Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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nicht reißen. Wenn aber ja was reißt, so gebt Euch nur in meine Hand.

      Marullus.

       Was meinst du damit? Mich in deine Hand geben, du naseweiser Bursch?

      Zweiter Bürger.

       Nun ja, Herr, damit ich Euch flicken kann.

      Flavius.

       Du bist ein Schuhflicker, nicht wahr?

      Zweiter Bürger.

       Im Ernst, Herr, ich bin ein Wundarzt für alte Schuhe: wenn's gefährlich mit ihnen steht, so mache ich sie wieder heil. So hübsche Leute, als jemals auf Rindsleder getreten, sind auf meiner Hände Werk einhergegangen.

      Flavius.

       Doch warum bist du in der Werkstatt nicht?

       Was führst du diese Leute durch die Gassen?

      Zweiter Bürger.

       Meiner Treu, Herr, um ihre Schuhe abzunutzen, damit ich wieder Arbeit kriege. Doch im Ernst, Herr, wir machen Feiertag, um den Cäsar zu sehen und uns über seinen Triumph zu freuen.

      Marullus.

       Warum euch freun? Was hat er wohl erobert?

       Was für Besiegte führt er heim nach Rom

       Und fesselt sie zur Zier an seinen Wagen?

       Ihr Blöck'! ihr Steine! schlimmer als gefühllos!

       O harte Herzen! arge Männer Roms!

       Habt ihr Pompejus nicht gekannt? Wie oft

       Stiegt ihr hinan auf Mauern und auf Zinnen,

       Auf Türme, Fenster, ja auf Feueressen,

       Die Kinder auf dem Arm, und saßet da

       Den lieben langen Tag, geduldig wartend,

       Bis durch die Straßen Roms Pompejus zöge?

       Und saht ihr seinen Wagen nur von fern,

       Erhobt ihr nicht ein allgemeines Jauchzen,

       So daß die Tiber bebt' in ihrem Bett,

       Wenn sie des Lärmes Widerhall vernahm

       An ihren hohlen Ufern?

       Und legt ihr nun die Feierkleider an?

       Und spart ihr nun euch einen Festtag aus?

       Und streut ihr nun ihm Blumen auf den Weg,

       Der siegprangt über des Pompejus Blut?

       Hinweg!

       In eure Häuser lauft, fallt auf die Knie

       Und fleht die Götter an, die Not zu wenden,

       Die über diesen Undank kommen muß!

      Flavius.

       Geht, geht, ihr guten Bürger! und versammelt

       Für dies Vergehen eure armen Brüder;

       Führt sie zur Tiber, weinet eure Tränen

       Ins Flußbett, bis ihr Strom, wo er am flachsten,

       Die höchsten ihrer Uferhöhen küßt.

       (Die Bürger ab.)

       Sieh, wie die Schlacken ihres Innern schmelzen!

       Sie schwinden weg, verstummt in ihrer Schuld.

       Geht Ihr den Weg, hinab zum Kapitol; Hierhin will ich. Entkleidet dort die Bilder, Seht Ihr mit Ehrenzeichen sie geschmückt.

      Marullus.

       Ist das erlaubt?

       Ihr wißt, es ist das Luperkalienfest.

      Flavius.

       Es tut nichts: laßt mit den Trophäen Cäsars

       Kein Bild behängt sein. Ich will nun umher

       Und will den Pöbel von den Gassen treiben.

       Das tut auch Ihr, wo Ihr gedrängt sie seht.

       Dies wachsende Gefieder, ausgerupft

       Der Schwinge Cäsars, wird den Flug ihm hemmen,

       Der, über Menschenblicke hoch hinaus,

       Uns alle sonst in knechtscher Furcht erhielte. (Beide ab.)

      ZWEITE SZENE

       Inhaltsverzeichnis

       Ein öffentlicher Platz

      In einem feierlichen Aufzuge mit Musik kommen Cäsar, Antonius, zum Wettlauf gerüstet, Calpurnia, Portia, Decius, Cicero, Brutus, Cassius und Casca; hinter ihnen ein großes Gedränge, darunter ein Wahrsager

      Cäsar.

       Calpurnia!

      Casca.

       Still da! Cäsar spricht.

      (Die Musik hält inne.)

      Cäsar.

       Calpurnia!

      Calpurnia.

       Hier, mein Gemahl!

      Cäsar.

       Stellt dem Antonius grad Euch in den Weg

       Wenn er zur Wette läuft. – Antonius!

      Antonius.

       Erlauchter Cäsar?

      Cäsar.

       Vergeßt, Antonius, nicht, in Eurer Eil

       Calpurnia zu berühren; denn es ist

       Ein alter Glaube, unfruchtbare Weiber,

       Berührt bei diesem heilgen Wettelauf,

       Entladen sich des Fluchs.

      Antonius.

       Ich werd es merken.

       Wenn Cäsar sagt: «Tu das», so ist's vollbracht.

      Cäsar.

       Beginnt; laßt nichts von den Gebräuchen aus.

      (Musik.)

      Wahrsager.

       Cäsar!

      Cäsar.

       He, wer ruft?

      Casca.

       Es schweige jeder Lärm: noch einmal, still!

      (Die Musik hält inne.)

      Cäsar.

       Wer ist es im Gedräng, der mich begehrt?

       Durch die Musik dringt gellend eine Stimme,

       Die «Cäsar!» ruft. Spricht Cäsar neigt sein Ohr.

      Wahrsager.

       Nimm, vor des Märzen Idus dich in acht.

      Cäsar.

       Wer ist der Mann?

      Brutus.

       Ein Wahrsager; er warnt Euch vor des Märzen Idus.

      Cäsar.

       Führt ihn mir vor, laßt sein Gesicht mich sehn.

      Casca.

       Komm aus dem Haufen, Mensch; tritt vor den Cäsar.

      Cäsar.

       Was sagst du nun zu mir? Sprich noch einmal.

      Wahrsager.

       Nimm vor des Märzen Idus dich in acht.

      Cäsar.

       Er ist ein Träumer; laßt ihn gehn, und kommt.

      (Ein Marsch. Alle bis auf Brutus und Cassius gehn ab.)

      Cassius.