Vermisstensuche. Michael Benedum. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Benedum
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Математика
Год издания: 0
isbn: 9783170354319
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zum Garten, zu Gartenhäusern und Garagen etc. verschaffen. Liegen Anzeichen vor, dass sich die gesuchte Person innerhalb der Wohnung einer Drittperson befindet, könnte ein Verbrechen vorliegen (bspw. Entführung). In diesem Fall sollte die Wohnung nicht einfach geöffnet und betreten werden, da ein Verbrechen ganz klar unter den Zuständigkeitsbereich der Polizei fällt und daher die Maßnahmen von ihr durchgeführt werden müssen. Da die Polizei für diese Einsätze ausgestattet und geschult ist, wird durch die korrekte Anforderung der Polizei auch eine Eigengefährdung der Feuerwehreinsatzkräfte (bspw. durch einen bewaffneten Entführer) verhindert.

      [31]3.6 Hinzuziehen von Eigentum

Info Art. 14 Gewährleistung des Eigentums – Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

      Es kann bei einem Vermisstensucheinsatz unter Umständen vorkommen, dass der Einsatzleiter geeignetes Eigentum von privaten Personen heranzieht. Dafür ermächtigen ihn die Brandschutzgesetze der einzelnen Länder (z. B. § 5 BremHilfeG, § 46, § 49 Abs. 2 HBKG, § 23 Abs. 3, § 24 MVBSchG, § 24 Abs. 1 ndsBSchG etc.).

Info Info: § 27 Abs. 3 LBKG RLP (3) Auf Anordnung des Einsatzleiters […] sind dringend benötigte Fahrzeuge, Geräte, Materialien, Betriebsstoffe, elektrische Energie, bauliche Anlagen oder Einrichtungen sowie sonstige Sach-, Dienst- und Werkleistungen von jedermann zur Verfügung zu stellen.

      So kann der Einsatzleiter beispielsweise ein Quad einer Privatperson heranziehen, um mit diesem schmalen und geländegängigen Fahrzeug eine schnellstmögliche und effektive Fahrzeugbezogene Wegsuche bei einem schwer zugänglichen Weg durchführen, falls dies durch die vorhandenen Feuerwehrfahrzeuge unmöglich ist. Durch den Einsatz entstandene Schäden an dem Einsatzmittel oder deren Nutzungsausfall, muss von der Gemeinde, auf Verlangen, ersetzt werden.

      3.7 Festhalten von vermissten Personen

      Über die Problematik, innerhalb eines Einsatzes eine bestimmte Person gegen ihren Willen festzuhalten, wurde ausführlich in Fischer (2017, S. 108 ff.) eingegangen:

      »Wegen der unzähligen unterschiedlichen und nicht vorhersehbaren Gefahren für die öffentliche Sicherheit gibt es im Bereich der polizeilichen Gefahrenabwehr die so [32]genannte »polizeiliche Generalklausel«. Danach ist die Polizei befugt, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um eine im einzelnen Fall drohende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, soweit ihre Befugnisse nicht durch das jeweilige Polizeigesetz speziell geregelt wird. […] Da jeder Eingriff in Rechte der Bürger einer gesetzlichen Ermächtigung bedarf (Vorbehalt des Gesetzes), wird der Polizei durch die Generalklausel eine auf die jeweilige Situation angepasste Reaktion ermöglicht. Für die Feuerwehr gibt es eine vergleichbare Generalermächtigung leider in den meisten Bundesländern nicht. Angesichts des Zuständigkeitsbereichs der Feuerwehren wird zwar der überwiegende Teil der Fälle durch die speziellen Ermächtigungen der Feuerwehren, wie das Betreten von Grundstücken und Wohnungen oder die Heranziehung von Personen und Hilfsmitteln, regeln. […] Die Ermächtigungen kommen einer Generalklausel bereits nah, sind aber noch zu speziell auf Störungen gerichtet, die den Einsatz behindern und laufen meist auf den Platzverweis hinaus.

      Zur Gefahrenabwehr werden jedoch auch immer wieder Maßnahmen erforderlich, die nicht unter dieser Vorschrift fallen. Dies kann bei strenger Anwendung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes zu nicht unerheblichen Rechtsproblemen führen, insbesondere in Fällen, in denen die Feuerwehr unmittelbar Maßnahmen gegen Personen ergreifen muss.

