Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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Wettlauf sehn?

      Brutus.

       Ich nicht.

      Cassius.

       Ich bitt Euch, tut's.

      Brutus.

       Ich hab am Spiel nicht Lust, mir fehlt ein Teil

       Vom muntern Geiste des Antonius;

       Doch muß ich Euch in Eurem Wunsch nicht hindern.

       Ich laß Euch, Cassius.

      Cassius.

       Brutus, seit kurzem geb ich acht auf Euch;

       Ich find in Eurem Blick die Freundlichkeit,

       Die Liebe nicht, an die Ihr mich gewöhnt.

       Zu unwirsch und zu fremd begegnet Ihr

       Dem Freunde, der Euch liebt.

      Brutus.

       Mein Cassius,

       Betrügt Euch nicht. Hab ich den Blick verschleiert,

       So kehrt die Unruh meiner Mienen sich

       Nur gegen mich allein. Seit kurzem quälen

       Mich Regungen von streitender Natur,

       Gedanken, einzig für mich selbst geschickt,

       Die Schatten wohl auf mein Betragen werfen.

       Doch laßt dies meine Freunde nicht betrüben

       (Wovon Ihr einer sein müßt, Cassius),

       Noch mein achtloses Wesen anders deuten,

       Als daß, mit sich im Krieg, der arme Brutus

       Den andern Liebe kund zu tun vergißt.

      Cassius.

       Darin, Brutus, mißverstand ich Euren Unmut.

       Deshalb begrub hier diese Brust Entwürfe

       Von großem Werte, würdige Gedanken.

       Sagt, Brutus, könnt Ihr Euer Antlitz sehn?

      Brutus.

       Nein, Cassius, denn das Auge sieht sich nicht,

       Als nur im Widerschein, durch andre Dinge.

      Cassius.

       So ist's;

       Und man beklagt sich sehr darüber, Brutus,

       Daß Ihr nicht solche Spiegel habt, die Euren

       Verborgnen Wert Euch in die Augen rückten,

       Auf daß Ihr Euren Schatten säht. Ich hörte,

       Wie viele von den ersten Männern Roms

       (Nur Cäsarn nehm ich aus), von Brutus redend,

       Und seufzend unter dieser Zeiten Joch,

       Dem edlen Brutus offne Augen wünschten.

      Brutus.

       Auf welche Wege, Cassius, lockt Ihr mich,

       Daß Ihr mich heißt in meinem Innern suchen,

       Was doch nicht in mir ist?

      Cassius.

       Drum, lieber Brutus, schickt Euch an zu hören.

       Und weil Ihr wißt, Ihr könnt Euch selbst so gut

       Nicht sehn als durch den Widerschein, so will

       Ich, Euer Spiegel, Euch bescheidentlich

       Von Euch entdecken, was Ihr noch nicht wißt.

       Und denkt von mir kein Arges, werter Brutus.

       Wär ich ein Lacher aus der Menge; pflegt ich

       Mein Herz durch Alltagsschwüre jedem neuen

       Beteurer auszubieten; wenn Ihr wißt,

       Daß ich die Menschen streichle, fest sie herze

       Und dann sie lästre; oder wenn Ihr wißt,

       Daß ich beim Schmaus mich mit der ganzen Schar

       Verbrüdern mag, dann hütet Euch vor mir.

      (Trompeten und Freudengeschrei.)

      Brutus.

       Was heißt dies Jauchzen? Wie ich fürchte, wählt

       Das Volk zum König Cäsarn.

      Cassius.

       Fürchtet Ihr's?

       Das hieße ja, Ihr möchtet es nicht gern.

      Brutus.

       Nein, Cassius, nicht gern; doch lieb ich ihn.

       Doch warum haltet Ihr mich hier so lange?

       Was ist es, das Ihr mir vertrauen möchtet?

       Ist's etwas, dienlich zum gemeinen Wohl,

       Stellt Ehre vor ein Auge, Tod vors andre,

       Und beide seh ich gleiches Mutes an.

       Die Götter sein mir günstig, wie ich mehr

       Die Ehre lieb, als vor dem Tod mich scheue.

      Cassius.

       Ich weiß, daß diese Tugend in Euch wohnt,

       Sogut ich Euer äußres Ansehn kenne.

       Wohl! Ehre ist der Inhalt meiner Rede.

       Ich weiß es nicht, wie Ihr und andre Menschen

       Von diesem Leben denkt; mir, für mich selbst,

       Wär es so lieb, nicht da sein, als zu leben

       In Furcht vor einem Wesen wie ich selbst.

       Ich kam wie Cäsar frei zur Welt, so Ihr;

       Wir nährten uns sogut, wir können beide

       Sogut wie er des Winters Frost ertragen.

       Denn einst, an einem rauhen stürmschen Tage,

       Als wild die Tiber an ihr Ufer tobte,

       Sprach Cäsar zu mir: «Wagst du, Cassius, nun

       Mit mir zu springen in die zornge Flut

       Und bis dorthin zu schwimmen?» – Auf dies Wort,

       Bekleidet, wie ich war, stürzt ich hinein

       Und hieß ihn folgen; wirklich tat er's auch.

       Der Strom brüllt' auf uns ein; wir schlugen ihn

       Mit wackern Sehnen, warfen ihn beiseit

       Und hemmten ihn mit einer Brust des Trotzes.

       Doch eh wir das gewählte Ziel erreicht,

       Rief Cäsar: «Hilf mir, Cassius! ich sinke.»

       Ich, wie Äneas, unser großer Ahn,

       Aus Trojas Flammen einst auf seinen Schultern

       Den alten Vater trug, so aus den Wellen

       Zog ich den müden Cäsar. – Und der Mann Ist nun zum Gott erhöht, und Cassius ist Ein arm Geschöpf und muß den Rücken beugen, Nickt Cäsar nur nachlässig gegen ihn. Als er in Spanien war, hatt er ein Fieber, Und wenn der Schaur ihn ankam, merkt ich wohl Sein Beben: ja, er bebte, dieser Gott! Das feige Blut der Lippen nahm die Flucht, Sein Auge, dessen Blick die Welt bedräut, Verlor den Glanz, und ächzen hört ich ihn. Ja, dieser Mund, der horchen hieß die Römer Und in ihr Buch einzeichnen seine Reden, Ach, rief: «Titinius! gib mir zu trinken!» Wie'n krankes Mädchen. Götter! ich erstaune, Wie nur ein Mann so schwächlicher Natur Der stolzen Welt den Vorsprung abgewann, Und nahm die Palm allein.

      (Jubelgeschrei. Trompeten.)

      Brutus.

       Ein neues Jauchzen!

       Ich glaube, dieser Beifall gilt die Ehren,

       Die man auf Cäsars Haupt von neuem häuft.

      Cassius.

       Ja, er beschreitet, Freund, die enge Welt