Grundlagen des NPL-Geschäftes. Группа авторов. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

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Издательство: Bookwire
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Жанр произведения: Зарубежная деловая литература
Год издания: 0
isbn: 9783956471537
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mit Blick auf die zurückliegenden zwölf Monate feststellen. Wegen der erwarteten verzögerten Entwicklung der Kreditausfälle durch die Stützungsmaßnahmen scheint dies in Kombination mit dem extremen Ausschlag für die Erwartungshaltung auf +0,63 jedoch plausibel.

       Die Preise für NPLs sind von 2015 bis 2019 gestiegen (negativer Wert entspricht Anstieg). Mit Blick auf die Erwartungshaltung erwartete auch hier nur noch eine knappe Mehrheit der Befragten weiter steigende Preise. In der Zwölf-Monats-Rückschau im Juni 2020 hielten sich steigende und fallende Preisbeobachtungen die Waage – ungeachtet der Tatsache, dass der deutsche Markt weiterhin ein Verkäufermarkt ist, mit einer Angebotsknappheit bei zugleich hohen Kapitalständen auf Investorenseite und geringen Alternativmöglichkeiten für Investments. Die Corona-Pandemie führte bei den Erwartungen für die Preisentwicklung mit Blick auf die kommenden zwölf Monate nun ebenfalls zu einem Trendwechsel – der Wert stieg auf +0,43.

       Der Anteil der ausgelagerten oder verkauften NPLs ist seit 2015 ebenfalls kontinuierlich zurückgegangen (negativer Wert entspricht Rückgang). Auch hier ist interessant, dass die Teilnehmer der Studie grundsätzlich einen geringeren Rückgang erwarteten, als sie dann tatsächlich beobachtet haben. Der Erwartungswert für die kommenden zwölf Monate stieg im Jahr 2020 auf +0,47 und steht damit in Kontrast zum Lage-Wert von -0,18.

       Die meisten Bankvertreter sehen den Druck der Regulierungsbehörden auf das Eigenkapital sehr kritisch (positiver Wert entspricht negativer Entwicklung der Regulierung). Diese Einschätzung hat sich bis 2019 kaum geändert und auch die Erwartung für die Zukunft sah hier keine wesentliche Verbesserung. Diese Entwicklung ist für Bankvertreter ein Argument, sich von notleidenden Engagements, die das Eigenkapital belasten, zu trennen. Interessanterweise sank der Wert mit Ausbruch der Corona-Pandemie nun allerdings leicht ab, was möglicherweise das Bestreben der Aufsichtsbehörden widerspiegelt, den Kreditinstituten während der Krise keine zusätzlichen Bürden aufzuerlegen.

       Bei den Immobilienpreisen wurden bis 2019 durchweg steigende Preise beobachtet und auch erwartet (negativer Wert entspricht einem Anstieg der Preise), was sich auf den Transaktionsmarkt für besicherte NPLs eher negativ ausgewirkt dürfte (im Sinne sinkender Volumina oder aber auch hoher Kaufpreise). Die Erwartungen für die Immobilienpreisentwicklung haben sich nach Ausbruch der Pandemie nun jedoch umgekehrt – eine Mehrheit der Befragten erwartete für die kommenden zwölf Monate nun sinkende Immobilienpreise und damit möglicherweise eine Belebung des NPL-Transaktionsmarktes.[78] Allerdings ist hierbei eine Differenzierung nach Branchen vorzunehmen, d.h. spezielle Immobilien mit z.B. Büro- oder Einzelhandelsflächen sowie Hotels werden von der Corona-Pandemie stärker betroffen sein als Immobilien mit anderen Nutzungen.[79]

      Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bis 2019 die Erwartungen für die Zukunft durchweg besser waren als die Einschätzungen zur aktuellen Lage. Im Jahr 2020 wurde dies erheblich durch den Ausbruch der Corona-Pandemie verstärkt. Aus Sicht der befragten Bankvertreter ist es nunmehr sehr realistisch, dass sich der NPL-Markt für Investoren in den kommenden zwölf Monaten nach der Umfrage beleben wird.

      Abbildung 3: Für die Jahre 2020 und 2021 erwartetes NPL-Volumen in den deutschen Kreditinstituten (Mittelwert aller Antworten)

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      Zusätzlich zu den Salden wurde im Jahr 2020 auch noch nach den Erwartungen für die absoluten NPL-Bestände und die NPL-Quoten in den einzelnen Assetklassen gefragt. Die Risikomanager in den Banken gehen demnach bis Ende 2021 nahezu von einer Verdopplung der NPL-Bestände von 33 auf 59 Mrd. EUR aus. Die BKS selbst rechnet auf dieser Grundlage mit einem Anstieg auf 100 Mrd. EUR bis Ende 2022 (Abbildung 3). Auch die NPL-Quoten könnten – je nach Betroffenheit der Assetklassen – stark steigen, wobei diese wegen eines gleichzeitigen Ansteigens der Kreditmenge durch die Krisenprogramme zunächst auch verwässert werden könnten.

