Die bekanntesten Kinder- & Jugendbücher. Magda Trott. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Magda Trott
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788027221226
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wenn ich doch immerzu Geburtstag hätte! Darf ich jetzt gleich gehen, darf ich sie alle herholen?«

      Sehr bald drängte die Kleine zum Aufbruch.

      »Du sollst zuerst deinen Geburtstagstisch ansehen, Pommerle. Komm herein, Tante und Onkel wollen dir doch eine Freude machen.«

      Man führte das Kind ins Wohnzimmer. Auf dem kleinen Tische stand ein großes Licht, ringsherum waren allerlei Geschenke aufgebaut, mit denen die Pflegeeltern ihren Schützling erfreuen wollten. Da lag ein kleines Wickelkind in einem Bettchen, auf dem Kopfe ein weißes Häubchen, mit rosa Schleifen verziert, ein ebensolches Jäckchen, und wenn man der Puppe auf die Brust drückte, kam ein quiekender Laut hervor.

      »Schau, mein Liebling, das Püppchen ruft nach der Mutti. Du mußt lieb zu deinem Puppenkinde sein.«

      Behutsam nahm die Kleine die Puppe in den Arm; dann gingen die Augen weiter auf dem Tische herum, auf dem noch ein Buch, ein neues Kleidchen, ein kleines Boot, eine Schwimmente und verschiedene Süßigkeiten lagen.

      »Und hier sind sogar Briefe an dich, mein Kleines,« lächelte Professor Bender, »einer von unserer Anna und hier einer von Jule.«

      »Von Jule!« Ein Freudenruf kam von Pommerles Lippen. Jule, der Spielgefährte aus Hirschberg, hatte an sie gedacht.

      Pommerle nahm die Blumenkarte, auf der unter einem Blütenzweig die Worte standen: Fröhliche Pfingsten. Jule hatte die beiden Worte durchgestrichen und dafür geschrieben:

      »Ich gratuliere Dir zu Deinem Geburtstage. – Wie geht es Dir? Mir geht es gut. – Komme nur bald zurück, es ist so langweilig. Frag mal Deinen Onkel, ob ich nachkommen kann. Es gratuliert Dir Dein

      Jule.«

      »Onkel, – Tante! sieh doch mal, er schreibt, – oh, der Jule! Wie schade, daß ich ihn heute nicht auch einladen kann. – Wenn ich aber mit dem Kuchen machen darf, was ich will, darf ich doch dem Jule etwas nach Hirschberg schicken?«

      »Wenn wir wieder daheim in Hirschberg sind, backe ich noch einen Kuchen, mein Pommerle; davon bekommt dann der Jule etwas,« sagte Frau Professor Bender.

      »Aber wenn ich nun wirklich mit dem Kuchen machen kann, was ich will?«

      »Meinetwegen,« lachte der Professor, »so schick dem Jule ein Stück!«

      Dann wurden wieder die anderen Dinge bestaunt.

      »So, mein Kind, jetzt mache dich fertig. Wir wollen zunächst durchs Dorf gehen, dort wirst du manche Bekannte treffen.«

      Die Kunde, daß das kleine Hannchen Ströde wieder in Neuendorf sei, hatte sich in dem Fischerdorfe rasch verbreitet. Fuhrmann Will, der die Ankommenden nach dem Jägerschen Hause gefahren hatte, wußte zu erzählen, daß Pommerle sehr fein ausgesehen habe, daß es aber den Onkel Will sogleich erkannt habe.

      Nun schritt Pommerle zwischen Onkel und Tante durch das Dorf. Am liebsten wäre es freilich hinunter zum Strande gelaufen, um sich wieder von den Wellen geheimnisvolle Geschichten erzählen zu lassen.

      Man kam nicht so schnell weiter, überall wurde Pommerle angehalten. Alle kamen sie aus ihren Häusern hervor, drückten Pommerle die kleinen Hände, freuten sich auch an dem frischen Aussehen des Kindes und sagten den Pflegeeltern manches gute Wort.

      Da standen Elli Götsch und Grete Bauer, die sich zuerst nicht recht an die niedlich gekleidete Spielgefährtin heranwagten; aber jauchzend lief ihnen Pommerle entgegen, um sogleich die Einladung für heute nachmittag anzubringen. – Da war der große Herbert Affmann, der Pommerle früher recht viel geneckt hatte; aber das war alles längst vergessen. Auch der zwölfjährige Knabe wurde eingeladen und noch andere Mädchen, die Pommerle traf, bis Herr Professor Bender meinte, es sei nun genug.

      Als man wieder heimkam, holte sich Pommerle die neue Puppe; dann bat es die Tante, ob es nun zum Strand hinuntergehen dürfe.

