Immer mehr junge Menschen zwischen zwanzig und dreißig wenden sich einem spirituellen Weg zu. Ich muss dazu sagen, dass es inzwischen zahlreiche einschlägige Bücher und eine Vielzahl von Workshops zur persönlichen Entwicklung gibt, die überall auf der Welt abgehalten werden. Als ich jung war, gab es dagegen nur das Konzept des Positiven Denkens.
Seit meiner frühen Kindheit habe ich viele Erfahrungen gemacht, aber erst als ich meine Arbeit der Innenschau begann und beobachtete, was in mir vorging, habe ich ihre Bedeutung verstanden. Ich blickte auf unangenehme Situationen aus der Vergangenheit zurück und erkannte, dass ich mehrere davon nicht wiederholen wollte. Dadurch fand ich heraus, was ich nicht mehr wollte, und konnte mich so auf das ausrichten, was ich wollte.
Bis ich vierzig Jahre alt war, lebte ich in einem Zustand, den ich als Unbewusstheit bezeichne. Ich heiratete und ließ mich scheiden, bekam drei Kinder, hatte eine kurze Karriere als Rechtsanwaltssekretärin und eine lange im Verkauf. Ich lebte ein bisschen wie ein Roboter und war gewissermaßen der Spielball der Ereignisse.
Als ich im Verkauf tätig war, entdeckte ich die Kraft des Positiven Denkens. Ich bemühte mich, es so regelmäßig wie möglich zu praktizieren. Im Laufe der Zeit merkte ich jedoch, dass es mir auf die Dauer nicht guttat, mich nur darauf zu beschränken, positiv zu sein und gute Affirmationen zu wiederholen. Es war nur eine vorübergehende Lösung meiner Probleme. An deren Ursache kam ich auf diese Weise nie heran. Dementsprechend war mir bis dahin nicht bewusst, dass sich auf Dauer nichts ändern würde, solange sich an meinem Verhalten und meiner Einstellung nichts änderte.
Meine spirituelle Vorgehensweise nahm ihren Anfang, als ich die Ursache für meinen Kummer in der Liebe und für meine familiären, finanziellen und gesundheitlichen Sorgen finden wollte. Ich entdeckte das Konzept der Verantwortung. Seitdem setze ich immer dasselbe Mittel ein, um Antworten zu finden: Ich frage mich: „Was in mir zieht eine solche Situation oder Person an, die mich in Schwierigkeiten bringt?“
Dieser Ansatz brachte mich auch zu der Entscheidung, so zu leben, dass Liebe, Verständnis und Verantwortung mein Dasein lenken. Ich war es leid, mit Schuldgefühlen und Ängsten zu leben – vor allem mit der Angst, nicht perfekt zu sein. Ich hatte angenommen, ich müsse es sein, um geliebt zu werden. Das Problem war, dass ich diese Perfektion im Tun und nicht im Sein suchte. Als ich begriff, dass wir immer so perfekt sind, wie es uns in jedem Moment möglich ist, war das für mich eine Befreiung. Dass es in unserer Macht liegt, uns zu entscheiden, ist für uns alle ein Geschenk von unschätzbarem Wert.
Ich habe einmal einen sehr interessanten Bericht über Rita Levi-Montalcini gesehen, eine berühmte italienische Neurologin, die 2012 im Alter von 103 Jahren verstorben ist. 1930 begann sie mit 21 Jahren ihr Studium an der medizinischen Hochschule und war damit ihrer Zeit voraus. 1986 erhielt sie den Nobelpreis dafür, dass sie im Jahre 1952 die für das Zellwachstum zuständigen körpereigenen Wachstumsfaktoren entdeckt hatte. Was mir an ihr auffiel, war, dass sie immer wieder sagte: „Der Körper mag tun was er will. Ich bin nicht der Körper, ich bin der Geist.“
Ihr zufolge altern unsere Gehirnzellen nicht. Sie erneuern sich. Außerdem, so sagte sie, verfügen wir alle über eine große neuronale Plastizität, und es gibt im Hinblick auf die kognitiven Funktionen keinen Unterschied zwischen einem weiblichen und einem männlichen Gehirn. Dagegen existiert ein solcher Unterschied auf der Ebene der emotionalen Funktionen. Sie hielt es für wichtig, den Geist durch Wünsche zu stimulieren und zu aktivieren, insbesondere durch Neugier, Engagement und Leidenschaft. Sehr inspiriert hat sie mich im Hinblick auf das Thema, wie weit unser Körper fähig ist, jung zu bleiben.
Hast du bemerkt, dass sich deine Wahrnehmung des Alters ständig verändert? Mit siebzehn arbeitete ich für einen Anwalt, der mir sexuelle Avancen machte. Ich sagte ihm spontan, ich könne nicht glauben, dass jemand in seinem Alter es wage, sich an ein junges Mädchen heranzumachen. Für mich war er ein älterer Mann. Doch er war erst 35 Jahre alt, verheiratet und hatte zwei kleine Kinder. Meine Reaktion überraschte ihn so sehr, dass er es danach nie wieder versuchte.