      Der Markt für den Verkauf von Non-performing Loans hat sich in Deutschland fest etabliert. Diese Aussage gilt zwar für den gesamten Markt, erfordert jedoch eine differenzierte und genauere Betrachtung:

       Transaktionen besicherter Kredite finden nach wie vor statt, z.T. jedoch im Sekundärmarkt. Hierbei stoßen vorherige Käufer die verbliebenen Bestände der einstmals erworbenen Kredite wieder ab. Im Primärmarkt betrachten die verkaufenden Banken das Thema NPL-Verkauf heute differenziert bis opportunistisch und wägen ihre Workout-Alternativen intensiv ab. Der Kreditverkauf ist eine zusätzliche Option – neben Outsourcing und eigener Bearbeitung – der Kreditabwicklung.[80] Auf der Käuferseite sind nach wie vor finanzstarke Investoren aktiv, auch wenn hier eine Konsolidierung zu beobachten ist. Die beiden Abwicklungsanstalten (Erste Abwicklungsanstalt und FMS Wertmanagement) haben bisher nur in überschaubarem Maße zu einer Belebung des Transaktionsmarktes für „klassische“ NPLs beigetragen.[81] Diese Bad Banks halten zwar nach wie vor Milliardenvolumina in ihren Büchern, jedoch ist der Bestand stark diversifiziert[82] und Verkäufe erfolgen opportunistisch und ohne Zeitdruck. Die Abwicklungsanstalten haben langfristige Abwicklungspläne und sind keinen kurzfristigen bilanzpolitischen oder liquiditätsbezogenen Notwendigkeiten unterworfen.

       Im Bereich der unbesicherten Kredite ist dagegen eine deutlich regelmäßigere Transaktionstätigkeit zu beobachten. Die gehandelten Volumina und gezahlten Kaufpreise (nicht jedoch die Anzahl gehandelter Kredite) sind dabei zumeist niedriger als im besicherten Bereich. Kreditverkäufe finden hier an der Schnittstelle zum Forderungsinkasso statt, wobei viele verkaufende Institute beide Alternativen parallel zueinander laufen lassen. Für die Optionen „In-house-Servicing“, „Outsourcing“ und „Verkauf“ wird dabei hinsichtlich ihrer Performance ein Benchmarking durchgeführt, um die bestmögliche und ertragsmaximierende Strategie herauszufiltern.[83]

      Die guten makroökonomischen Rahmenbedingungen in Deutschland haben in den letzten Jahren zu einem eher verlässlichen, weniger volatilen und weniger opportunistischen NPL-Markt geführt. Die im 1. Quartal 2020 auftretende Corona-Pandemie schickt sich jedoch an, den gesamten NPL-Markt kräftig durcheinander zu wirbeln. Auf Verkäuferseite wird das Thema „NPL-Management“ vermehrt in den Fokus rücken und sehr wahrscheinlich auch zu einer stärkeren Transaktionstätigkeit führen. Auf Käuferseite werden sich hierdurch weitere Investitionsmöglichkeiten ergeben. Der Markt dürfte nach einer eher ruhigen zweiten Hälfte des abgelaufenen Jahrzehnts deutlich an Dynamik gewinnen. Im Unterschied zur Finanzkrise 2008 gehen die negativen Impulse dieses Mal von der Realwirtschaft aus. Es kann daher nun auch Banken treffen, die bisher noch keine weitreichenden Erfahrungen mit NPLs gemacht haben.

      Afhüppe, Sven/Kröner, Andreas/Osman, Yasmin (2020): Sorge um die Banken, in: Handelsblatt, 03.12.2020, Nr. 235, S. 1.

      Ahrens, Martin (2019): Wie lange werden drei Jahre dauern? Überlegungen zur Umsetzung der Entschuldungsfrist, in: Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht (NZI), Beilage 2019, S. 39-41.

      Andrae, Silvio/Blasig, Bastian/Nell, Sascha/Recker, Simon/Wulfert, Ingmar (2018): Deutsche Kreditwirtschaft: Anmerkungen zum EU-Aktionsplan für den NPL-Abbau in Europa, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen (ZfKW), 17/2018, S. 872-873.

      Anger, Heike (2020): Mehr Firmen sanieren, weniger abwickeln, in: Handelsblatt, 22.09.2020, Nr. 183, S. 6.

      Atzler, Elisabeth/Mallien, Jan (2020): Sorge um die Stabilität der Banken, in: Handelsblatt, 14.10.2020, Nr. 199, S. 30.

      Bachmeier, Christina/Sonder, Jürgen/Köchling, Marcel