Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Susanne Pavlovic
Издательство: Bookwire
Серия: Feuerjäger
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958691506
Скачать книгу
von Kronas Wunde zeigte. Lomir konnte einmal mehr mit einer seiner Geschichten aufwarten, diesmal von der Bändigung eines Kettenhundes, der sich losgerissen hatte. Der Heiler lauschte gebannt, während er die Wunde reinigte und einen frischen Verband anlegte, und wurde schließlich verabschiedet, ohne dass er weitere Fragen gestellt hätte.

      Schließlich trafen sich die Gefährten unten im Gastraum, um ein verspätetes Mittagessen zu sich zu nehmen und die weitere Vorgehensweise zu besprechen.

      »Es mag in der allgemeinen Verwirrung nach der Befragung untergegangen sein«, sagte Nardon und klappte sein Notizbuch auf, »aber ich habe alles aufgeschrieben, was wir erfahren konnten. Die Details außer Acht lassend, heißt unser nächstes Ziel entweder Dalen oder Zentallo. Wir müssen nun entscheiden, welches Ziel sinnvoller ist.«

      »Sehr gut«, sagte Krona. »Gib mir doch mal das Hühnchen rüber.«

      »Für Dalen spricht: Es ist schneller und einfacher zu erreichen. Außerdem ist zu hoffen, dass wir bezüglich des Marksteins einen Wissensvorsprung haben, den wir ausnutzen könnten. Für Zentallo spricht: Wir wissen, dass es Gyldinns nächstes Ziel sein wird. Laut Karcharoth ist der Zentallo-Schädel der letzte, über dessen Verbleib sie Bescheid weiß. Wenn wir Dalen aussuchen, überlassen wir ihr den Schädel sozusagen kampflos.«

      »Salz, bitte«, sagte Fenrir.

      Mit lautem Knall klappte Nardon sein Notizbuch zu.

      »War vielleicht doch keine so gute Idee, die Besprechung beim Essen abzuhalten«, sagte Lomir und biss in ein Brötchen.

      »Ich glaube, euch ist der Ernst der Lage nicht bewusst«, sagte Nardon.

      »Mir schon«, sagte Krona mit vollem Mund. »Ich muss immer essen, wenn ich in Stress gerate.«

      »Mir auch«, sagte Lomir. »Aber das Essen kalt werden zu lassen, ändert nichts.« Er legte eine Hühnerkeule auf einen Teller und schob ihn Nardon hinüber. »Komm schon«, sagte er. »Die lassen dir sonst nichts übrig.«

      Seufzend legte Nardon das Notizbuch weg und begann zu essen.

      »Wir können die Diskussion abkürzen«, sagte Pintel zwischen zwei Bissen. »Ich hab auf der Fahrt mal ein bisschen mit unserem freundlichen Kapitän Eisensporn geplaudert. Er sagt, Zentallo wird schwierig um diese Jahreszeit. Das, was da draußen stattfindet«, er deutete auf das Fenster, »gehört schon zu den Winterstürmen, sagt er, und in dieser Zeit fährt kein Schiff nach Zentallo hinunter. Die See ist nicht zu befahren, sagt er.«

      »Und wie lange dauert diese Wetterlage?«, fragte Lomir bestürzt.

      »März«, sagte Pintel niedergeschlagen.

      »Mist«, sagte Lomir.

      »Ist doch eigentlich egal«, sagte Krona. »Dann holen wir uns eben den Markstein.«

      »Das gibt’s doch nicht«, sagte Lomir. »Da muss doch mit Geld etwas zu machen sein.«

      »Du kannst mir bezahlen, was du willst, ich fahre nicht mit einem Boot über ein Meer, auf dem Sturm herrscht«, sagte Nardon entsetzt.

      »Schiff«, sagte Lomir.

      »Egal«, sagte Nardon. »Kann alles untergehen.«

      »Erklärt mir mal bitte eines«, sagte Krona nachdenklich und klaubte mit den Fingern letzte Fleischreste von ihrem Hühnerknochen. »Das ganze Dings besteht aus fünf Schädeln und einem Markstein, richtig?«

      »Es ist kein Dings, aber richtig«, sagte Pintel.

