Ceras Abenteuer - Das Geheimnis der schwarzen Stute. Lena Wege. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lena Wege
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783960742838
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war ungewollt in Pferdeträume gerutscht.

      „Cera, komm jetzt, oder willst du alleine ein kaltes Mittagessen essen?“, rief ihre Mutter genervt abermals von unten.

      Vor Schreck rutschte Cera vom Sitzsack. Das Essen hatte sie nun gerade völlig vergessen. Taumelnd ging sie durch die Tür und wäre fast die Treppe hinuntergekullert, hätte sie sich nicht endlich mal zusammengerissen. Ceras Vater aß heute ausnahmsweise mal nicht mit, er war den ganzen Tag in der Kreisstadt, um mit einem Bekannten einige Sachen für den Hof einzukaufen. Es gab Hühnchen und Salat. Salat! Cera hasste Salat. Sie hatte einmal als kleines Mädchen Salat gegessen, dabei erst auf einen kleinen Stein und dann auch noch in eine Babyschnecke gebissen, die im Salatkopf herumgekrochen war. Der Blattsalat war anbaufrisch und aus ihrem eigenen Garten gewesen und da konnte es schon mal passieren, dass beim Ernten eine Schnecke oder sonst was übersehen wurde. Cera schob den Salat weg und stach auf ihr Hühnchen ein. Ihr kleiner Bruder Teresio saß bereits am Tisch und legte immer wieder scheinbar unauffällig Fleischstückchen auf den Boden. Teresio, der von allen immer nur Terry genannt wurde, war der typische Lausbub in Person. Mit seinen wilden roten Locken, dem sommersprossigen Gesicht und dem zahnlückigen Grinsen hätte gerade er auf jede Kinderschokolade-Verpackung gehört.

      Von Ceras Position aus war unübersehbar, was er gerade anstellte. Die Hühnerfleischstückchen waren für Smokey, den Hofkater, das wusste sie nur allzu genau. Der saß bestimmt schon unter dem Tisch und wartete auf mehr. Da zog Cera, sodass es niemand bemerkte, ein Leckerli aus ihrer Hosentasche und legte es auf ihren Schoß. Es handelte sich um Smokeys Lieblingsknabberei. Eigentlich waren Ceras Taschen immer voll mit Leckereien, für jedes Tier auf dem Hof war eine dabei. Bald spürte sie Smokeys seidigen Schwanz über ihre nackten Füße streichen. Schon sprang der rauchgraue Kater mit Bravour und Eleganz in ihren Schoß. Cera legte noch ein wenig mehr dazu, nun sollte er bei ihr bleiben. Während sie sanft seinen Nacken kraulte, streckte sie ihr Bein vor und schob leise die Schale neben Terrys Stuhl zur Seite, in der fast schon ein halbes Hähnchen lag. Nun ließ Terry abermals ein Fleischstückchen von seinem Teller gleiten. Es war aber keine Schüssel mehr da und das Hähnchen klatschte mit einem lauten Platschen auf den Holzboden.

      „Terry“, fragte Cera wie zufällig, „schmeißt du da etwa wieder dein Mittagessen unter den Esstisch?“

      Ihre Mutter stand ahnungsvoll auf und besah sich den Boden neben Terrys Platz. Als sie dort unten drei Hühnerstückchen liegen sah, konnte man förmlich die Fassungslosigkeit in ihr aufsteigen sehen. Sie zog Terry in die Höhe, der zusammengesunken auf seinem Stuhl gekauert hatte. „Du weißt ganz genau, was ich jetzt eigentlich sagen würde!“, herrschte sie ihn an. Das Wort eigentlich benutzte ihre Mutter immer dann, wenn einer von ihnen etwas angestellt und dabei genau gewusst hatte, was er tat.

      „Putz das weg?“, wisperte Terry unsicher.

      „Nein!“, stöhnte Frau Maler und schloss genervt die Augen. Wenn jemand dann auch noch falsch antwortete, brach wirklich das Donnerwetter los. „Du weißt genau, dass das hier unsere eigenen Hühner sind!“

      „Ja?“

      „Dann rechne mal aus, wie viel Geld ich auf dem Markt für dieses Tier bekommen hätte? So viel Taschengeld, wie du in einer Woche bekommst! Hm ... und dafür, dass du das Huhn beim Namen gekannt hast, kommt noch eine Woche kein Taschengeld dazu“, überlegte sie grimmig. Dann beugte sie sich zu ihm hinunter, sah ihm tief in die Augen und fuhr leise fort: „Das war Berta. Jetzt liegt sie auf dem Küchenboden.“

      „Nein!“, rief Terry kläglich. Berta war sein Lieblingshuhn gewesen.

      Stirnrunzelnd sah Cera aus dem Küchenfenster und blickte in das Hühnergehege. Dort stand doch die Henne Berta und pickte in aller Seelenruhe Körner vom Boden.

