroniken gelöscht, und zwar überall in der Galaxis, soweit wir wissen. Anschließend kam es zu einem Phänomen, das ›Datensintflut‹ genannt wird: Speicherbanken wurden mit abstrakten und absurden Daten gefüllt, die sich teilweise widersprechen. Dort draußen ...« Rhodan deutete auf die Milchstraße. »... fällt es schwer, Richtig von Falsch zu unterscheiden, historische Fakten von Lügen zu trennen.«

      »Dort draußen«, wiederholte Farye leise. »Und hier drinnen?«

      Rhodan nickte erneut. »Das ist der Punkt. Die BJO BREISKOLL und unser Mutterschiff, die RAS TSCHUBAI, sind von Posizid und Datensintflut nicht betroffen. Unsere Zentralrechner, OXFORD an Bord dieses Schiffes und ANANSI in der RAS TSCHUBAI, verfügen über korrekte Daten. Das bedeutet: Wir sind die Hüter unserer Geschichte, die Bewahrer der Wahrheit. Unsere Datenbestände geben den echten, tatsächlichen Hintergrund der Menschheit wieder. Sie definieren die terranische Identität und legen Zeugnis davon ab, was Terra und die Menschheit für die Galaxis geleistet haben.«

      Kurze Stille folgte diesen Worten.

      »Jemand versucht, all das auszulöschen«, fügte Rhodan hinzu. »Wer und warum?«

      »Wenn du diese Frage an mich richtest: Ich weiß es nicht und kann nur spekulieren. Vielleicht stecken die Cairaner dahinter. Aber wir sollten uns hüten, voreilige Schlüsse zu ziehen.«

      »Da bin ich ganz deiner Meinung.« Rhodan räusperte sich. »Es gibt da noch etwas ...«

      »Du fragst dich, wem oder was wir trauen können.«

      Perry Rhodan richtete einen erstaunten Blick auf seine Enkelin.

      Sie lächelte kurz. »Nicht nur du hast nachgedacht. Es geht um Zemina Paath und darum, was vor unserem Erwachen aus der Suspension an Bord der RAS TSCHUBAI geschehen ist. Zemina scheint unser Vertrauen – insbesondere deines – zu verdienen. Ich fühle nichts Falsches bei ihr. Nenn es ... weibliche Intuition.«

      »Der Schein kann trügen.« Rhodan sprach behutsam und lauschte dem Klang der eigenen Worte. »Sie war bereits an Bord der RAS TSCHUBAI, als ich erwachte. Es war ihr gelungen, alle Sicherheitsbarrieren zu durchdringen. Ihr stehen Möglichkeiten zur Verfügung, die sich unserer Kenntnis entziehen. Wir wissen nicht, wie lange sie sich schon an Bord befand und was sie getan hat. Unsere Erinnerungen und die Datenbestände von OXFORD und ANANSI könnten falsch sein. Manipuliert. Verändert.«

      »In einem unendlichen Universum gibt es unendlich viele Möglichkeiten«, sagte Farye. »Die meisten von ihnen sind allerdings sehr unwahrscheinlich.« Ein neues Lächeln erschien auf ihren Lippen, aber nur kurz. »Lieber Herr Ex-Großadministrator und was du alles in deinem langen Leben gewesen bist: Man kann sich auch zu viele Dinge in den Kopf setzen, was mein unsterblicher Großvater eigentlich mindestens ebenso gut wissen sollte wie ich. Nachdenken kann zu Grübeln werden, und wenn das Grübeln zu lange dauert, legt man sich damit Fesseln an. Du hast es eben selbst gesagt: Es kommt darauf an, den Überblick zu wahren.«

      Sie beugte sich im Sessel vor. »Um deine Frage zu beantworten, warum ich hierhergekommen bin ...« Sie zögerte.

      Rhodan seufzte. »Warum bist du hier, Farye?«

      »Weil wir einen Hyperfunkspruch aufgefangen haben. Den wir ohne unseren Kontakt mit Cyprian Okri und Kondayk-A1 nicht aufgefangen hätten. Von ihnen haben wir den Zugangscode zum Hyperfunkverkehr einer offenbar recht kleinen terranischen Explorerflotte mit Basis im Ephelegonsystem.«

      Sofort dachte Rhodan an Reginald Bull, von dem es hieß, dass er als Resident im Ephelegonsystem weilte. In vier Wochen musste die BJO BREISKOLL wieder im Agnisystem sein, weil die NDE-Agenten Cyprian Okri und Kondayk-A1 dann mit der Nachricht zurückkehrten, ob Reginald Bull bereit war, jenen Mann zu empfangen, der von sich behauptete, der legendäre Perry Rhodan zu sein. Von seinem alten Freund erhoffte sich Rhodan Auskunft darüber, was während der vergangenen fünfhundert Jahre wirklich geschehen und wie die Situation in der Milchstraße beschaffen war.

