Die Melodie unserer Zukunft. Anne Barwell. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anne Barwell
Издательство: Bookwire
Серия: BELOVED
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958238510
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was?« Marcus könnte schwören, dass er keine Zustimmung zu irgendwas gegeben hatte.

      Isabel lächelte ihn an und er wusste, dass er definitiv etwas verpasst hatte. »Ich sollte heute Abend besser üben. Schließlich wäre es mir schrecklich peinlich, wenn ich morgen in meiner Klavierstunde nicht gut spielen würde, wo du doch dabei sein wirst.« Sie umarmte ihn fest. »Danke, Onkel Marcus!«

      Marcus kratzte sich am Kopf, während er ihr hinterher sah. Er war sich nicht sicher, ob er amüsiert oder schockiert darüber sein sollte, wie einfach sie ihn manipuliert hatte. Sie war ihrer Mutter ein wenig zu ähnlich, das war sicher.

      Er zuckte mit den Schultern und folgte dem willkommenen Duft des Kaffees in der Küche. Es konnte nicht schaden, seine Nichte zu ihrem Musikunterricht zu bringen. Bei allem, was sie und ihre Eltern für ihn taten, war das das Mindeste, was er tun konnte.

      Kapitel 2

      »Bieg hier links ab, Onkel Marcus«, sagte Isabel, »und dann gleich rechts in dieses Wäldchen. Onkel Joel wohnt fast am Ende der Straße auf der linken Seite.« Sie hatten Ella auf dem Weg hierher abgesetzt und sie hatte vor, später mit einer Freundin nach Hause zu fahren.

      Marcus folgte Isabels Anweisungen und hielt vor dem Haus, auf das sie zeigte. Darin hatte es als Stadthaus beschrieben, aber es hatte nur ein Stockwerk und die Garage teilte sich eine Wand mit der daneben. Grau-weiße Vögel zwitscherten draußen und waren damit beschäftigt, im Gras unter den hohen Eisenholzbäumen etwas zu fressen zu suchen. Obwohl es Mitte Februar war, waren viele von ihnen noch immer voller büschelartiger, roter Blüten, die typisch für die Weihnachtszeit waren. Das Haus sah ordentlich und gut gepflegt aus, auch wenn der Rasen mal gemäht werden müsste.

      Bevor er aus dem Auto ausgestiegen war, hatte Isabel bereits den kurzen Weg zur Eingangstür zurückgelegt. Sie wartete, bis Marcus sie eingeholt hatte, und klingelte dann.

      Der Mann, der die Tür öffnete, war etwas größer als Marcus mit seinem einen Meter dreiundachtzig. Er hatte dunkles Haar, das er an den Seiten kurz rasiert trug und oben lang wachsen ließ, sodass ihm auf einer Seite eine Locke in die Stirn hing. Marcus trat vor, um sich vorzustellen und starrte in eindrucksvolle blaue Augen.

      Wow. Joel war alles, woran er sich erinnerte, und mehr.

      »Ich weiß nicht, ob du dich an mich erinnerst«, sagte Marcus und seine Stimme klang heiserer als beabsichtigt. »Ich bin Marcus, Isabels Onkel. Ihre Eltern haben keine Zeit, daher musst du heute mich ertragen. Es ist schön, dich wiederzusehen, Joel. Das letzte Mal ist sicher ein paar Jahre her.«

      »Freut mich auch, dich wiederzusehen, Marcus.« Joel schüttelte Marcus' Hand. Joels Griff war fest, obwohl seine Handfläche sich ein wenig feucht anfühlte. »Kommt rein. Die Stunde vor Isabels wurde abgesagt, wir können also gleich anfangen.«

      »Danke.« Marcus ließ Joels Hand los und trat beiseite, um Isabel zuerst ins Haus gehen zu lassen.

      »Darin hat mir erzählt, dass du hergezogen bist«, plauderte Joel, während er hinter Isabel den Flur entlangging, vermutlich zum Musikzimmer. »Wellington ist nicht schlecht, wenn man sich mal an den Wind gewöhnt hat, aber ich kenne nicht wirklich etwas anderes, ich habe mein ganzes Leben hier verbracht.«

      Joel hielt inne, wie um nach Luft zu schnappen. Marcus öffnete seinen Mund, um ihn zu erinnern, dass er das Wetter in Wellington schon kannte, aber bevor er dazu kam, sprach Joel weiter.

      »Im Musikzimmer gibt es ein Sofa, auf dem Eltern sitzen können. Ich bin gleich da, ich muss nur mein Wasser auffüllen. Möchtest du etwas trinken?«

      »Nein, ich brauche nichts, danke.«

      »Okay.« Joel verschwand durch die Tür auf der anderen Seite des Flurs.

      Isabel grinste und setzte sich auf den Klavierhocker. »Wow. Ich glaube, ich habe Onkel Joel noch nie so viel und so schnell reden hören.« Sie holte ihre Noten aus ihrer Tasche und legte sie auf den Notenständer. »Ich denke, ihr werdet euch sehr, sehr gut verstehen.«

      »Ach was?«, murmelte Marcus, aber falls Isabel ihn hörte, entschied sie, ihm nicht zu antworten.