      „Überleg dir das nächste Mal, was du auf den Boden wirfst, anstatt es zu essen!“, sagte Frau Maler. Wimmernd lief Terry aus der Küche und die Treppe hinauf. Ceras Mutter stöhnte und strich sich die langen, lockigen Haare aus dem Gesicht. „Tut mir leid, wenn ich dir einen Schrecken eingejagt habe. Das Huhn war gar nicht Berta. Ich wollte Terry nur ein bisschen schockieren“, grinste sie ihre Tochter an.

      „Das hab ich bemerkt!“, antwortete Cera und hob ihren Teller hoch.

      „Könntest du bitte das Hähnchen aufheben und es für Ayka herrichten?“, fragte Ceras Mutter und blickte sich kopfschüttelnd um. Sie wirkte ein bisschen überfordert.

      „Sorry, Mama, ich bin spät dran. Ich muss noch Cailie fürs Reiten abholen“, erwiderte Cera bedauernd und ließ Smokey auf den Boden gleiten.

      „Aber ich muss noch die Hasenställe ausmisten. Ich hab so viel zu tun“, grummelte Frau Maler ärgerlich und seufzte.

      „Dann soll es Papa machen“, rief Cera noch beim Hinausgehen über die Schulter. Ihre Mutter seufzte noch einmal. Manchmal hatte sie es mit ihren Kindern nicht leicht.

      *

      *

      2. Das Hindernis

      Ein paar Minuten später stapfte Cera aus dem Haus. Sie trug schwarze, wenn auch etwas dreckige Reitstiefel sowie eine abgenutzte hellbraune Reithose und ein graues T-Shirt. In ihrem Rucksack befanden sich eine Wasserflasche, ein Apfel für den kleinen Hunger und zwei Karotten für den kleinen Hunger von ihrem Lieblingspferd Apple. Sie setzte sich den Rucksack auf den Rücken und den Reithelm auf den Kopf, holte ihr altes Fahrrad aus der Garage und schwang sich in den Sattel. Cera bretterte den staubigen, schmalen Feldweg hinunter und holperte ins Dorf.

      Cailie wartete schon am Ortsrand am Ende des Feldwegs. Sie saß bereits auf ihrem hübschen Wallach. Cailie hieß mit vollem Namen Acalia Blautann. Cailie war nur ihr Spitzname, der ihr irgendwann in der zweiten Klasse von einem gehässigen Viertklässler verpasst worden war, weil dieser der Ansicht war, sie würde aussehen wie ein amerikanischer Teenie-Star und bräuchte deswegen auch einen englischen Namen. Cailie wurde nämlich genauso ausgesprochen wie Keili. Cailie war ziemlich hübsch, schlank und eigentlich immer gut gelaunt. Sie hatte weißblondes, schulterlanges Haar, helle Wimpern und Augenbrauen, die ihre großen tiefblauen Augen umrahmten. Ihre Haut war wie Ceras sehr blass. Deswegen sahen ihre Lippen manchmal ein bisschen zu rot aus, fast so, als wären sie mit kirschrotem Lippenstift angemalt. Genau aus diesem Grund stand ihr die Farbe sehr gut.

      „Hallo Cera!“, rief Cailie schon von Weitem und trabte mit Prince Danny auf sie zu.

      Oh Mann, wie leicht das aussah! So elegant ... Cera betrachtete das Warmblut mit einem verliebten Blick, sodass sie gar nicht merkte, dass sie beinahe eine Katze mit dem Fahrrad überrollt hätte, wenn Cailie nicht „Achtung!“ gerufen hätte. Cera zog augenblicklich die Bremse an und purzelte über den Lenker. Keuchend blieb sie auf der Straße liegen. Zum Glück kam hier nur jede Viertelstunde ein Auto entlanggetuckert.

      Cailie stieg kopfschüttelnd ab und half Cera lächelnd auf. „Du und dein Tick, von dem wirst du noch ganz verrückt!“ Sie nannte Ceras Schwäche, immer mit den Gedanken bei den Pferden zu sein, ihren Tick.

      „Ich hab das eigentümliche Gefühl, dass ich schon längst verrückt bin. Wenn ich jetzt ein Pferd hätte und du keins, dann würde ich nicht mehr so leicht in meinen Träumen verschwinden“, jammerte Cera gekränkt und kratzte sich am Kopf.

      „Schon gut“, lachte ihre Freundin. „Dagegen gibt es nur eine Medizin: Ich leih dir mein Dickerchen aus und du gibst mir das Fahrrad.“

      Schlagartig hellte sich Ceras Mine wieder auf. Blitzschnell saß sie im Sattel, ohne auch nur einen Steigbügel zum Aufsteigen benutzt zu haben. Und ehe sich Cailie versah, hatte Cera sie zu einem Wettrennen herausgefordert. Als Cailie gerade auf Ceras Drahtesel gestiegen war, befanden sich diese und Prince Danny schon am Ende der Straße. Cailie versuchte, Schritt zu halten oder zumindest aufzuholen, doch irgendwann blieb sie erschöpft zurück und Cera wartete auf sie. So fuhren beziehungsweise ritten sie zum Reitstall.

      Der