      »Wir sind zum Wegasystem unterwegs, um von dort aus gewissermaßen einen Blick auf die Erde zu werfen.« Faryes Stimme bekam einen Klang, der Rhodan nicht gefiel. »Aber vielleicht sind wir in die falsche Richtung geflogen. In dem Funkspruch wird die Heimat der Terraner erwähnt, die Wiege der Menschheit, und offenbar befindet sie sich an einem ganz anderen Ort.« Sie nannte die Einzelheiten des aufgefangenen Hyperfunkspruchs.

      Rhodan stand auf. Das Grübeln hatte ein Ende.

      »Zur Zentrale. Alle sollen Bescheid wissen.«

      *

      In der Zentrale der BJO BREISKOLL waren alle Stationen besetzt. Männer und Frauen saßen an den Konsolen, manche von ihnen jung, andere in mittleren Jahren oder älter, sie alle mit einem eigenen, sterblichen Leben, mit eigenen Wünschen, Träumen und Hoffnungen. Der Zeitsprung der RAS TSCHUBAI um fünfhundert Jahre in die Zukunft hatte ihnen die Wurzeln genommen, ihre vertraute Heimat, ihre Familien und Freunde. Das geteilte Schicksal brachte sie einander aber näher und machte sie zu einer verschworenen Gemeinschaft.

      Der ruhige Muntu Ninasoma saß im Kommandosessel und wollte aufstehen, als sich Perry Rhodan und Farye näherten, aber Rhodan bedeutete ihm mit einer knappen Geste, sitzen zu bleiben.

      »Wir haben eine Nachricht empfangen, die ihr alle hören sollt«, sagte er laut. »Wenn ich bitten darf ...«

      Farye nickte der jungen Frau an der Hyperfunkstation zu, deren Hände durch die holografischen Kontrollen strichen.

      »Genau gesagt sind es zwei Nachrichten«, verkündete sie. »Dies ist die erste.«

      Eine fremdartige Stimme ertönte.

      »Ehre und Ruhm für Shoniun, Magnatin unserer Archäo-Kampagne, die klein und unbedeutend begann, aber schon jetzt groß und wichtig geworden ist! Und sie wird noch größer und wichtiger, weil wir eine epochale Entdeckung gemacht haben. Nach langer, langer Suche ist es den Shenpadri gelungen, die Heimatwelt der Terraner zu finden. Die Wiege der Menschheit – wir haben sie entdeckt, in Schnee und Eis, von der Zeit vergessen. In einem Sonnensystem, das ihr ›Rheiasystem‹ nennt. Dies verkündet euch Ruinenhüter Shanlud, in respektvollen Diensten von Archäo-Magnatin Shoniun, Ruhm und Ehre für sie!«

      Mehrere Sekunden lang war nur das Flüstern der Bordsysteme zu hören.

      »Was ist eine Archäo-Magnatin?«, fragte Winston Duke, Hyperphysiker, Ingenieur und Ortungspezialist.

      »Davon höre ich ebenfalls zum ersten Mal«, fügte der Xenotechnik-Analyst Osmund Solemani hinzu. Auf seinem Knie saß eine humanoide Gestalt, nur gut zwanzig Zentimeter groß: der Siganese Sholotow Affatenga, von seinen Freunden »Tenga« genannt. »Es klingt nach einer hochrangigen Repräsentantin der Shenpadri.«

      Auf der anderen Seite der Zentrale bemerkte Rhodan die geheimnisvolle Zemina Paath, halb hinter einem Datenholo verborgen: groß und grazil, ihre schimmernde Kleidung so eng anliegend wie eine zweite Haut, von blauen Bahnen und Linien durchzogen.

      Man hätte sie für eine menschliche Frau halten können, doch Rhodan wusste, dass sie ein ganz und gar fremdartiges Geschöpf war, von unbekannter Herkunft und mit Absichten, die Spekulationen überlassen blieben. Die Vernunft verlangte, sie als