Lost Island. Annika Kastner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Annika Kastner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783947115204
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uns auch Storm, aber der al­te Ver­rä­ter tän­zelt schwanz­we­delnd vor Nick auf und ab. »Storm«, brum­me ich vor­wurfs­voll, wo­rauf­hin mich sei­ne brau­nen Augen fra­gend an­schau­en. Plötz­lich be­mer­ke ich ei­nen an­de­ren Poli­zis­ten, der vor La­chen Trä­nen in den Augen hat, wäh­rend Nick noch immer an­ge­pisst aus der Wä­sche schaut und sich den Bauch reibt.

      »Oje, ich hät­te das so gern ge­filmt. Das ist wirk­lich ein Nin­ja­kick ge­we­sen. Film­reif. Lasst mich Hol­ly­wood an­ru­fen.« Ich mus­te­re den blon­den Kerl stirn­run­zelnd, denn ich fin­de das ab­so­lut nicht wit­zig. Miss­trau­isch be­äu­ge ich bei­de – zwei Poli­zis­ten sind schlim­mer als ei­ner.

      »Ha­be ich et­was ver­bro­chen oder was wollt ihr?« Ich rei­be mir über die Ar­me. Die Angst sitzt mir in den Kno­chen, lässt mich frös­teln. Ha­ben sie her­aus­ge­fun­den, dass mein Aus­weis ge­fälscht ist? Ich su­che mit den Augen un­auf­fäl­lig nach ei­nem Flucht­weg, was völ­lig al­bern ist. Ich bin mit­ten in mei­nem Gar­ten. Wo­hin soll ich flüch­ten? Über die Klip­pen?

      »Ja, wir müs­sen dei­ne Per­so­na­li­en auf­neh­men.« Nick schaut mich ernst an.

      »Wa­rum?« Ich zie­he die Augen­brau­en zu­sam­men und ver­su­che, cool zu wir­ken, auch wenn ich in­ner­lich vor Pa­nik zit­te­re. Ich ha­be ih­nen kei­nen Grund zu die­ser Hand­lung ge­ge­ben. Das stinkt doch zum Himmel. Schlag­ar­tig ver­ste­he ich es. Er sagt das nur, um mich aus der Re­ser­ve zu lo­cken. Er will mich är­gern, ge­nießt es ganz of­fen­sicht­lich, wenn man sei­ne zu­cken­den Mund­win­kel be­trach­tet. Sie kön­nen nicht wis­sen, wer ich tat­säch­lich bin. Nie­mals. Da­für bin ich zu vor­sich­tig ge­we­sen und das be­ru­higt mich et­was. Al­so rich­te ich mich ge­ra­de auf, schaue Nick in sei­ne verg­nügt fun­keln­den Augen. Er er­wi­dert mei­nen Blick be­wusst un­schul­dig. Die­ses blö­de Arsch­loch. Ich muss ihm zu­ge­ste­hen, dass er nichts über mei­ne Ver­gan­gen­heit weiß, trotz­dem kann ich nichts ge­gen die Wut, dass sie mir sol­che Angst ge­macht ha­ben, tun.

      »Wir sind hier, weil Nick sonst durch­dreht … Weil er dei­nen Na­men nicht weiß«, er­tönt es vom blon­den Poli­zis­ten, der Storm den Bauch krault. Die­ser Ver­rä­ter seufzt ver­zückt, sein Bein zuckt da­bei. Er hat augen­schein­lich kein Scham­ge­fühl. Er kann doch nicht vor je­dem frem­den We­sen sei­nen Bauch ent­blö­ßen.

      »Dann muss er wohl da­mit le­ben oder durch­dre­hen. Mir ist das ziem­lich egal.« Ich ver­schrän­ke mit Nach­druck die Ar­me vor der Brust. »Das ist Be­läs­ti­gung. Wenn ihr oh­ne Grund hier seid, wie es mir scheint, be­läs­tigt ihr mich. Das ist straf­bar. Soll­tet ihr bei­de auch wis­sen, so­fern ihr gut in eu­rem Job seid. Al­so bit­te ich euch hier­mit of­fi­ziell, mein Grund und Boden zu ver­las­sen.«

      »Es ist Tra­di­tion, die neu­en In­sel­be­woh­ner zu be­grü­ßen. Wir sind ei­ne Ge­mein­schaft und ge­wis­se Din­ge musst du eben ak­zep­tie­ren. Ich wer­de nicht der ein­zi­ge sein, der Hal­lo sagt. War­te ab.« Nick grinst noch brei­ter, mir wird ganz ban­ge. Er lässt sich nicht von mei­ner kal­ten Mi­ne ein­schüch­tern. Meint er es ernst, dass hier mehr von den Be­wohn­ern auf­tau­chen wer­den? Oh, bit­te nicht. Das passt so gar nicht in mei­nen Plan.

      »Er hat recht, du Nin­ja­el­fe, hier er­war­tet man, dass du zu je­dem Stadt­fest kommst und ak­tiv am In­sel­le­ben teil­nimmst«, stimmt sein Kol­le­ge ein. Bei­de ni­cken sich be­stä­ti­gend zu. Oh mein Gott, das ist ja furcht­bar. So viel zum The­ma Ru­he und Frie­den. »Wir sind ei­ne klei­ne Ge­mein­schaft, so ner­vig das sein kann, hier hält man zu­sam­men. Je­der kennt je­den, je­der hilft je­dem. Ein rie­si­ger Hau­fen Mus­ke­tie­re, wenn man so will.«

      »Das ist ein Witz, oder?« Ich stöh­ne in­ner­lich, will mei­ne Ru­he und kei­ne … In­sel­sek­te. Wo bin ich hier nur ge­lan­det? Frü­her hät­te mir das viel­leicht ge­fal­len, aber jetzt? Wa­rum ha­be ich über so et­was nicht nach­ge­dacht? Groß­stadt bie­tet An­ony­mi­tät, die ich hier eigent­lich auch su­che, was an­de­res ha­be ich nicht mal in Be­tracht ge­zo­gen.

