Die bekanntesten Kinder- & Jugendbücher. Magda Trott. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Magda Trott
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788027221226
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      »Kann ich auch 'mal an der Mühle drehen?«

      »Dann schenke mir die Schwimmente, die du zum Geburtstag bekommen hast.«

      »Meine schöne Ente?«

      »Du kannst dir dann von der Mühle 'ne andere wünschen.«

      »Du hast mich auch nicht belogen?«

      »Nein, die Mühle habe ich.«

      Pommerle war noch nicht völlig überzeugt. »Bring doch 'mal die Mühle her. – Dann wollen wir dran drehen, ich weiß doch den Spruch.«

      »Erst schenkst du mir deine Schwimmente.«

      Wieder kämpfte Pommerle einen schweren Kampf. Die schöne Ente sollte es hergeben? Aber wenn sich die Mühle wirklich drehte, wollte es sich zehn neue Enten wünschen.

      »Ich hole sie dir, und du holst die Kaffeemühle.

      »Du darfst aber der Frau Pommerle nichts davon sagen,« rief Herbert der Davoneilenden nach. »Das darf niemand wissen, sonst geht die Geschichte nicht!«

      Das war schade! Pommerle hätte sich so gern zuerst bei der Tante erkundigt, ob die Mühle auch wirklich die richtige Kaffeemühle wäre, die bisher im Wasser gelegen hatte. Auch wurde es ihm nicht leicht, ohne Erlaubnis der Tante die schöne Ente zu verschenken. Aber der Wunsch, die Wundermühle zu sehen, war so riesenhaft, daß Pommerle auch diese Bedenken beiseite schob und in raschem Lauf dem kleinen Hause zueilte.

      Es hatte die Ente ergriffen, aber als es zurück zum Strande wollte, traf es mit der Tante zusammen.

      »Schon wieder zurück, mein Kind? Ich glaube, du warst nun genug am Wasser.«

      »Ich will nur – – ich möchte nur – –« Pommerle wußte nicht recht, was es sagen wollte, und wurde glühend rot.

      »Die Ente schwimmen lassen?«

      »Ja,« sagte das Kind mit niedergeschlagenen Augen, »ich bin gleich wieder da.«

      »In zehn Minuten kommst du zurück, Pommerle.«

      »Jawohl, Tante.«

      Wie der Wind eilte die Kleine davon. Pommerle wußte genau, daß es in diesem Augenblick der Tante die Wahrheit verschwiegen hatte. Das drückte auf das kleine Herz. Aber Herbert hatte gesagt, es sollte schweigen, sonst würde sich die Mühle nicht drehen. – Ob der Herbert schon mit der Wundermühle zurück war?

      Er war noch nicht da. Pommerle setzte sich in den Sand und fühlte sich sehr bedrückt. Es wäre wohl doch besser gewesen, wenn es der Tante alles erzählt hätte. Aber jetzt war es zu spät. Denn dort kam schon Herbert Affmann in schnellem Laufe daher, der etwas Blaues im Arme hielt.

      Es war wirklich die Kaffeemühle, genau dieselbe, wie sie damals bei Tante Berta in der Küche gestanden hatte, nur daß die blaue Farbe noch mehr abgekratzt war als damals. Aber das kam wohl daher, daß die Mühle so lange im Wasser gelegen hatte.

      »Nun dreh sie und sage das Sprüchlein.«

      »Hast du die Ente mitgebracht?«

      »Ja, – hier ist sie.«

      Herbert steckte das Tier hastig in seine Hosentasche.

      »Was willst du denn von der Mühle haben?« fragte er.

      »Zehn Schwimmenten.«

      Der Knabe nahm die Mühle zwischen die Knie, lachte verschlagen vor sich hin und sagte:

      »O Mühle, Mühle dreh dich fein,

       Im Hause von Pommerle sollen zehn Schwimmenten sein.«

      Pommerles Augen hingen gespannt an dem Mahlkasten, aus dem nichts herauskam.

      »Es kommt ja nichts?«

      »Die sind bei dir zu Hause, – die liegen alle in deiner Kammer auf dem Tisch.«

      Ungläubig schaute das Kind den Spielgefährten an. Da aber Herbert nochmals mit aller Bestimmtheit versicherte, daß die Enten daheim wären, verabschiedete es sich hastig.

