"– vorzutragen habe", ergänzte Mr. Jingle.
"Ja, vorzutragen habe", sagte der kleine Mann. "Ich danke meinem ehrenwerten Freunde, wenn er mir erlauben will, ihn so zu nennen" – (vier "Hört, hört!", von denen mindestens eines aus dem Munde Mr. Jingles kam) –, "daß er mir mit dem richtigen Wort ausgeholfen hat. Mein Herr, ich bin ein Deller – ein Dingley-Deller. (Beifall.) Ich kann keinen Anspruch auf die Ehre machen, ein Mitglied der Bevölkerung von Muggleton zu sein, und ich gestehe offen, Sir, ich begehre auch diese Ehre nicht, und warum nicht, sollen Sie sogleich hören, Sir. (Hört!) Ich gönne Muggleton von Herzen alle und jede Ehre und Auszeichnung, die es mit so großem Recht ansprechen kann. Seine Verdienste sind zu zahlreich und allgemein bekannt, als daß ich sie hier aufzählen müßte. Doch wenn Muggleton auch einen Dumkins und einen Podder hervorgebracht, so lasset uns andrerseits nicht vergessen, daß Dingley Dell einen Luffey und einen Struggles aufzuweisen hat. (Tosender Beifall.) Ich bitte nicht, etwa zu glauben, ich wolle die Verdienste der erstgenannten Herren herabsetzen. Nein, Sir; ich beneide Sie um Ihre Triumphe bei dieser Gelegenheit. (Beifall) Jeder der verehrten Anwesenden ist wahrscheinlich mit der Antwort des gewissen Weisen vertraut, die dieser von seiner Tonne aus dem Kaiser Alexander gab: .Wenn ich nicht Diogenes wäre, so möchte ich Alexander sein.' Ich stelle mir vor, die Herren hier denken auch: ,Wenn ich nicht Dumkins wäre, so möchte ich Luffey sein; wenn ich nicht Podder wäre, so möchte ich Struggles sein.' (Stürmischer Beifall.) Doch, meine Herren von Muggleton, ist es bloß das Kricket, in dem sich Ihre Mitbürger so auszeichnen? Haben Sie nicht von Dumkins gehört, wenn von Entschlossenheit die Rede war? Haben Sie nie gelernt, mit dem Namen Podder alles, was Rechtsbegriff heißt, zu verbinden? (Großer Beifall.) Sind Sie je bei der Verteidigung Ihrer Rechte, Ihrer Freiheiten, Ihrer Privilegien, wenn auch nur für einen Augenblick, mutlos und verzweifelt gewesen? Und wenn Sie niedergedrückt waren, hat nicht der Name Dumkins das erloschene Feuer in Ihrer Brust wieder angefacht? Und ist es nicht durch ein Wort von diesem Manne wieder aufgelodert, als wäre es nie erloschen? (Großer Beifall.) Meine Herren, ich fordere Sie auf, den vereinten Namen Dumkins und Podder ein donnerndes Hoch zu bringen."
Der Kleine schwieg, und die Gesellschaft schrie, schlug auf den Tisch, und für den ganzen Abend war der Lustbarkeit und des Lärmens kein Ende. Noch andre Toaste wurden ausgebracht. Mr. Luffey und Mr. Struggles, Mr. Pickwick und s Mr. Jingle wurden nacheinander in Lobeshymnen gefeiert, und jeder bedankte sich pflichtschuldigst für die ihm erwiesene Ehre.
Leider sind wir nicht in der Lage, alle Reden wiederzugeben. Wohl zeichnete Mr. Snodgraß mancherlei auf, doch ist seine Handschrift an diesem Abend fast unleserlich. Wirklich lesbar ist eigentlich nur der Hymnus:
"Wir gehn noch lange nicht,
Wir gehn noch lange nicht,
Wir gehn noch lange nicht,
Bis früh der Tag anbricht."
Neuntes Kapitel: Das den Satz: "Die Liebe ist keine Eisenbahn" in ein helles Licht rückt.
Die stille Abgeschiedenheit von Dingley Dell, die Anwesenheit so vieler Zierden des schönen Geschlechtes und die sorgsame Pflege und Wartung, die sie an den Tag legten, waren der Steigerung jener sanfteren Gefühle außerordentlich günstig, die die Natur tief in Mr. Tracy Tupmans Brust gesenkt hatte und die jetzt bestimmt schienen, sich auf einen liebenswürdigen Gegenstand zu konzentrieren. Die jungen Damen waren hübsch, ihr Äußeres einnehmend, ihr Betragen tadellos, aber in den Augen der jungfräulichen Tante lag ein Seelenleben, in ihrer Miene eine Würde, in ihrem Gang ein gewisses Noli me tangere, worauf jene bei ihrer Jugend keinen Anspruch erheben konnten und worin sie es jedem Weibe zuvortat, das Mr. Tupman je gesehen hatte. Daß in ihrer beiden Wesen etwas Verwandtes, in ihrem Empfinden etwas Übereinstimmendes, in ihrer Brust eine gewisse geheimnisvolle Sympathie lag, war augenscheinlich; ihr Name war der erste Laut, der über Mr. Tupmans Lippen kam, als er blutend im Grase lag, und ihr hysterischer Lachkrampf der erste Ton, der zu seinen Ohren drang, als er nach Hause gebracht wurde. Aber: hatte ihre Aufregung ihren Grund lediglich in einer liebenswürdigen weiblichen Empfindsamkeit gehabt, die bei jeder ähnlichen Gelegenheit zum Vorschein gekommen wäre, oder war sie durch ein tieferes, zärtlicheres Gefühl hervorgerufen worden, das nur er allein unter allen Männern erwecken konnte? Das waren Zweifel, die sein Gehirn marterten, als er hilflos auf dem Sofa lag, Zweifel, die er nun ein für allemal zu lösen beschloß.
