FREMDE HEIMAT. Petra E. Jörns. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Petra E. Jörns
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783957658920
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tippte sich kurz an die Stirn, bevor er sich auf dem Absatz umdrehte und durch das Schott verschwand, Koh im Schlepptau.

      »Soll… sollten Sie ihn nicht besser melden, Sir«, wandte Yael ein.

      Überrascht warf Alan der Offiziersanwärterin einen Blick zu.

      »Ach was! Gut gebrüllt, Löwe«, meinte Dean.

      »Nein, Yael hat recht.« Alan schüttelte den Kopf und trat zu Dean in die Reihe zurück. »Das gefällt mir nicht.«

      »Mir auch nicht«, jammerte Dean mit Blick auf seinen Teller. Mit Elendsmiene begutachtete er den Gemüsebrei, den die Küchenhilfe ihm mit einem Schöpflöffel auf den Teller gegeben hatte.

      Unfreiwillig musste Alan grinsen. »Stell dir vor, es wäre ein Steak.«

      »Ich hasse dich, Alan McBride.«

      Die Krail-on wirken auf den ersten Blick in der Tat recht anthropomorph. Ihre Gesellschaftsstruktur ähnelt in einigen Zügen denen der schottischen Highlandclans, doch ihrem auf Duellen beruhenden Ehrbegriff fehlt auf der Erde jegliche Parallelität.

      Bericht über den Erstkontakt mit den Krail-on, Dr. William Bolden, Marco Polo

      2.

      Auf Alans Monitor kam Unruhe in die Zahlenkolonne.

      »Ein Schiff, Sir!« Nguyen bestätigte, was Alan schon wusste.

      Endlich. Sie krochen nun schon einen Tag im Krail-on-Raum mit Sublichtgeschwindigkeit herum. Viel länger hätte der Commander bestimmt nicht gewartet. Zwei-, dreimal waren Schiffe auf ihren Sensoren aufgetaucht, aber keines hatte Kurs auf sie gesetzt oder Kontakt mit ihnen aufgenommen. Dieses hier kam direkt vor ihnen aus dem Hyperraum. Zwei Wochen waren verstrichen, seit sie den Funkspruch der Antarctica empfangen hatten.

      Alans Finger tanzten über die Tastatur, während er, ohne den Befehl des Commanders abzuwarten, mögliche Flucht- und Abfangmanöver in die Kontrollen der Schiffsführung lud.

      Der Annäherungsalarm durchdrang die Brücke, würde bald Pola, Jäggi und Yael auf die Brücke jagen, um alle Brückenpositionen doppelt zu besetzen.

      Zu Alans Rechter sog Dean scharf die Luft ein.

      »Klassifizierung?«, fragte Delacroix.

      »Keine Irhog.« Nguyen atmete hörbar aus.

      »Klassifizierung, Mister Nguyen.«

      Alans Blick zuckte zu Nguyens Monitor, suchte die Daten dort zu lesen, die darüber wanderten.

      Niemand schien zu atmen, bis Nguyen die Stille brach. »Krail-on, Sir. Sie rufen uns.«

      »Aktivieren Sie die Übersetzungsdatei!«

      »Aye, Sir.«

      Während Alans Finger über den Kontrollen verharrten, beobachtete er, wie Nguyens Hände die Übersetzungsdatei luden. Endlich drückte der Ensign einen Knopf und ein leises Rauschen zeigte, dass er eine Aufzeichnung abrief.

      Alan wandte sich der Kommandotafel zu, die inzwischen von dem Abbild eines fremden Wesens ausgefüllt wurde. Die dunklen Haare des Fremdlings bedeckten dessen ganzes Gesicht. In seinen bis auf die Brust reichenden Zöpfen glitzerten goldene Ringe. Die Augen mit den schlitzförmigen Pupillen funkelten die Menschen aus tief liegenden Höhlen an. Die Stimme des Krail-on hallte wie Donnergrollen durch die Brücke. »Hier spricht Kass-Un Stark von Starks Klinge. Gebt uns Euren Namen!«

      In Alans Ohren klang es, als habe er Delacroix gerade zum Duell herausgefordert.