      Herbert warf sich lachend in den Sand, griff nach nassen Schlingpflanzen, die das Wasser herausgeworfen hatte, und als sich Pommerle nochmals nach ihm umwandte, warf er die unsauberen Pflanzen der Kleinen ins Gesicht.

      »Pfui, du garstiger Junge!« sagte Pommerle und wischte sich hastig das Gesicht ab. Dann steuerte es dem kleinen Fischerhause zu.

      Im Vorgarten traf es den Onkel. Pommerle wollte möglichst schnell an ihm vorübereilen, um in sein kleines Zimmer zu kommen und die Enten zu sehen. Aber Professor Bender hielt die Kleine an.

      »So eilig?« Er faßte Pommerle an beiden Händen.

      »Ich hab' heute mit dem Onkel Jäger gerudert und – und – –«

      Pommerle schloß die Lippen fest. Erst mußte es die Enten haben, dann durfte es alles sagen.

      Bender tippte mit dem Finger der Kleinen auf die Stirn.

      »Was hast du denn da?«

      Pommerle fuhr erschreckt zusammen. Heute hatte es die gute Tante belogen. Die Tante hatte gesagt, daß der liebe Gott jede Lüge den Kindern aus die Stirn schreibt.

      »Was ist denn das hier, Pommerle?« Bender fuhr mit dem Finger über die Kinderstirn. Dort war ein Schmutzfleck von der geworfenen Schlingpflanze zurückgeblieben. Aber Pommerle dachte nicht daran, die Lüge fiel ihm schwer aufs Herz, und der Onkel würde von der Stirn jetzt alles ablesen, was geschehen.

      Pommerle kämpfte mit den aufsteigenden Tränen.

      »Aber, mein Goldkind, was hast du denn gemacht?«

      Obwohl diese Worte in gütigem Ton gesprochen waren, glaubte Pommerle doch einen strengen Vorwurf daraus zu hören. Es hob das tränenüberströmte Antlitz empor und sagte unter lautem Aufweinen:

      »Na, da lies 'mal, was da steht.«

      »Was hast du denn, mein liebes Kind?«

      »Ich wollte ja nicht lügen, – – aber ich wollte doch, daß sich die Mühle dreht, – nun steht alles auf der Stirn. – Ach, Onkel, ich bin so unartig!«

      Professor Bender überlegte einen Augenblick. Auch er war dabei gewesen, als seine Frau dem Pommerle davon erzählt hatte, daß eine Lüge von der Stirn der Kinder deutlich abzulesen sei. Daß aber sein Pommerle eine Unwahrheit sagte, war ihm ganz etwas Neues. Doch die große Reue der Kleinen, die bitteren Tränen, ließen ihn nicht streng werden. Er nahm das weinende Kind in die Arme und sagte herzlich:

      »Ja, mein Pommerle, wenn ein Kind lügt, sieht man es ihm sogleich an, dann sind auch die Augen nicht so klar wie sonst. – Und jetzt erzähle mir, welche Mühle sich drehen soll.«

      Er hob das kleine Mädchen auf seine Knie und ließ sich alles berichten.

      »Und das hat mein Pommerle geglaubt? Die Geschichte von der Mühle ist doch ein Märchen, mein liebes Kind. Solch eine Mühle gibt es nicht. Der Herbert hat gemogelt. – Du mußt ihm nicht alles glauben, Pommerle!«

      »Aber wenn er immerzu lügt, muß er doch seine Strafe haben.«

      »Jawohl, Pommerle,« sagte Herr Bender sehr ernst. »Wenn der Herbert weiter so lügt, wird die Strafe auch nicht ausbleiben. Dann wird es dem Herbert noch einmal sehr schlecht gehen. Die schlimmen Folgen bleiben niemals aus.«

      »Ich hab' aber auch gelogen.«

      »Ja, es ist das erstemal, und es darf nicht wieder vorkommen. Willst du das dem Onkel versprechen?«

      Das Kind legte beide Arme um den Hals des Professors, schmiegte sich an ihn und sagte in feierlichem Ernst:

      »Ich tu's nicht mehr, es hat mich auch so bedrückt, – sei nicht mehr böse, Onkel. – Willst du die Schwimmenten haben?«

      »Die sind ja gar nicht da, mein Kleines. Komm, wir werden sogleich nachsehen. Der Herbert hat gewiß die Kaffeemühle