Lost Island. Annika Kastner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Annika Kastner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783947115204
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mir ge­sam­melt.

      »Wen in­te­res­siert dei­ne Mei­nung, du …«, gif­tet Sal­ly, doch be­vor es aus­ar­tet, lenkt Mags die Auf­merk­sam­keit auf sich.

      »Mum hat er­zählt, dass es vor zwei oder gar drei Wo­chen ver­mie­tet wor­den ist. So­gar bar ge­zahlt für die er­sten drei Mona­te. Ko­misch, oder? Wer zahlt so et­was denn bit­te bar?« Mags schüt­telt den Kopf. »Uns soll es egal sein, weg ist weg. Vom Leers­te­hen wird es je­den­falls nicht bes­ser.« Sie hat recht, das ist mehr als ku­ri­os und in mei­nem Kopf be­gin­nen sich Fra­gen an Fra­gen zu rei­hen. Bar be­zahlt? Da­zu ihr Ver­hal­ten? Der Po­li­zist in mir er­wacht zum Le­ben, will den Fall lö­sen. Ich wit­te­re Ge­heim­nis­se auf zehn Me­tern Ent­fer­nung.

      »Viel­leicht ge­hört sie zu die­sen Leu­ten, die kein Konto ha­ben, weil sie sich be­ob­ach­tet füh­len. Soll es ja ge­ben.« Jo grinst, zuckt dann mit den Schul­tern. »Die­se Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker und so.«

      »Oder ihr Freund«, brum­me ich miss­mu­tig. Den Glücks­pilz wol­len wir ja nicht ver­ges­sen.

      »Freund? Nein, Mum hat ge­sagt, dass die Frau allei­ne ein­ge­zo­gen ist. Nee, war­te, mit ih­rem Hund, ei­nem Dal­ma­ti­ner mit nur ei­nem Ohr. Ihr wisst ja, wie wis­sens­dur­stig Mum ist.« Mags grinst und pro­stet uns zu.

      Dann hat sie mich al­so an­ge­lo­gen, die­ses Biest. Na war­te, man sieht sich im Le­ben immer zwei­mal. Vor al­lem auf die­ser In­sel. Sie hat mich nur los­wer­den wol­len und ich ha­be es nicht ge­checkt. Ich Voll­trot­tel.

      »Soll ich sie mal durch­leuch­ten?« Brads Mund­win­kel wan­dern nach oben, sein Ton ist mehr als zwei­deu­tig. Jetzt fängt er sich wirk­lich ei­ne Kopf­nuss von mir ein, ei­ne ge­wal­ti­ge Kopf­nuss.

      »Du kannst mal die Klap­pe hal­ten, du Horn­och­se«, fei­xe ich. »Du bist schlim­mer als die Dop­pel­kopf­run­de der al­ten La­dys. Ehr­lich. Dir ver­traue ich nichts mehr an. Und du wirst sie nicht durch­leuch­ten. Nie­mand macht das, klar?«

      Wir flach­sen hin und her, wo­bei ich ver­su­che, nicht die gan­ze Zeit an die klei­ne Fee zu den­ken, die sich in mei­nem Kopf fest­ge­setzt hat und nach wie vor ein gro­ßes Fra­ge­zeichen hin­ter­lässt. Ver­dammt, ich bin neu­gie­rig. Ich will sie ken­nen­ler­nen, un­be­dingt. Aber ir­gend­wie be­un­ru­higt mich das auch. Mir geht ge­ne­rell nie­mand so un­ter die Haut. Den­noch schwirrt hier ein Ge­heim­nis um­her und das will ich lö­sen. Kei­ner von uns ist der klas­si­sche Be­zie­hungs­typ, bis auf Jo na­tür­lich, als er sich in Mags ver­liebt hat. Jetzt kann ich sie mir oh­ne ein­an­der nicht mehr vor­stel­len. Bei­de gibt es nur noch im Dop­pel­pack. Lei­der hängt da auch oft Mag­gis An­häng­sel dran – Sal­ly. Auf die könn­te je­der hier ver­zich­ten. Sie hat sich in den Jah­ren ein­fach in ei­ne an­de­re, ma­te­riel­le Rich­tung ent­wi­ckelt als wir.

      Wir wech­seln das The­ma, be­die­nen uns hung­rig am Grill. Theo, ei­ner un­se­rer Freun­de, fei­ert sei­ne Be­för­de­rung und schmeißt das rie­si­ge Bar­be­cue. Er ar­bei­tet in ei­ner gro­ßen Kanz­lei auf dem Fest­land als An­walt. Ihn hat Sal­ly vor mir er­obern wol­len. Mehr als ei­ne wil­de Nacht ist für ihn je­doch nicht drin ge­we­sen. Die­ses mor­gend­li­che hin- und her­pen­deln wä­re mir wirk­lich zu an­stren­gend, aber er geht in dem, was er tut, voll­kom­men auf. Da­bei ist es nicht nur ein­mal vor­ge­kom­men, dass Jo ihn mit sei­nem Kut­ter rü­ber­fah­ren hat müs­sen, weil er sei­ne Fäh­re ver­passt hat. Theo ist das letz­te Faul­tier. Ich hät­te nie ge­dacht, dass er das durch­zieht und An­walt wird, da­zu noch so er­folg­reich. Es passt nicht zu der Nie­te, die ich ken­ne und wel­che nie Haus­auf­ga­ben ge­macht hat.