      Stattdessen begann sie zu spielen, eine Folge von auf- und absteigenden Tönen, erst mit der einen Hand, dann mit der anderen, wobei sie immer schneller wurde.

      »Ich sehe, du hast deine Tonleitern geübt.« Joel nickte Marcus zu, bevor er sich auf den Sessel neben dem Klavier setzte. Er wirkte etwas ruhiger als zu dem Zeitpunkt, an dem er den Raum verlassen hatte, schien aber immer noch wegen irgendetwas nervös zu sein. »Da du deine Tonleitern schon gespielt hast, könntest du mir jetzt die Übung vorspielen, die ich dir letzte Woche aufgegeben habe?« Joel kritzelte etwas in ein Notizbuch, das auf dem Tisch neben dem Klavier lag. »Hast du dein Theorieheft dabei? Ich korrigiere es, während ich zuhöre.«

      Isabel gab Joel ein Heft und begann dann zu spielen.

      Marcus hatte keine Ahnung, was er hörte, erwischte sich jedoch schon bald dabei, wie er mit dem Fuß im Takt der Musik wippte. Er hatte schon immer gern Musik gehört, obwohl er so gut wie nichts über die Theorie dahinter wusste. Er erinnerte sich vage daran, in der Schule gelernt zu haben, wie man Noten las, aber er hatte dem Unterricht nie viel Aufmerksamkeit geschenkt. Er zog Frieden und Ruhe vor, wenn er arbeitete, im Gegensatz zu einigen Bekannten, die Kopfhörer trugen und laut und meistens schief zur Musik sangen, die sie anhörten.

      »Sehr gut, Isabel. Du hast diese Woche definitiv viel geübt. Du hast auch die Theorie der neuen Taktart verstanden.« Joel beugte sich vor, er hielt noch immer den Bleistift in der Hand. »Es gibt aber eine Sache in der Gruppierung deiner Noten, die du nicht ganz richtig gemacht hast.«

      Isabel sah sich an, was er ihr zeigte, und nickte. »Oh, ich sehe, was ich gemacht habe. Ich habe vergessen, dass es eine zusammengesetzte ungerade Taktart ist. Die Noten müssten in Dreier-und nicht in Zweiergruppen stehen.«

      »Das stimmt.« Joel lächelte und in seinen Mundwinkeln bildeten sich kleine Fältchen. Obwohl der Kommentar nicht an ihn gerichtet war, konnte Marcus nicht anders als zurückzulächeln. »Lass uns jetzt die nächste Seite im Buch ansehen. Diese Woche geht es wieder um den Quintenzirkel.«

      Marcus hörte einen Moment zu, merkte jedoch, wie seine Gedanken abschweiften, sobald Joel begann, über enharmonische Verwechslung zu sprechen – was immer das bedeutete. Joel rückte näher an Isabel heran, während er redete, damit sie beide in ihr Buch sehen konnten. Er sprach langsam genug, um sicherzugehen, dass sie seinen Worten folgen konnte, und machte gleichzeitig oft genug Pausen, um ihr die Gelegenheit zu geben, Fragen zu stellen. Er musste das Thema schon oft unterrichtet haben, aber er klang dennoch begeistert. Obwohl Marcus seine Versuche, Joel zu verstehen, aufgegeben hatte, erwischte er sich dabei, dem Klang seiner Stimme zu lauschen. Er lehnte sich im Sofa zurück und schloss die Augen. Nach dem Aufruhr der letzten Tage, war er noch immer müde.

      Er öffnete abrupt die Augen, als er bemerkte, dass Joel aufgehört hatte zu sprechen und hatte sofort ein schlechtes Gewissen, dass er sich entspannt genug gefühlt hatte, um einzunicken. Er sollte der Unterrichtsstunde und Isabels Klavierspiel zuhören. Immerhin war das der Grund, aus dem sie ihn gebeten hatte, sie hinzubringen, oder?

      Isabel stand auf, um ihre Tasche zu packen. Sie wandte sich mit einem Stirnrunzeln an Joel. »Sollte dein nächster Schüler nicht schon da sein, Onkel Joel?«

      »Joseph kommt jetzt immer freitags«, erklärte Joel. »Dienstags spielt er Wasserpolo, weshalb seine Mum gefragt hat, ob er die Tage tauschen kann.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich habe meinen Terminplan gern für ihn umgestellt. Heute Abend bereite ich meinen Unterricht vor und so habe ich mehr Zeit dafür.«

      »Darin sagte, dass du jetzt auch an der Highschool im Ort unterrichtest?« Marcus stellte fest, dass er mehr über Joel erfahren wollte. Sicher konnte er nicht davon leben, dass er ein paar Kinder nach der Schule unterrichtete. Er ging seine Erinnerungen durch, konnte sich jedoch nicht erinnern, ob es einmal Gesprächsthema während der Abendessen mit der Familie gewesen war. Selbst wenn das der Fall gewesen war, hätte Joels Situation sich seitdem ändern können.

      Eine