Herr Erlings Magd. Karl Friedrich Kurz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl Friedrich Kurz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711518441
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ein wenig mit seiner Beute spielen. Als der Preis auf dreiundzwanzig gestiegen war, verkaufte er.

      Dabei verdiente er ein Vermögen. Nicht einmal der selige Herr Nikolaj hatte in seinen allerbesten Tagen ein ähnliches Geschäft gemacht. Herr Erling bezahlte seine Schulden. Herr Erling legte seinem Kontoristen das Darlehen blank auf den Tisch und brachte ihn in grosse Verlegenheit.

      Mit blassen Lippen und zerbrochener Stimme bat der alte Autun: „Darf es denn nicht länger stehenbleiben? Warum legen Sie es mir auf den Tisch?“

      Herr Erling sagte darauf: „Wenn es dein Wunsch und Wille ist, guter Autun — dann meinetwegen ...“

      Ganz gewiss war es Autuns Wille, und er wünschte nichts Besseres.

      „Aber es steht hinfort bei mir auf deine eigene Verantwortung und auf dein Risiko, lieber Autun. Du trägst deinen Anteil an Gewinn und Verlust.“

      „Ja, gewiss“, sagte Autun und nickte.

      Da wurde Herr Erling grossartig und sagte: „Das erstemal war es Hilfe in höchster Not — das zweitemal soll es dir nicht minder hoch angerechnet werden.“

      Wusste der alte Kontorist, dass diese Summe auf dem Tisch ungefähr der letzte Rest des Riesenverdienstes war? Natürlich wusste er es, musste es wissen. Die Schulden frassen doch gar zuviel.

      Immerhin hatte das Geschick eine herrliche Wendung genommen. Könnte es überhaupt noch besser sein? Herr Erling war abermals der Märchenprinz von ehedem.

      Ein Tannenbaum

      Liebe — das ist die Wunderblume des Lebens.

      Nicht jedem ist das hohe Glück beschieden, diese Blume zu finden. Herr Erling suchte sie nicht. Es ist sinnlos, dieses Glück zu suchen.

      In den Wochen des isländischen Geschäfts verfiel er nicht auf unnütze Einfälle, sondern liess das Geschick walten. Nach dem gewaltigen Erfolge aber dachte er nach über das Leben und Treiben auf Kongshaugen und kam bald dahinter, dass die Zustände noch nicht völlig in Ordnung waren. Er konnte die Befürchtung nicht loswerden, dass Bertina eines Tages nicht mehr durch seine Zimmer gehen würde. Jederzeit konnte sie Kongshaugen verlassen, die Seidengewänder und den Goldschmuck von sich ablegen und aus dem Hause hinausgleiten. „Und dann würde ich ohne sie dastehn“, sagte Herr Erling zu sich selber; und er war sicher, dass ihm dies wenig Freude bereiten würde. Aber es gab doch nur ein einziges Mittel, Bertina festzuhalten.

      „Alles ist so gut an dir, Bertina, dass es gar nicht besser sein könnte“, begann er listig. „Nur ein Ding musst du dir noch einmal überlegen ...“

      Da er schwieg, hob Bertina ihre dunklen langen Wimpern und forschte in seinem Gesicht.

      „Du weisst schon, was ich meine ... Es ist meine Meinung, dass wir hinfort leben sollten wie gesetzliche Eheleute, mit Papieren und allem.“

      Bertina hob ihre Wimpern noch höher und fragte: „Warum drängen Sie darauf. Ist es denn nicht gut so, wie es ist?“

      „Doch freilich. Aber verstehst du denn nicht, dass es deinetwegen ist?“

      Darauf erwiderte sie: „Ich habe Ihnen mein Herz geschenkt; mehr habe ich nicht zu geben.“

      Er machte einen letzten Versuch: „Du bist gottlos, Bertina.“

      „Gott ist überall“, sagte sie und senkte den Kopf.

      Und so führte also auch diese Unterredung zu nichts. In dieser Beziehung blieb Bertina unbeugsam. Doch als sie Herrn Erling so niedergeschlagen sah, wollte sie ihn trösten. „Mir geht es gut auf Kongshaugen. Ich habe alles, was ich brauche, ja, ich habe mehr, als ich brauche ... Das Leben auf Mykja war manchmal hart ...“

      „Mykja und alles, was dort hinten liegt, sollst du vergessen. Wir beide wollen jetzt ein neues Leben beginnen.“

      „Niemand kann seiner Vergangenheit entfliehen“, sagte dieses merkwürdige Mädchen.

      Darauf ging Herr Erling wieder mit sorgenvoller Miene umher; es bedrückte ihn sehr, dass Bertina nur immer geben und nie nehmen wollte.