Seil

      Lei­der kommt der näch­ste Mor­gen viel zu früh. Die Par­ty­nach­we­hen las­sen nicht lan­ge auf sich war­ten, al­so kau­fe ich mir un­ter­wegs ei­nen star­ken Kaffee im Diner, be­vor ich die Wa­che be­tre­te. Ich kann be­quem zur Ar­beit lau­fen und mei­ne Pau­se am Strand ver­brin­gen, ein po­si­ti­ver Aspekt der klei­nen In­sel. Die Dienst­be­spre­chung ist er­eig­nis­los, was sich vor­teil­haft auf mei­nen Brumm­schä­del aus­wirkt. Hier pas­siert nicht viel. Ge­ra­de jetzt, wo die Saison zu En­de geht, ist es ru­hi­ger denn je. Im Som­mer wird sich das wie­der än­dern, es wird klein­ere Delik­te ge­ben, leich­te Ein­brü­che in Autos, Diebs­täh­le am Strand, doch jetzt ist chil­len an­ge­sagt. Manch­mal glau­ben ein paar Jugend­li­che, hier auf den Putz hau­en zu kön­nen, ein aus­ge­ar­te­ter Jung­ge­sel­len­ab­schied oder ge­le­gent­lich bö­se Buben, die der Mei­nung sind, sie kön­nen die Fe­rien­häu­ser kna­cken. Aber sonst? Zeit­wei­se fehlt mir et­was Ac­tion, wo­von ich frü­her in der Groß­stadt mehr als ge­nug ge­habt ha­be. Doch dann den­ke ich an das Meer vor der Tür und die Sehn­sucht nach dem Ner­ven­kit­zel wird et­was klei­ner. Es ist auch nicht un­be­dingt ver­kehrt, in kei­ne Schie­ße­rei zu ge­ra­ten, und ei­nen ent­span­nen Ar­beits­tag zu ha­ben. Frü­her, auf dem Fest­land, hat es ei­ni­ge brenz­li­ge Si­tua­tio­nen ge­ge­ben, die da­zu ge­führt ha­ben, dass ich das The­ma Fa­mi­lie und Freun­din erst mal ab­ge­hakt ha­be. Der Ge­dan­ke, je­man­den zurück­zu­las­sen, ist mir zu­wi­der und nach dem er­sten Streif­schuss, der mich er­wischt hat, so­wie­so. Sie Nar­be da­von tra­ge ich als Mah­nung an mich selbst.

      »Jungs, ab mit euch!« Der Chief nickt uns zu und alle schwir­ren lang­sam aus, um für Recht und Ord­nung zu sor­gen … Oder auf der Pro­me­na­de Kaffee trin­ken, Kat­zen von Bäu­men ho­len – was auch immer der Tag so brin­gen mag.

      »Ich fahr ei­ne Run­de Strei­fe.« Ich neh­me ei­nen Schluck vom Kaffee, der zu ei­ner kal­ten Brü­he ge­wor­den ist, an­gle mir noch schnell das Kuchen­stück, wel­ches un­se­re Schreib­kraft mir je­den Tag mit­bringt. Sie lä­chelt mich schüch­tern an, wo­rauf­hin Brad die Augen gen Himmel ver­dreht. Ein wei­te­rer Schluck des kal­ten Kaffees lässt mich die Na­se rümp­fen. »Igitt!« Ich wer­fe den Be­cher in den näch­sten Müll­ei­mer, wäh­rend ich zum Strei­fen­wagen schlen­de­re, da­bei den Kuchen es­se. Ver­mut­lich ist es un­fair von mir, Car­las Kuchen an­zu­neh­men, da es ein of­fe­nes Ge­heim­nis ist, dass sie für mich schwärmt, aber was soll ich ma­chen: Ich lie­be Kuchen und tue ihr da­mit ja nicht weh. Da­vor hat sie für Brad ge­schwärmt und da­vor … Ach, was weiß ich. Es gibt nicht so viele Sing­les auf der In­sel. Sie ist ein lie­bes Mäd­chen und ich ge­nie­ße den Kuchen, so­lan­ge die Schwär­me­rei an­hält.

      Mein Freund stöhnt auf. »Du willst zum Haus der al­ten Frie­da, oder? Mann, Nick, lass das Mäd­chen doch, wenn sie so schlau ist, dir aus dem Weg zu ge­hen. Stell dir vor, was Sal­ly mit ihr macht, soll­te sie ihr in die Que­re kommt.«

      »Sal­ly?« Ich la­che auf. »Sal­ly ist unin­te­res­sant. Du weißt, dass da nichts läuft. We­der heu­te noch ir­gend­wann. Wir pas­sen so gut zu­sam­men wie Hund und Katz, wir wür­den uns die Augen aus­krat­zen. Ich will mir ja nur mal das Haus an­schau­en und gu­cken, ob alles okay ist. Ist es nicht wich­tig, dass die neu­en Bür­ger sich si­cher füh­len? Dass wir sie will­kom­men hei­ßen? Wo sind dei­ne gu­ten Ma­nie­ren ge­blie­ben?« Ich grin­se, set­ze mei­ne Son­nen­bril­le auf, sa­lu­tie­re vor mei­nem Freund. Da­mit se­he ich aus wie die Poli­zis­ten aus den schlech­ten Fil­men im Fern­se­hen, aber das ist mir egal.

      »Si­cher? Du bist wie der bö­se Wolf, wenn du so grinst. Es macht so­gar mir ein we­nig Angst. Das Mäd­chen kann sich warm an­zie­hen und ei­nem leid­tun. Du bist doch sonst nicht so pe­ne­trant.« Brad schüt­telt den Kopf über mei­ne