Wyatt Earp Box 15 – Western. William Mark D.. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark D.
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp Box
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740976538
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Au!« hatte der Kranke ausgerufen, und dann waren die drei Buchstaben wie Signale in sein Hirn vorgedrungen. Doc!

      Der elegante Fremde war also ein Doc! Das vermochten selbst die Whiskyschwaden unter seiner Schädeldecke nicht wegzuwischen. Schon erheblich nüchterner, fragte er den Gambler.

      »Sie sind tatsächlich ein Doc und sind zu mir heraufgekommen?«

      »Ja, eigentlich bin ich für Zähne zuständig, aber…«

      »Zähne?« Laugran fiel in die Kissen zurück. »Das ist es ja, Doc. Es ist mein Zahn, der mich quält, und nicht das Bein. Dieses scheußliche Ding da sticht mich seit drei Tagen und drei Nächten fürchterlich.«

      Holliday, der seit seiner Bostoner Zeit seine schwarze, krokodillederne Instrumententasche ständig bei sich trug, entgegnete: »Machen Sie den Mund auf. – Tom, würden Sie die Lampe halten?«

      Der Neger nahm die Kerosinlampe vom Nachttisch und hielt sie so, daß der Georgier sehen konnte.

      Der hervorragende Bostoner Arzt, der vor mehr als einem Jahrzehnt seine glänzende Praxis und eine wirklich hoffnungsvolle Karriere wegen der furchtbaren Krankheit, die er von einem Patienten gefangen hatte, aufgeben mußte, brauchte nur einen kurzen Blick, um zu sehen, was los war.

      Wortlos öffnete er seine Tasche, doch ehe er das Instrument herausnahm, sah er sich suchend um.

      »Wo ist sie?«

      »Wer?« fragte Laugran.

      »Die Flasche«, entgegnete der Spieler kühl.

      »Ich verstehe Sie nicht…«, stotterte der vor Angst noch nüchterner werdende Eisenhändler.

      »Die Flasche!« sagte Holliday scharf, denn die Zeit drängte ihn ja.

      Erschrocken griff der Kranke unter die Decke und brachte eine noch zu einem Drittel gefüllte Whiskyflasche hevor.

      Kleinlaut erklärte er: »Ich habe sie schon seit Tagen im Bett und trinke nur ab und zu mal daraus.«

      »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, schnitt ihm der Spieler die Rede ab. »Es ist Ihre Sache, was Sie mit den Flaschen machen, die sich in Ihr Bett verirren. Trinken Sie!«

      »Was?«

      »Sie sollen trinken!« herrschte ihn der Arzt an.

      Laugran nahm einen winzigen Schluck.

      »Was war denn das, Mann? Das war ein Nipper für einen Vogel. Trinken Sie endlich einen ordentlichen Schluck, noch einen, noch einen und jetzt noch einen! So, das wird reichen.«

      Glucksend und nach Luft schnappend hielt der Eisenhändler die Flasche in die Luft.

      Tom nahm sie ihm ab.

      Mit einem schnellen Griff hatte Holliday eine kleine vernickelte Zange in die Rechte genommen und in die Linke einen Spiegel.

      »Einen Augenblick die Luft anhalten.«

      Jimmy Laugran verspürte einen kurzen stechenden Schmerz, und als er anfangen wollte zu schreien und seine Schwester erschrocken den Kopf durch den Türspalt steckte, erhob sich der Spieler schon.

      »Seien Sie still, Mister Laugran, die Sache ist schon vorbei.«

      Auguste Laugran kam, alle Rücksicht vergessend, in das Zimmer.

      »Das ging ja rasend schnell. Doktor Papercorn in der Lincolnstreet läßt sich damit immer eine halbe Stunde Zeit. Ich habe auch vier wacklige Zähne…«

      »Später, Miß, später«, unterbrach der Gambler ihren Redestrom.

      Der Eisenhändler zog die Brauen bis hoch in die Stirn.

      »He?« krächzte er gedehnt. »Es blutet zwar, tut aber kaum noch weh!«

      »Kann ich mir denken«, entgegnete Holliday gelassen. »Und gegen das Bluten wird Ihnen die Miß eine Tasse Kamillentee bringen.«

      Laugran strahlte über das ganze Gesicht.