      »Und man braucht alle sechs Teile, damit man – was auch immer … dieses Tor aufmachen kann oder so?«

      »Richtig.«

      »Gut. Wozu dann die ganze Aufregung? Wir schnappen uns den Markstein und machen ihn kaputt. Dann kann sie so viele Schädel sammeln, wie sie will.«

      »Ich erwähne es immer wieder gerne«, sagte Pintel. »Man kann ihn nicht einfach kaputtmachen. Es ist ein mächtiges Artefakt. Es ist unzerstörbar.«

      »Kann ich mir nicht vorstellen«, sagte Krona kopfschüttelnd. »Man kriegt doch alles kaputt.«

      »Dann helf ich deiner Vorstellung mal auf die Sprünge«, sagte Pintel. »Du willst ihn zerstören, und plötzlich schießt ein armdicker Energiestrahl aus dem Artefakt und verwandelt dich in ein Häufchen Asche. Oder du willst es zerstören, und plötzlich ziehst du dein Schwert und stürzt dich selbst hinein. Oder, erfreut sich auch großer Beliebtheit: Du willst es zerstören und verlierst mal eben den Verstand und fristest den Rest deines Lebens in einer Zelle.«

      »Ist ja gut«, sagte Krona. »Dann zerstören wir es eben nicht, sondern ziehen es aus dem Verkehr. Werfen es zum Beispiel ins Meer, irgendwo, wo es besonders tief ist.«

      »Nicht schon wieder Wasser«, sagte Nardon schaudernd.

      »Worauf ich hinaus will«, sagte Krona und leckte sich die Finger ab. »Wir brauchen nur eines der Teile, um unsere Feuerfreundin an der Durchführung ihrer Pläne zu hindern. Warum reden wir immer davon, sie alle zu kriegen?«

      »Guter Gedanke, grundsätzlich«, sagte Pintel. »Ich wünschte, ich hätte kein Aber.«

      »Hast du aber.«

      »Ja. Es besteht in Folgendem. Wie Karcharoth sagte, jeder der Schädel ist für sich ein mächtiges zauberisches Artefakt, und Gyldinn hat als eine auf arkaner Energie basierende Lebensform die Möglichkeit, sich die arkane Energie des Artefaktes zugänglich zu machen. Ich vermute, sie war für ihre Verhältnisse schwach, als wir mit ihr zu tun hatten, denn sonst, Fenrir, würdest du nicht mehr mit uns am Tisch sitzen. Sie befindet sich ja hier auf einer ihr fremden Existenzebene und muss arkane Energie aufwenden, um sich zu manifestieren. Je mehr Schädel sie hat, die sie sich nutzbar machen kann, desto größer wird ihr Energievorrat, sprich desto mächtiger wird sie. Und ich möchte sie wirklich nicht treffen, wenn sie alle fünf Schädel besitzt. Wir könnten ihr alles zutrauen. Sie würde uns finden, und sie würde von uns erfahren, wo wir den Markstein versteckt haben. Wir hätten keine Möglichkeiten gegen sie. Wir wären fünf verschmorte Flecken auf dem Boden, wenn sie mit uns fertig wäre.«

      »Also nein?«, sagte Krona.

      »Ja«, sagte Pintel entschuldigend.

      »Was nun? Ja oder nein?«

      »Nein.«

      »Trotzdem haben wir unseren Wissensvorsprung«, warf Fenrir ein. »Wir sollten ihn nutzen. Es ist gut möglich, dass Gyldinn eines der letzten Schiffe nach Zentallo genommen hat. Sie ist uns schließlich immer noch einige Wochen voraus. In diesem Fall sollten wir der verpassten Gelegenheit nicht nachweinen und uns auf Dalen konzentrieren. Falls sie aber, wie wir, auf Bergen festsitzt, können wir den Wettlauf im Frühjahr wieder aufnehmen und die Zeit bis dahin sinnvoll nutzen, indem wir uns um den Markstein kümmern. Was ist im Übrigen mit den zwei verbleibenden Schädeln? Über die wissen wir bisher gar nichts, richtig? Lässt sich das ändern?«

      »Wir haben alle Quellen ausgeschöpft, die wir kannten«, sagte Pintel düster. »Natürlich kann ich eine ganz herkömmliche Recherche starten, das heißt Bücher lesen. Was mir aber zu denken gibt, ist, dass Karcharoth selbst nicht in der Lage war, etwas über den Verbleib der letzten zwei herauszufinden. Wie soll das gerade mir gelingen?«

      »Mit der Einstellung gar nicht«, sagte Lomir und malte mit seiner Gabel einen nachdrücklichen Punkt in die Luft. »Du musst positiv denken! Vielleicht hast du gerade das bisschen Glück, was Karcharoth fehlte.«

      »Ich weiß nicht«, sagte Pintel und wirkte nicht sonderlich positiv.

      »Wo wäre denn ein guter Ort für eine solche Recherche?«, fragte Fenrir.

      »Na ja«, sagte Pintel. »Dalen wäre schon nicht der schlechteste. Sie haben eine Academia und eine gut ausgestattete Bibliothek. Ich war da schon.«

      »Hervorragend«, sagte Lomir zufrieden und spießte einen Bratapfel auf. »Dann machen wir es wie folgt: Lasst mich heute noch versuchen, eine Schiffspassage nach Zentallo zu bekommen. Wenn