      »Al­soooo, wie darf ich dich nen­nen?« Nick an­gelt sich mei­nen MP3-Play­er und wi­ckelt sich das Ka­bel um den Zei­ge­fin­ger. Ich rei­ße ihm das Teil augen­bli­cklich aus der Hand, schnau­be ent­rüs­tet. Er ist so ver­dammt frech. Ich schwö­re, mein Herz klopft nur so wild, weil ich sau­er bin, nicht, weil er mir im­po­niert.

      »Ich möch­te, dass ihr um­ge­hend mein Grund­stück ver­lasst, aber za­ckig!« Ich ma­che win­ken­de Hand­be­we­gun­gen in Rich­tung Stra­ße, spre­che da­bei mit be­son­ders viel Nach­druck. Das müss­te jetzt selbst der letz­te Trot­tel ver­ste­hen.

      »Nick, ich weiß jetzt, was für ei­nen Nar­ren du an ihr ge­fres­sen hast. Sie ist ent­zü­ckend. So wi­der­spens­tig, da­bei so nied­lich ver­packt. Sie macht es dir we­nigs­ten mal schwer, das ge­fällt mir. Al­so, wenn du sie nicht da­test, wür­de ich sie glatt da­rum bit­ten.« Der blon­de Po­li­zist zwin­kert mir zu, ich he­be ei­ne Augen­braue. Sind hier alle so ar­ro­gant? Was ist das, die In­sel der Play­boy-Poli­zei?

      »Ich wer­de nie­man­den daten.«

      »Sie ziert sich nur«, ant­wor­tet Nick gut ge­launt, wo­bei ich nicht leug­ne, dass mir sei­ne schlan­ke Sta­tur mit den de­fi­nier­ten Ar­men sehr zu­sagt – sein Dienst­hemd be­tont je­de da­run­ter­lie­gen­de Er­he­bung. Ob ich will oder nicht fällt mir ein­fach auf, dass er ver­dammt se­xy ist und mein Körper da­rauf rea­giert, was aber ei­ne ganz na­tür­li­che Re­ak­tion ist, be­ru­hi­ge ich mich. Mei­ne letz­te Ver­ab­re­dung ist ewig her, das sind ein­fach Sehn­süch­te, die frei­ge­setzt wer­den. Punkt. Ich mei­ne, je­de Frau hat Be­dürf­nis­se, oder?

      »Re­det nicht über mich, als wä­re ich nicht da. Wenn es nicht so lä­cher­lich wä­re, wür­de ich euch dro­hen, die Poli­zei zu ru­fen, soll­tet ihr euch nicht vom Acker ma­chen.« Ich fah­re mir ge­nervt durch die Haa­re. Ge­nau das ist es, was mir ein Angst­ge­fühl be­schert. Die Poli­zei macht, was sie will. Auch wenn die bei­den hier an­schei­nend nur Spaß wol­len, fühlt ein Teil von mir sich in die En­ge ge­trie­ben und be­droht. Sie wol­len mich ne­cken, ich bin ja nicht blöd, doch mein kran­kes Hirn sieht das an­ders.

      »Okay, lass uns ein De­al ein­ge­hen. Ein Da­te und ich bin weg.« Nick fährt sich mit der Zun­ge über die Lip­pen, mei­ne Augen fol­gen ihm ge­nau. Wie sei­ne Küs­se wohl schme­cken? Mo­ment, was den­ke ich denn da? Bin ich denn ver­rückt ge­wor­den! Er soll ver­schwin­den und kei­ne Fan­ta­sien in mir her­auf­be­schwö­ren. Ich bin de­fi­ni­tiv zu lan­ge allei­ne. Das ist kal­ter Ent­zug! Ich la­che auf, spü­re, dass ich rot wer­de und er mich ge­nau be­ob­ach­tet. Ver­mut­lich ha­be ich ei­nen Son­nen­stich – ja, das ist mög­lich. Da­bei ra­te ich mei­nen Pa­tien­ten stets da­zu, im Som­mer ei­nen Hut zu tra­gen. Sei­ne Küs­se. Ha, was für Ideen ich doch ha­be. Das wür­de in ei­ne völ­lig ver­kehr­te Rich­tung lau­fen. Vor al­lem da sein Blick mir Blit­ze durch den Körper jagt und ein war­mes Krib­beln in mei­nem Bauch aus­löst. Ganz falsch.

      »Ich bin Ha­zel. So, mehr gibt es nicht für dei­nen Seelen­frie­den. Und ja, es exis­tie­ren Frau­en, de­ren Hös­chen nicht direkt feucht wer­den, nur weil ein schnu­cke­li­ger Po­li­zist vor ih­rer Tür steht. Für das Pro­to­koll, da­mit kennst du dich ja aus: Ich ha­be kein In­te­res­se an ei­nem Da­te mit dir, dei­nem Freund oder sonst wem auf die­ser In­sel. Klar so­weit? Ich möch­te mei­ne Ru­he und dass ihr ver­schwin­det. Hau ab. Va' al dia­vo­lo. Piérda­se. Get lost oder auf wel­cher Spra­che soll ich es dir noch sa­gen? Chi­ne­sisch? Zou Kai.« Ich