Uriel. Tanya Carpenter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tanya Carpenter
Издательство: Bookwire
Серия: L. A. Vampires
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9789925331727
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Retourkutsche ansetzen, kam aber nicht mehr dazu.

      »Stopp!« Es war Keshas Stimme, die den Raum erschütterte wie ein Donnerschlag. »Ihr seid beide verrückt. Als ob es darauf ankäme.«

      Ihre Hitzigkeit überraschte alle. Sogar Lloyd zeigte für Sekunden einen Anflug von Verwunderung, ehe er schmunzelnd das Gesicht abwandte. Wer wenn nicht sie hatte das Recht, Kyle in diesem Punkt zurechtzustutzen?

      »Denkt ihr beiden auch mal eine Sekunde daran, was Beth vielleicht gerade durchmacht? Ganz abgesehen davon, dass sie allein das Recht hat, zu entscheiden, wer von euch an ihrer Seite sein soll, wenn der Tag kommt. Im Moment sollten wir jedenfalls nichts unversucht lassen, um sie zurückzuholen. So lange könntet ihr euren Egotrip mal zurückstellen.«

      Betreten senkte Kyle den Blick, und Proud tat es ihm nach. Kesha hatte recht, verdammt noch mal. Sie benahmen sich wie zwei eifersüchtige Highschool-Jungs.

      Ein bisschen wunderte es Proud schon, dass sich Kesha plötzlich so für Beth einsetzte. Er hatte die Beziehung zwischen den beiden Halbschwestern bisher eher angespannt empfunden, aber vielleicht mussten sie sich auch erst aneinander gewöhnen. Keshas Mutter Valerie war sicher nicht unschuldig daran, dass sich der Blickwinkel der jungen, kämpferischen Nephilim veränderte.

      »Also gut, Logan«, sagte er. »Dann hol sie her, deine Strigoi. Auch wenn Lillith sicher zu den Letzten auf diesem Planeten gehört, denen ich mein Vertrauen schenke. Ich werde ihr also auf die Finger schauen, wenn sie sich um Beth kümmert.«

      Logan nickte. In seinen Augen blitzte es flüchtig auf. Wäre Proud paranoid veranlagt gewesen, hätte er es als Drohung auffassen können. Allerdings war es lächerlich, dass ein Cherub eine Strigoi unter seinen Schutz stellte. Die brauchten alles, aber nicht die Verteidigung durch einen Schutzengel. Mit ihren Zaubersprüchen dürften sie ihnen allen weit überlegen sein, und genau dieser Umstand sorgte Proud. Weniger in Bezug auf Lillith, das musste er zugeben, als vielmehr wegen der Strigoi von Greco. Sie war in der Schweiz entkommen. Ihr war es gelungen, Kyle mehrfach unter ihren Einfluss zu bekommen. Wenn ihr das erneut gelang … Er wusste nicht, ob sie seinen Vetter ein weiteres Mal zurückgewinnen konnten. Noch weniger wollte er sich ausmalen, was geschah, wenn Kyle ihr verriet, was Beth wirklich widerfahren war. Oder wusste sie es längst? Genau wie Greco? Und Magnus?

      Kapitel 5

      Blinzelnd nahm Kim ihre unmittelbare Umgebung wahr. Sie wusste nicht, wie lange sie bewusstlos gewesen war. Überhaupt befand sich dort, wo ihr Erinnerungsvermögen sein sollte, nichts als ein großes schwarzes Loch. Ihr Kopf fühlte sich dumpf und wund an, als wäre er mit Glaswolle gefüllt. Einige Fasern derselben mussten weiter nach unten gerutscht sein, denn ihr Hals kratzte und das Schlucken fiel ihr schwer.

      Sie lag in einem abgedunkelten Raum. Immerhin auf einem recht bequemem Bett. Vorsichtig sah sie sich um, was dazu führte, dass sich alles zu drehen begann. Gar nicht gut. Ihr wurde übel. Zwar erkannte sie grobe Umrisse von Schränken und irgendwo links in der Wand schien sich eine Tür zu befinden, doch ganz sicher war sie nicht.

      Kim versuchte es anders und wollte sich auf die Seite drehen. Ein scharfer Schmerz hielt sie augenblicklich davon ab und riss sie fast entzwei. Es presste ihr alle Luft aus den Lungen. Verdammt, was war mit ihr passiert?

      Mit den Fingern tastete sie die Stelle an ihrer Taille ab, wo der Schmerz seinen Ursprung zu nehmen schien. Dort lag ein Verband, der sich klebrig-feucht anfühlte. Gleichzeitig breitete sich ein metallischer Geruch aus. O Gott, war das Blut? Ihr Blut?

      Im selben Moment brach eine Flut von Bildern über sie herein, die Kim augenblicklich wünschen ließ, das schwarze Loch wäre noch da. Reißende Zähne, lang und gelb, von Geifer triefend. Stinkender Atem. Und diese glühenden Augen …

      Ihr Herz raste noch einmal so schnell wie bei ihrer Flucht. Es war ein Wunder, dass sie noch lebte. Im Augenblick des Bisses war sie überzeugt gewesen zu sterben, weil dieser Wolf, oder was immer das gewesen war, sie in Stücke reißen und auffressen würde.