Es war Abend. Isabella und Emilie hatten mit Mr. Trundle einen Spaziergang gemacht; die taube alte Frau war in ihrem Lehnstuhl eingeschlafen; das Schnarchen des fetten Jungen drang dumpf und eintönig aus der entfernten Küche herüber; die strammen Mägde lehnten am Hoftor und genossen die Süßigkeit des Feierabends; von niemand beachtet und blind für die Umgebung vor sich hin träumend, saß das verliebte Pärchen da, ineinandergeschlungen wie ein Paar sorgfältig zusammengelegte Handschuhe.
"Ich habe meine Blumen vergessen", sagte die Jungfrau.
"Begießen wir sie", säuselte Mr. Tupman.
"Sie würden sich in der Abendluft erkälten", wendete die Jungfrau zärtlich ein.
"Nein, nein", erwiderte Mr. Tupman und stand auf. "Es wird mir guttun. Ich will Sie begleiten."
Schweigend legte das Mädchen die Schlinge zurecht, in der der linke Arm des Jünglings lag, hängte sich in ihn ein und geleitete ihn in den Garten.
Am oberen Ende desselben lag eine Laube von Geißblatt, Jasmin und Schlingpflanzen, eines jener Ruheplätzchen, die empfindsame Seelen als Zufluchtsort für Spinnen zu errichten lieben.
Die Jungfrau ergriff eine große Gießkanne, die in einem Winkel stand, und wollte eben die Laube verlassen, da hielt sie Mr. Tupman zurück und zog sie auf einen Sitz neben sich nieder.
"Miß Wardle!" begann er.
Die Jungfrau zitterte, bis einige Steinchen, die zufälligerweise den Weg in die Gießkanne gefunden hatten, klirrten wie eine Kinderklapper.
"Miß Wardle", sagte Mr. Tupman, "Sie sind ein Engel."
"Mr. Tupman!" rief Rachel aus und wurde so rot wie ihre Gießkanne.
"Nein, nein", sagte der beredte Pickwickier, "ich weiß es nur zu gut."
"Alle Frauen sind Engel, wenn man den Männern glauben soll", flötete die Dame in scherzhaftem Ton.
"Was wären Sie sonst, oder womit könnte ich Sie ohne Vermessenheit vergleichen?" versetzte Mr. Tupman. "Wo ist das Weib, das Ihnen gliche? Wo sonst könnte ich eine so seltene Vereinigung von geistigen Vorzügen und körperlicher Schönheit zu finden hoffen? Wo sonst könnte ich ... Oh!" Mr. Tupman schwieg und drückte die Hand, die auf dem Henkel der beneidenswerten Gießkanne ruhte.
Das Mädchen blickte errötend zu Boden und flüsterte sanft:
"Die Männer sind voll Lug und Trug."
"Ja, sie sind es, sie sind es", versicherte Mr. Tupman. "Aber nicht alle. Hier wenigstens lebt einer, dessen Herz keinen Wankelmut kennt, einer, der sein ganzes Dasein Ihrem Glück opfern könnte, der nur von Ihren Blicken lebt, der nur in Ihrem Lächeln atmet, der die schwere Bürde des Lebens einzig und allein um Ihretwillen trägt."
"Ja, wer einen solchen Mann finden könnte!" seufzte das Mädchen.
"Sie könnten ihn finden?" rief inbrünstig Mr. Tupman. "Er ist gefunden. Er liegt vor Ihnen, Miß Wardle."
– Und ehe die Jungfrau seine Absicht ahnen konnte, lag er schon zu ihren Füßen auf den Knien.
"Stehen Sie auf, Mr. Tupman", flehte Rachel.
"Nimmermehr", war die entschlossene Antwort. "Oh, Rachel, sagen Sie, daß Sie mich lieben." Er ergriff so stürmisch ihre Hand, daß die Gießkanne zu Boden fiel.
"Mr. Tupman", seufzte die Jungfrau mit abgewandtem Gesicht, "ich kann kaum Worte finden; doch – doch – Sie sind mir nicht ganz gleichgültig."
Mr.