      Beispiele:

      1  Bei der Abwehr eines Suizidversuchs (Sprung von der Brücke) wird der Betroffene vom Angriffstrupp unter Anwendung nicht unerheblicher körperlicher Gewalt gerettet.

      2  Bei einem schweren Verkehrsunfall steht eine Person derart unter Schock, dass sie sich von der Unfallstelle entfernen will, obwohl bei ihr schwere Verletzungen nicht auszuschließen sind. Als Einsatzkräfte der Feuerwehr sie bis zum Eintreffen des RTW festhalten wollen, schlägt sie heftig um sich.

      Dass diese Maßnahmen dennoch nicht rechtswidrig sind (sein dürfen), liegt auf der Hand. Sollte es später zu einem Rechtsstreit kommen, ist die Begründung der Rechtmäßigkeit der ergriffenen Maßnahmen nicht einfach. […]«

      Beispiele, in denen die Feuerwehr unmittelbar eingreifen muss, obwohl dies mitunter die Rechte des betroffenen Bürgers einschränkt könnten im Zusammenhang mit Vermisstenfällen folgende sein:

       Eine vermisste demente Person wird orientierungslos aufgefunden. Die Unterkühlung unter der sie sich befindet, wird von dem Vermissten [33]scheinbar gar nicht wahrgenommen. Auf die Einsatzkräfte, die die Person bis zum Eintreffen des RTW versorgen wollen, reagiert der Vermisste aggressiv und möchte weglaufen. Sie wird dennoch gegen ihren Willen bis zum Eintreffen des RTW festgehalten.

       Eine vermisste Person wird vor einem Bahnübergang gefunden. Ein bereits zuvor aufgefundener Abschiedsbrief deutet auf eine suizidale Absicht hin. Die Einsatzkräfte überwältigen die Person trotz Gegenwehr und unter Einsatz von Gewalt.

      Dass die Feuerwehr in diesen beiden Fällen handeln muss ist offensichtlich. In Folge eines Eingriffs in die Bürgerrechte einer Person kann es jedoch zu einem Rechtsstreit kommen und die nachträgliche Begründung der Rechtmäßigkeit schwerfallen.

      [34]4 Einheiten im Flächensucheinsatz

      Die Feuerwehr-Dienstvorschrift (FwDV) 3 »Einheiten im Lösch- und Hilfeleistungseinsatz« regelt den Aufbau und die Aufgaben der taktischen Einheiten der Feuerwehr. Damit auch mitwirkende Einsatzkräfte aus den Hilfsorganisationen oder andere an der Vermisstensuche interessierte Personen die Struktur der Feuerwehr in den nachfolgenden Kapiteln und Erläuterungen besser verstehen, werden die wichtigsten grundlegenden Themen der FwDV 3 auf das Minimum reduziert, erklärt und aufgezeigt. Neben den Feuerwehr-Dienstvorschriften sind insbesondere die Unfallverhütungsvorschriften mit ihren Durchführungsanweisungen und andere Regelungen zu beachten.

      Der Vermisstensucheinsatz der Feuerwehr umfasst alle Maßnahmen, die zu einer erfolgreichen Abwehr von gesundheits- oder lebensbedrohlichen (vermutlich hilflosen) Lagen einer vermissten Person beitragen. Es schließt insbesondere das Retten durch Such- und gegebenenfalls Befreiungsmaßnahmen (u. U aus einer Zwangslage) als Ziel mit ein.

      »Retten ist das Abwenden einer Gefahr für Menschen oder Tieren durch lebensrettende Sofortmaßnahmen, die sich auf Erhaltung oder Wiederherstellung von Atmung, Kreislauf und Herztätigkeit richten.«

      (FwDV 3, Hervorhebung durch Verfasser)

      »Suchen ist das Auffinden/Aufspüren von Personen in lebens- oder gesundheitsgefährdeten Zwangslagen mittels Rettungshunde und Ortungstechnik zwecks Einleitung einer technischen Hilfeleistung zum Retten und Befreien.

      […]

      Befreien im Such- und Rettungseinsatz ist eine erschwerte Form der »Technischen Hilfeleistung« oder »Allgemeinen Hilfe«, zu der auch das Aufspüren von Personen aus einer lebens- oder gesundheitsgefährdeten