      Warum war sie dann hier? Hatte die Bestie von ihr abgelassen? Hatte jemand das Tier vertrieben und sie gerettet? Aber weshalb war sie dann nicht in einem Krankenhaus?

      All die Fragen bereiteten ihr Kopfschmerzen. Außerdem verschwamm der Raum ständig vor ihren Augen. Vermutlich hatte sie eine Gehirnerschütterung. Schwäche ließ ihre Glieder zittern, also sank Kim wieder auf das Bett zurück und versuchte, sich zur Ruhe zu zwingen. Panik brachte nichts. Sie musste ihren Kopf klar bekommen und herausfinden, was in dieser Nacht passiert war, und wie lange die zurücklag.

      Leise wurde die Tür geöffnet und für einen Moment drang mehr Licht in das Zimmer. Im Türrahmen erschienen zwei Personen, von denen eine männlich und eine weiblich zu sein schien.

      »Ah, sieh mal Prue. Unser Gast ist erwacht. Das ist doch ein gutes Zeichen, oder nicht?«

      Der Mann, der das sagte, betätigte den Lichtschalter, wodurch Kim kurzzeitig geblendet wurde. Aber als sie erneut die Augen aufschlug, justierte sich das Bild und das unsägliche Drehen schmolz zu einem Schaukeln. Sie konnte ihre beiden Besucher deutlicher erkennen, war aber weder der Frau noch ihrem Begleiter je zuvor begegnet. Nicht wissentlich zumindest.

      Erstere beugte sich über sie, wobei ihre purpurfarbenen Haare Kims Hals und Schultern streiften und sie erschaudern ließen. Fasziniert betrachtete sie die einzelne, etwa handbreit dicke, weiße Strähne der Fremden.

      »Mhm!«, machte die Frau. Eine Ärztin schien sie nicht zu sein, obwohl sie augenscheinlich Kims Gesundheitszustand prüfte.

      »Ich denke, sie ist über den Berg. Er hat sie nicht so schwer verletzt, wie es auf den ersten Blick aussah.«

      »Sie blutet noch immer«, schaltete sich der Mann ein, was dessen Begleiterin spöttisch lachen ließ.

      »Beunruhigt dich das, Liebling? Keine Sorge, es ist nicht lebensbedrohlich. Die Blutung steht, es ist nur der Verband, der etwas durchgeweicht ist. Aber das war zu erwarten. Ich mache ihn gleich frisch.«

      Mit geübten Händen löste die Frau den Verband an Kims Seite, betastete die Wunde, was einen reißenden Schmerz auslöste, doch allem Anschein nach blieb der Wundschorf intakt. Anschließend strich sie eine seltsam riechende Textur auf die Verletzung und legte neue Gaze auf, die sie mit einigen Pflasterstreifen befestigte.

      »Schon fertig«, säuselte sie und erhob sich mit einem süßlich-aufgesetzten Lächeln.

      »Der Wolf«, begann Kim. Ihre Stimme klang rostig wie eine alte Gießkanne. »Ist er … tot? Es war doch ein Wolf …, oder?«

      Die Augenbrauen ihrer Therapeutin hoben sich skeptisch. Kim fiel auf, wie perfekt sie waren. Alles an dieser Frau war perfekt. So perfekt, dass es einem fast schon wehtat.

      »Besser wäre es«, murmelte die Schönheit und warf ihrem Begleiter einen undeutbaren Blick zu.

      »Aber Prue! Sei nicht so unfair. Es war ein Versehen, und letztlich ist ihr ja nichts passiert.«

      Prue schnaubte und drehte sich mit rauschenden Röcken um. »Ihr Verband muss in ein paar Stunden wieder gewechselt werden. Am besten stellst du eine Krankenschwester für sie ein, so was ist auf Dauer unter meiner Würde. Ich werde etwas zusammenmischen, das ihren Blutverlust ausgleicht. Der Kopf wird ihr noch ein paar Tage Schwierigkeiten bereiten, aber da sie sich schon wieder erinnern kann, ist der Schaden wohl vertretbar.« Der Blick, den sie dem Mann dabei zuwarf, wirkte, als ginge sie davon aus, dass in Kims Kopf sowieso nicht viel vorhanden war, das Schaden nehmen könnte. Tränen brannten in Kims Augen, schnürten ihr die Kehle zu. Tapfer schluckte sie sie hinunter.

      Kopfschüttelnd blickte der Mann der entschwindenden Prue hinterher, ehe er sich Kim zuwandte. Er sah beinah aus wie ein Indianer, wenn da nur nicht diese türkisfarbenen Augen gewesen wären.

      »Ich bin Greco«, stellte er sich vor. »Und du bist hier in Sicherheit.«

      Sie beäugte ihn misstrauisch. »Das hier ist keine Klinik«, stellte sie fest. »Und Sie sind kein Arzt. Sie sind beide keine Ärzte.«

      Er