Damit möchte ich veranschaulichen, dass ich in diesem Alter einen 35-Jährigen für alt hielt. Doch je älter ich selbst wurde, desto mehr veränderte sich meine Wahrnehmung. Früher einmal dachte ich, man wäre mit fünfzig alt. Als ich vierzig wurde, kamen mir Siebzigjährige alt vor. Heutzutage glaube ich diesbezüglich gar nichts mehr. Das zeigt deutlich, wie sehr wir uns selbst auf ein bestimmtes Denken beschränken – und zwar in vielen Bereichen. Ein Hundertjähriger sagte mir einmal: Älter sein – nicht alt – das bedeutet, länger jung zu sein als andere. Er hatte verstanden, wie wichtig es ist, sich jung zu fühlen.
Dieses Buch schreibe ich im Alter von 78 Jahren. Jetzt weiß ich: Ein Grund, weshalb ich mich jung fühle und jung bleibe, besteht darin, dass ich mein ganzes Leben lang aktiv war und weiterhin aktiv bin. Zudem habe ich stets den Rat von Dr. Montalcini beherzigt, bin neugierig, leidenschaftlich und engagiert geblieben und habe unaufhörlich Neues dazugelernt. Bis heute habe ich neben meiner Arbeit für Écoute Ton Corps noch etliche andere Interessengebiete.
Seit etwa zehn Jahren fragen mich viele – sowohl Männer als auch Frauen –, die ich seit einem Jahr oder noch länger nicht mehr gesehen habe, wie ich es anstelle, immer jünger zu werden. Mich überrascht diese Bemerkung jedes Mal. Ich erwarte eher Bemerkungen wie zum Beispiel, ich sähe jünger aus, als ich bin, oder dass ich nicht altere. Auch bei meiner letzten Reise nach Russland vor einigen Monaten sagte mir eine junge Frau, die ich seit fünf Jahren nicht mehr gesehen hatte, ich hätte mich verjüngt. Da habe ich mich erstmals wirklich gefragt, warum andere diesen Eindruck hatten. Was haben sie in mir gesehen?
Ganz ehrlich, ich werde nicht jünger. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass ich langsamer altere als der Durchschnitt. Das sehe ich, wenn ich in den Spiegel schaue. Dabei ist mir jedoch auch sehr bewusst, dass mein physischer Körper von Jahr zu Jahr mehr Einschränkungen entwickelt.
Seitdem ich mit dem Gedanken spiele, dieses Buch zu schreiben, nehme ich aufmerksamer wahr, was an mir anders ist. Ich habe auch Familienangehörige, Freunde und Bekannte beobachtet, die entweder in meinem Alter oder jünger sind als ich. Nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Schluss gelangt, dass das, was die anderen sehen, mein Energiekörper ist, der immer jung und in Topform ist. In der Tat wache ich jeden Morgen voller Energie auf. Ich mache meine Gymnastik mit Spaß an der Sache und bin dann bereit, einen produktiven Tag zu beginnen. Vor langer Zeit habe ich gelernt, dass es allein in unserer Verantwortung liegt, dafür zu sorgen, dass die Energie in uns fließt, damit sie nicht abnimmt. In diesem Buch werde ich dir zeigen, wie ich es geschafft habe, mir meine Energie zu bewahren.
Es gibt viele Energiequellen um uns herum. Die unseres Körpers ist mit der Energie der Sonne vergleichbar: Sie ist stets vorhanden und beständig. Es gibt auch tellurische Energie, sie kommt aus dem Erdinneren. Die Vereinigung dieser beiden Energien bringt Leben auf die Erde. Wenn man einen Samen aussät, bewirkt die Energie der Erde in Kombination mit der Sonnenenergie, dass er keimt.
Es ist schwierig, das Leben, das durch diese beiden Arten von Energie hervorgebracht wird, mit dem Verstand zu erfassen. Man kann es jedoch leicht visuell wahrnehmen. Diese Energien sind unerlässlich für die drei Körper unserer materiellen Hülle, also für unseren physischen, unseren Emotional- und Mentalkörper. Sie sind mit ihnen durch die sieben Chakren verbunden, die ich in meinem ersten Buch1 ausführlich erläutert habe.
Das Thema Energie ist seit langem Teil unseres Lebens. Die Inder haben sich damit befasst, auch wenn sie nicht unbedingt dieselben Begriffe wie wir heutzutage verwendeten. Sie arbeiteten mit Konzepten wie den Chakren und Energiezentren im Menschen und in der Natur. Das System der Chinesen wiederum basiert auf den Meridianen (Energiekanälen) und bestimmten Energiezentren. Es ist daher nicht verwunderlich, dass das Thema Energie weiterhin das menschliche Interesse auf sich zieht. Schließlich ist Energie Leben! Außerdem ist Energie neutral, also weder gut noch schlecht. Sie ist abhängig von der Absicht des Menschen oder Gegenstandes, der sie ausstrahlt. So sind beispielsweise Fernsehen, Radio und Internet Kanäle, die unsere Energie entweder erhöhen oder verringern können – je nachdem, was sie senden. Feuer, Wind und Wasser sind ebenfalls Energien, die konstruktiv