      »Doc, Sie sind eine Kanone! Das lasse ich mir was kosten.«

      »Nicht nötig«, erwiderte der Spieler, während er seine Instrumente in die Tasche packte. »Sie werden mir Ihren schwarzen Hengst leihen, weil er das einzige Pferd ist, mit dem ich in der Lage bin, dem Marshal Earp bei der Verfolgung des Mörders Oregon Jack zu begleiten.«

      Laugran zog die Brauen zusammen. »Wie war das?« stotterte er.

      »Wyatt Earp hat die Verfolgung des Mörders Oregon Jack aufgenommen. Und da ich ihn seit einigen Jahren auf solchen Verfolgungsjagden begleite, meinen eigenen Gaul aber in Dodge City lassen mußte…«

      Laugran saß kerzengerade im Bett und schlug sich mit der flachen Rechten vor die Stirn.

      »Doc Holliday?«

      Der Spieler nickte. »Wenn es Ihnen recht ist.«

      »Recht ist!« rief Laugran. »Mann, Doc, Sie sind eine Wolke! Und wenn ich noch einmal Zahnschmerzen habe und wüßte, daß Sie in Montana wären, liefe ich Ihnen bis dahin nach. Auguste, du mußt noch einmal in den Hof und den Stall aufschließen.«

      Fünf Minuten später trabte der Georgier auf dem Rücken des Rapp­hengstes aus dem Hof des Eisenwarenhändlers.

      Der weißhaarige Neger stand am Tor und winkte ihm nach.

      »Good luck, Doc, und fare well!«

      *

      Holliday ritt im scharfen Trab in die Mainstreet hinauf, wo er sich mit Wyatt Earp verabredet hatte.

      Der Marshal stand schon wartend neben seinem Pferd vor der Fegefeuer-Bar. Und als er den Hufschlag hörte, blickte er die Straße hinunter.

      Schon an diesem Geräusch erkannte er, daß es kein gewöhnliches Pferd war, das sich da näherte.

      Holliday rief ihm schon von weitem zu: »Alles klar, aufgesessen!«

      Der Missourier schwang sich sofort in den Sattel und trabte neben dem Spieler los.

      »Ging nicht so ganz glatt, was?« rief er ihm zu.

      »Wie man’s nimmt. Es war ein Backenzahn…«

      Die beiden Dodger verließen gegen halb zehn die Stadt und trabten nach Norden davon.

      Aber schon eine halbe Meile hinter der Stadt hielten sie an und schlugen in einer kleinen Mulde ihr Nachtlager auf.

      Wyatt lag mit dem Kopf auf seinem Sattel, hatte sich in seine Jaccarilladecke gewickelt und blickte zu den flimmernden Sternen hinauf.

      Seit dem Augenblick, da ihm der Georgier oben in Dodge die Schreckensbotschaft übermittelt hatte, lag der Schmerz wie ein düsterer Druck in seiner Seele und meldete sich immer dann, wenn er von den Ereignissen des Tages einmal Abstand nehmen konnte.

      Jenny Black war tot.

      Er hatte sie seit vielen Jahren geliebt, ohne es eigentlich selbst klar zu wissen.

      Immer und immer wieder hatte es ihn in das ferne Santa Fé gezogen, aber nie hatte er es für richtig gehalten, mit der Frau zu sprechen.

      Er war nicht auf der Suche nach einer Frau durch dieses Land geritten, aber es war auf die Dauer kein Leben ohne Frau. Sicher, es gab immer wieder Freundinnen hier und dort, in allen Städten, aber es wurde doch Zeit, daß er sich ein neues Heim gründete und an die Zukunft dachte. Es war doch ausgeschlossen, daß er weiter jahrelang in dieser Unrast durch die Staaten ritt, Mördern folgte, Räubern, Menschen, die sich auf ungeheuerliche Weise gegen das Gesetz vergangen hatten, ohne daß er wirklich wußte, wo sein Zuhause war. Dodge? Well, es war natürlich seine Heimat seit fast einem Jahrzehnt, aber er war doch immer allein. Doc Holliday wohnte seit Jahren mit der blonden Kate Fisher zusammen, daß er noch nicht mit ihr zum Reverend gegangen war, um endlich den Ring zu tauschen, lag weniger an dem Doc als vielmehr an dem unseligen Umstand, daß sein Freund, der Marshal Earp, immer einen unaufschiebbaren Ritt hatte, auf den ihn der Gambler dann