      Delacroix stand auf und legte die Hände hinter seinem Rücken ineinander. »Öffnen Sie einen Kanal, Mister Nguyen.« Als Nguyen ihm zunickte, straffte er sich und blickte direkt in Richtung des Aufnahmegeräts. »Commander … Kass-Un Jean-Pierre Delacroix vom Aufklärungskreuzer Sydney, Vereinte Nationen der Erde.«

      »Vereinte Nationen der Erde?«, wiederholte der Krail-on, als höre er die Worte zum ersten Mal. »Was ist Euer Begehr?«

      »Wir möchten Handelsbeziehungen knüpfen.«

      »Handelsbeziehungen?« Der Krail-on drehte sich um, sodass sein Gesicht den Aufnahmebereich des Aufzeichnungsgerätes verließ, und sprach mit einer Person, die hinter ihm stand. Nach einer Weile drehte er sich dem Aufzeichnungsgerät wieder zu. »Welche Handelsgüter könnt Ihr uns anbieten?«

      »Gewürze, Rohstoffvorkommen. Ich denke, dass sich sicherlich etwas finden lässt, was Ihrem Geschmack entspricht.«

      »Was wollt Ihr dafür?« Die Augen des Fremdwesens schienen zu glühen.

      Delacroix räusperte sich. »Proviant, Energiereserven. Was Sie entbehren können.«

      Wieder tauschte sich der Krail-on mit der Person außerhalb des Aufnahmebereichs aus, bevor er antwortete. »Kommt mit Eurem Stellvertreter und Eurem Nachfolger auf mein Schiff, damit wir darüber reden können.«

      »Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen gerne Proben unseres Angebots zukommen lassen.« Delacroix verlagerte sein Gewicht.

      Auf der anderen Seite der Brücke fädelte sich in diesem Moment Pola hinter einem leer stehenden Pult ein. Ein Blinken auf Alans Display zeigte ihm, dass sie sich die Navigationsdaten auf ihren Monitor lud. Hinter Pola tauchte Yael auf und besetzte den Platz zwischen Pola und Nguyen. Nur Jäggi fehlte noch.

      Die Zöpfe des Krail-on schlugen um seinen Kopf, als er sich wieder der Person hinter sich zuwandte. Nach einem kurzen Wortwechsel trat eine weiß gekleidete Gestalt neben ihn und verbeugte sich vor den Menschen mit vor der Brust zusammengelegten Händen. Dunkle Zöpfe wurden von weißen Bändern auf ihrem Kopf zusammengehalten, umrahmten ein zartes Gesicht, das aus Ebenholz geschnitten zu sein schien. Neben dem Krail-on wirkte sie wie eine Erscheinung.

      Alan hielt den Atem an.

      »Ich bin Sorai-an. Der Kass-Un bittet Euch durch mich, seine Gastfreundschaft anzunehmen.«

      In dem Moment ließ sich Jäggi mit einem Keuchen wie eine Bombe neben Dean in den letzten freien Stuhl fallen. Alan sah auf und wandte sich wieder der Kommandotafel zu.

      Delacroix legte den Kopf in den Nacken. »Ihr Angebot ehrt mich. Erlaubt, dass ich Ihnen meine Stellvertreterin schicke, um Ihnen in meinem Namen ein Angebot zu unterbreiten.«

      »Womit haben wir Euer Misstrauen verdient, Kass-Un.«

      Alans Blick zuckte zu Delacroix, suchte die Kommandotafel zu durchdringen, um in seinem Gesicht lesen zu können.

      »Wir misstrauen Ihnen nicht. Wir lassen nur die nötige Vorsicht walten«, erwiderte Delacroix kühl.

      Stark ballte die Faust, aber Sorai-an verneigte sich und antwortete an seiner Stelle. »Eure Worte sind weise, Kass-Un. Erlaubt, dass wir Euch eine Auswahl unseres Proviants zukommen lassen, damit Ihr unser Angebot prüfen könnt. Derweil kann Euer Chefingenieur Eure Energiespezifikationen schicken, damit wir Ihnen auch diesbezüglich ein Angebot machen können. Wenn Ihr erlaubt, kann Ihre Stellvertreterin währenddessen Ihre Handelsgüter auf unser Schiff bringen. Sie ist herzlich eingeladen.«

      Alan lehnte sich zurück. Gut, dass diese Sorai-an das Gespräch an sich gerissen hatte. Stark hätte dem Vorschlag des Commanders sicherlich nie zugestimmt.

      »Ich freue mich darauf, unser Gespräch fortsetzen zu können.«

      Sorai-an neigte bei Delacroix’ Worten den Kopf. »Ich ebenso.«

      Nach Sorai-ans Worten wurde die Kommandotafel wieder transparent und gab die Sicht auf den Commander frei, der sich mit den Fingern an den Mund tippte.

      »Komische Typen«, meinte Dean, als der Commander mit White und Racek im Bereitschaftsraum verschwunden war.

      »Findest du?« Alan fixierte seinen Monitor. Die Bilder in Boldens Bericht hatten die bedrohliche