      »Du kannst dir auch Schuhe und Strümpfe ausziehen, mein Kind, und im Wasser waten; aber bleibe in der Nähe, daß ich dich vom Hause aus sehen kann.«

      Die neue Puppe im Arm, lief das Kind davon. Es legte sich in den Sand. Es rutschte so weit nach vorn, daß es mit den ausgestreckten Händen die Wellen greifen konnte, die leise plätschernd gegen das Ufer schlugen.

      Aber lange blieb Pommerle nicht allein. Man hatte Hanna Ströde im Dorfe gesehen, und so kamen die Spielgefährten heran. Da war zuerst Grete Bauer, die die Freundin sehr vermißt hatte. Besonders mit Hanna Ströde ließ es sich so gut spielen.

      Nach Verlauf einer Viertelstunde sah sich Pommerle als Mittelpunkt eines größeren Kinderkreises. Neugierige Fragen wurden an Pommerle gerichtet, und allgemeines Staunen erfolgte, wenn das Kind von Dingen erzählte, die man hier in Neuendorf nicht kannte.

      »Du schwindelst,« rief Herbert Affmann, der Zwölfjährige, »das alles ist ja nicht wahr! Wie kann ich denn mit einem Menschen reden, der in einer anderen Straße wohnt, bloß weil ich mir 'nen Draht um die Ohren binde?«

      »Ich schwindle gar nicht,« erwiderte Pommerle voller Entrüstung, »bei uns im Riesengebirge ist es so!«

      »Wohnen im Riesengebirge nur Riesen?« fragte Grete Bauer.

      Pommerle lachte hell auf. »O nein, da wohnen auch ganz kleine Menschen, noch kleiner als ich.«

      »Wir haben hier auch Berge,« meinte Herbert Affmann, »die sind viel schöner als die vom Riesengebirge.«

      »Die sind aber lange nicht so hoch, Herbert. Der Jule ist mal mit mir auf einen ganz hohen Berg gegangen, dort bin ich dem Rübezahl begegnet. – Hu, war das gruselig, – aber gut ist er, er macht die Steine zu Gold.«

      »Pah,« sagte Herbert verächtlich, »unsere Stine kann viel mehr!«

      »Die Stine!« Pommerle reckte das kleine Körperchen. Richtig, die Stine! Das war die mächtige Wasserfrau, die Tochter des Seeräubers, dem die ganze Ostsee und jedes Wasser gehörte. Die Stine war eine gefährliche Frau. Wenn es stürmisch war, konnte man sie lachen hören. – Die Stine hatte schon manchen Fischer auf den Meeresgrund hinabgezogen. – Vielleicht auch den Vater.

      »Habt ihr auch eine Stine im Riesengebirge?«

      »Nein.«

      »Pah, dann habt ihr gar nichts! Die Stine ist die mächtigste Frau, die es gibt.«

      »Der Onkel sagte aber, im Gebirge ist es auch sehr schön, und der Jule meint es auch.«

      »Der Jule, – was ist das für ein Jule?«

      »Das ist mein Freund, der geht in die Berge und bricht irgendwo ein Stück Berg ab; das bringt er dem Onkel, und der schreibt ein dickes Buch darüber.«

      »Wenn der Jule Bergzacken abbricht, wird bald nichts mehr da sein,« höhnte Herbert.

      »Du bist dumm,« meinte Pommerle altklug, »wenn du aus der Ostsee Wasser schöpfest, ist immer noch was da.«

      »Was schreibt denn dein Onkel für ein Buch?«

      Pommerle machte eine krause Nase. Klar war ihm das bis heute noch nicht, obwohl der Onkel schon oft davon erzählt hatte. Aber in dem großen Schrank mit den Glasscheiben standen drei dicke Bände, und auf diesen Bänden stand mit goldenen Buchstaben die Worte: »Die Flora und der Pfau aus dem Riesengebirge.«

      »Er schreibt über die Flora und den Pfau.«

      »Über die Flora vom Fleischer Lange?«

      »Nein, über die Flora von einem aus dem Riesengebirge.«

      »Oh, einen Pfau habe ich schon gesehen,« rief Elli Götsch, »der macht ein großes Rad. – Habt ihr viele Pfauen im Riesengebirge?«

      »Ich glaube, es muß ein ganzer Haufen sein,« meinte das Kind, »sonst hätte der Onkel nicht drei dicke Bücher darüber geschrieben.«

      »Kommt die Flora auch 'mal mit an die See?« fragte Herbert.

      »Ich kenne sie nicht,« entgegnete Pommerle kleinlaut, »aber ich