      „Hast du denn gar keinen Wunsch, den ich dir erfüllen könnte?“ fragte er. „Du weisst es wohl nicht; aber durch dich bin ich von Grund aus verändert worden. Ohne dich wäre das isländische Geschäft niemals zustande gekommen.“

      Sie hatte keinen Wunsch und war übermenschlich gross in ihrer Demut. Sicherlich meinten sie das, was sie sagten; ehrliche Naturen waren sie alle beide. Nur verstanden sie einander nicht recht. Doch als Bertina Herrn Erlings Betrübnis gewahrte, tat er ihr leid, und sie lenkte ein. „Wenn es Ihnen so grosse Freude macht, mir etwas zu schenken, dann könnte es vielleicht Höjen sein.“

      Betroffen hob er den Kopf: „Die Hütte von Höjen — aber Liebste ...“

      Wer weiss, diese Bertina war möglicherweise gar nicht so unwissend in irdischen Dingen; immerhin mochte es auch nur ein reiner Zufall sein; jedoch Höjen stellte zu dieser Zeit den einzigen völlig unverpfändeten Besitz Herrn Erlings dar.

      Denn Höjen war ein längst vergessener Winkel zuoberst im Mykjatal, eine Jagdhütte, die vor vielen Jahren der selige Herr Nikolaj erbaute und niemals benutzte. Wollte man es genau nehmen, so war Höjen immerhin etwas mehr als eine gewöhnliche Hütte; eine geräumige Stube, eine Küche, zwei Kammern, der Keller. In Wirklichkeit ein hübsches Häuschen in altnordischem Stil, ein Torfdach mit hohem Giebel und geschnitzte Drachenköpfe auf jedem Ende des Firstbalkens. Rund ums Häuschen ein Stück Land, ein Stück Wald, eingezäunt mit hohem Steinwall.

      Der selige Herr Nikolaj erstellte es in den Zeiten der Üppigkeit, als er sich vor lauter Überfluss kaum mehr rühren konnte. Er, der vielleicht aus niederm Volke kam, liebte es vor aller Welt Pracht und Macht zu entfalten.

      „Wie in des Herrn Namen, kommst du nur auf Höjen?“ fragte Herr Erling.

      „Es liegt so schön in der Abendsonne. Es liegt so warm am Waldrand ... Ost stand ich und schaute hinüber, wenn ich im Sommer die Kühe auf der Weide suchte ...“

      „Weniger kann ich wirklich nicht für dich tun“, sagte Herr Erling und liess sogleich den Vogt kommen. So und so — es sollte ein bündiger Vertrag werden, ein Papier, das stand für alle Zeiten.

      „Wir wollen es eine Vergabung nennen“, meinte der Vogt.

      „Hm — eigentlich meinte ich es nicht so. Aber nennen Sie es, wie Sie wollen, wenn nur das Papier gut wird.“

      „Jawohl, ich verstehe“, nickte der Vogt gefällig. „Doch um es in jeder Weise rechtsgültig zu machen, müssten wir eigentlich heutigen Datos ein Inventar vom Gesamtbesitz aufnehmen.“

      „Ist das unerlässlich?“ fragte ungeduldig Herr Erling.

      „Das Gesetz fordert es.“

      Übrigens hatte Herr Erling diese Inventaraufnahme keineswegs zu scheuen. Kongshaugen stand wieder auf guten Füssen. Einige Schulden blieben ja auch nach dem isländischen Glückstreffen zurück, das versteht sich; doch sie hatten nicht gar viel zu bedeuten gegen den ungeheuren Besitz.

      Höjen hatte in jenen Tagen nur geringen Wert. Denn es gab längst keine so übermässig reichen Leute mehr in dieser Gegend, keine Matadoren und Grossmillionäre, die unbedingt eine unnütze Jagdhütte brauchten. Selbstverständlich wollte Herr Erling nicht nur das nackte, kahle Häuslein geben, nein, er wollte es gleich mit Möbeln und aller Welt Kostbarkeiten anfüllen. „Das dürfen Sie nicht tun!“ rief Bertina entsetzt.

      „Aber Liebe, du musst doch anständig wohnen und deine Bequemlichkeit haben.“

      „Wenn ich auf Höjen wohnen soll, muss alles so sein, dass es zu mir passt.“

      Darüber schüttelte Herr Erling wieder seinen Kopf, mit dem er so gar wenig begreifen konnte. „Und nun wundere ich mich bloss, was du mit Höjen eigentlich beginnen willst“, sagte er halb im Scherz.

      Bertinas Antwort stimmte ihn nachdenklich. Sie meinte, auf