Soulmates: Ruf der Freiheit. J.L. Langley. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: J.L. Langley
Издательство: Bookwire
Серия: Soulmates
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958235298
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noch mit der verdammten Schwuchtel rumhing. Nachdem er seinen anderen Fuß in die Jeans geschoben hatte, zog er sie über seine Hüften und schnappte sich das schwarze T-Shirt, das über dem Schreibtischstuhl beim Bett hing.

      »Geh schon mal in Richtung Stadt los. Ich bin unterwegs.«

      »Aber du musst ihn aufhalten.«

      Den Teufel würde er tun. Was er tun musste, war, Sterling da rauszuholen, bevor der alte Sack beschloss, sich ihn vorzuknöpfen. »Tu, was ich sage, und lauf los.«

      Remi bewegte sich schneller, zerrte sich das T-Shirt über den Kopf und riss seine schwarze Baseballjacke aus dem Schrank. Der Kleiderbügel flog an ihm vorbei und krachte klappernd gegen die Seite seines altmodisches Bettes, das wie ein übergroßer Schlitten geformt war. Als er das Hemd über seinen rechten Arm zog, rutschte ihm das Handy von der Schulter. Hastig griff er danach, jonglierte kurz damit herum und bekam es dann zu fassen, um es sich wieder zwischen Schulter und Ohr zu klemmen.

      »Beweg dich endlich, verdammt noch mal. Leg auf und geh weg vom Haus.« Angesichts des schneidenden Tonfalls in seiner Stimme fuhr Remi zusammen. Er blaffte Sterling nicht oft derart an, aber er hatte Angst. Wenn irgendetwas passierte… wenn – Nein, daran würde er gar nicht erst denken.

      »Mach ich doch. Ich gehe schon, aber Remi, was, wenn –«

      Sekunde. Bedeutet das etwa –? Remi nahm das Handy vom Ohr und überprüfte die Nummer auf dem Display. Sterling rief von seinem Handy aus an. Wenn der Bastard Sterling mit einem Handy erwischte, würde er ihnen beiden den Arsch aufreißen. Dirk hatte Remi verboten, Sterling eins zu kaufen, weil der Kleine angeblich keins brauchte.

      Der Witz des Jahrhunderts. Sterling brauchte unbedingt eins. Wie sollte er Remi sonst anrufen, wenn er in Schwierigkeiten steckte? Ganz sicher konnte er nicht das Festnetz im Haus benutzen. Was genau der Grund dafür war, warum Remi es gekauft und Sterling gesagt hatte, es zu verstecken. Und traurigerweise hatte er das Handy bereits mehrmals benutzt.

      Remi klemmte das Telefon wieder ein und sah sich nach seinen Stiefeln um, die er schließlich am Fuß des Bettes entdeckte. Socken. Er brauchte auch noch Socken.

      »Ich werd das nicht noch mal mit dir durchkauen. Sie will meine Hilfe nicht. Ich hab schon mehrmals versucht, ihr zu helfen. Man kann niemandem helfen, der deine Hilfe nicht will.« Scheiß auf die Socken. Er ließ sich auf dem Bettrand nieder, schnappte sich einen Stiefel und zwang seinen nackten Fuß hinein. Er schnürte ihn zu und griff nach dem anderen Schuh. Oh Gott, Sterling hat doch nicht – »Du hast nicht versucht, sie auseinanderzubringen, oder? Hat er dich geschlagen?«

      »Nein. Ich hasse es, wenn er rumschreit. Ich bin aus meinem Fenster raus und hinten rum gegangen.«

      Nachdem er den zweiten Stiefel zugebunden hatte, stand Remi auf und sicherte das Telefon mit einer Hand. »Gut. Versuch nie, dich zwischen sie zu stellen.«

      Schlüssel, Schlüssel, Schlüssel, wo zum Teufel waren seine Schlüssel? Himmel, sein Zimmer versank im Chaos. Ach, Küche. Er hatte sie in der Küche liegen gelassen, als er letzte Nacht von der Feuerwache nach Hause gekommen war.

      »Werd ich nicht. Beeil dich, Remi.« Sterlings Stimme zitterte, als würde er weinen.

      Ich beeile mich ja schon. Mit einer Hand sammelte er seine Schlüssel und den Helm von der Anrichte, ehe er das Telefon wieder zwischen Ohr und Schulter klemmte, damit er die Tür abschließen konnte. Dann nahm er das Handy wieder in die Hand und joggte die Stufen von seiner Wohnung runter zu seinem Motorrad.

      Er hasste es, das Gespräch abzubrechen, aber er hatte keine Wahl. »Ich lege jetzt auf. Ich bin in ungefähr zehn Minuten da.«

      »'kay. Dann bis gleich. Ich gehe einfach weiter.«

      »Gut, bis in ein paar Minuten.«

      Remi klappte das Handy zu und stopfte es in seine Tasche. Er startete das Motorrad und setzte sich den Helm auf. Seine Hände zitterten so heftig, dass er ihn kaum festzurren konnte, aber irgendwie schaffte er es doch. Er musste zu Sterling. Falls das Arschloch das Haus verlassen sollte und Sterling weggehen sah…

      Remis Kehle schnürte sich zu und erschwerte ihm das Atmen. Nein, nein, alles okay, Mom würde Sterling in Schutz nehmen und sagen, dass sie ihm erlaubt hätte, das Wochenende mit Remi zu verbringen; das tat sie immer. Aber sollte der alte Sack Sterling dabei erwischen, wie er wegging, und erkennen, dass er nicht rechtzeitig abgeholt worden war…

      »Fuck.«

      Rückwärts fuhr Remi vom Parkplatz unter dem Vordach herunter und steuerte das Reservat an.

      ***

      Sterling stieg vom Motorrad, löste den Helm und zog ihn sich vom Kopf. Sein kurzes, schwarzes Haar stand in alle Richtungen ab. Remi glättete die abstehenden Strähnen.

      Sterling hatte einen ordentlichen Wachstumsschub gehabt und war mittlerweile fast schon so groß wie Remi. Der Kleine wurde erwachsen und zudem ganz ansehnlich.

      Die dunkle Färbung – Haut, Haare, Augen – hatte er von ihrem Apachen-Vater geerbt. Von ihrer weißen Mutter hatte er die weicheren Gesichtszüge und die gerade, schmale Nase abbekommen, die sich am Ende ein wenig nach oben bog. Sein Gesicht war weniger kantig als bei den meisten Apachen, obwohl er die hohen Wangenknochen ihres Vaters geerbt hatte. Zweifellos würde er die Frauen in ein paar Jahren mühelos um den Finger wickeln, wenn er das nicht schon längst tat.

      »Dankeschön.« Sterlings Unterlippe zitterte leicht, dann nahm er einen tiefen Atemzug und reichte Remi den Helm zurück. Mit den Fingern fuhr er sich durch die Haare und sammelte sich wieder.

      »Du brauchst mir nicht zu danken. Dafür bin ich doch da.« Er nahm ihm den Helm ab und befestigte den Gurt am Lenker. In der Hektik, seinen Bruder zu erreichen, hatte er komplett vergessen, zwei Helme mitzunehmen. Glücklicherweise galt die Helmpflicht per Gesetz nur für Unter-Achtzehnjährige. Seiner Meinung nach eine total dämliche Regelung – jeder sollte einen Helm tragen –, aber er hatte keine andere Wahl gehabt, als ohne Helm zu fahren.

      Er legte einen Arm um die Schultern seines kleinen Bruders und führte ihn in Richtung des Restaurants. Mit der Armbeuge drückte er Sterlings Nacken und brachte so gleichzeitig ihre Köpfe dichter zusammen. Sein Herz hämmerte immer noch heftig, wie jedes Mal, wenn er einen Anruf von seinem Bruder bekam.

      Sterling schlang einen Arm um Remis Taille und drückte ihn kurz, zog dann aber die Schultern hoch und ging einen Schritt schneller. »Okay, Kumpel, du zerstörst meinen Ruf. Ich bin keine sechs mehr.«

      Remi lachte leise und gab der Schulter des kleinen Scheißers einen Stoß. Etwas von der Anspannung fiel von ihm ab, als Sterling sich allmählich wieder wie ein Vierzehnjähriger benahm.

      »Kröte. Ich lade dich zum Frühstück ein und das ist der Dank dafür.«

      Mit einem Nicken öffnete Sterling die Tür zum Diner und hielt sie für Remi auf. »Hm-hm.«

      Eine Vielzahl von Gerüchen attackierte Remis Nase, die sich daraufhin kräuselte. Gott. Würde er sich jemals an all diese starken Gerüche gewöhnen? Für seine Sinne war es die Hölle, ein Werwolf zu sein.

      Eine Platzanweiserin trat hinter dem Empfangspult hervor und begrüßte sie. Lächelnd reckte sie ihre Brüste ein wenig vor und ging zum Tresen hinüber, wo sie die Speisekarten und in eine Serviette eingewickeltes Besteck aus der Ablage an sich nahm, ehe sie fragte: »Für zwei?«

      »Ja«, antwortete Remi, während sein Blick auf seinem Bruder ruhte und er gleichzeitig versuchte, die auf ihn einstürmenden Gerüche auszusperren.

      Mit Sterling schien alles okay zu sein, aber Remi ließ sich nicht so leicht täuschen. Er wusste, wie furchteinflößend die Situation war. Der Kleine hielt sich gut. Jetzt, da er vom Haus weg war, war er viel ungezwungener, aber Scheiße wie diese ließ sich nun mal nicht so leicht abwaschen. Remi wusste das aus eigener Erfahrung. Sein ganzes Leben lang hatte er damit klarkommen müssen.

      Seufzend nahm er in der Nische, die ihnen die junge Frau zugewiesen hatte, seinem Bruder gegenüber Platz. Sie überreichte