Sie schlug hart auf. Der Aufprall raubte ihr fast das Bewusstsein, aber ihre Reflexe taten noch ihren Dienst. Sie sah nichts als eine lange Doppelreihe feiner, nadelspitzer Zähne, von denen Geifer tropfte, und rammte mit aller Kraft ihr Brett hinein. Das Monster heulte auf und zog sich zurück, eine Waffe! Eine Waffe! Sie tastete wild um sich, erwischte ein Stück aus den Trümmern und riss es hoch, führte es im Liegen gegen Fänge und Klauen und Reißzähne, die sich von oben auf sie hinunter senkten. Verzweifelt versuchte sie, auf die Beine zu kommen, doch ein gewaltiges Gewicht lag auf ihren Oberschenkeln und hielt sie an Ort und Stelle, und gleich darauf
Schmerz!
Krona schrie und riss ein Stück des Eisenträgers in die Höhe, gerade als sich ein neues, entblößtes Gebiss gelb und stinkend auf ihr Gesicht senken wollte. Die Fänge des Monsters schnappten um den Eisenträger zusammen, es schüttelte wild seinen hässlichen Kopf und kam immer weiter auf Krona herunter. Ihre Arme wurden lahm, Krämpfe schüttelten ihre Muskeln, und es tut so, so weh.
Das unrühmliche Ende einer glanzvollen Karriere. Ein fernes Lächeln legte sich auf ihre Mundwinkel. Der glorreiche Hauptmann Karagin, in Liedern besungen, Trägerin des goldenen Verdienstordens, in einem dunklen Loch von stinkenden Monstern aufgefressen. Werden sie das auch singen, in ihren Liedern?
Plötzlich, ein dumpfes Tonk. Das Monster über Kronas Gesicht kippte zur Seite weg, ein Armbrustbolzen hatte seine Stirn zerschmettert. Eine Axt wirbelte neben ihr durch die Luft, der Zwergen-Schlachtruf ertönte, und eine weitere Kreatur ging zu Boden. Stinkende Flüssigkeit rann aus ihrem aufgeschlitzten Bauch. Rückwärts kriechend versuchte Krona, aus dem Kampfbereich zu gelangen, doch etwas saß immer noch auf ihren Beinen. Sie sah nach unten. Ein riesiges, ameisenähnliches Wesen kauerte über ihr und hatte die Fänge tief in ihren Oberschenkel vergraben. Das Gesicht der Kreatur war bis über die Augen mit Blut verschmiert, und immer neues Blut quoll zwischen seinen Kiefern hervor. Rosig leuchtete das aufgebrochene Fleisch zwischen Dreck, Ruß und Stofffetzen.
Der Schmerz ließ nach, als Kronas Bewusstsein sich entfernte. Da gab es Dunkelheit, die wohltuend war und still. Sie musste sich nur fallen lassen.
Ich mag nicht mehr kämpfen.
Auf die Beine, Soldatin, du jämmerliche Heulsuse! Sterben kannst du ein andermal, jetzt gibt es einen Krieg zu gewinnen, also pack dir einen Arsch in die Hose und Krona riss gewaltsam die Augen auf und klammerte sich an den Schmerz wie an eine rettende Hand. Er brachte sie fast um, aber er hinderte sie daran, sich fallen zu lassen, und sie griff hinunter und packte den Kopf des Monsters mit beiden Händen. Der Panzer des Wesens war glitschig von ihrem eigenen Blut, und sie brüllte ihn wortlos an, während sie ihn aus ihrem Fleisch löste und von sich herunter stemmte. Kaum hatte sie ihn neben sich zu Boden geworfen, schlug ein Armbrustbolzen von irgendwoher in seiner Stirn ein und tötete ihn auf der Stelle.
Kronas Atem ging laut und schmerzhaft, es wollte gar nicht genug Luft in ihre Lungen strömen. Vergeblich versuchte sie aufzustehen, und blieb schließlich auf der Seite liegen. Schatten tanzten vor ihren Augen, sie hustete. Obwohl ihre innere Stimme sie weiterhin anbrüllte, schwand ihre Aufmerksamkeit. Einer der tanzenden Schatten trug eine mächtige Streitaxt, deren Blatt im Feuerschein rot glühte, er schnitt einem anderen Schatten die Seite auf, der sich krümmte und zu Boden stürzte. Ein dritter versuchte, sich davon zu schleppen, und brach dort zusammen, wo ihm der Kopf abgetrennt wurde. Ein weiterer und letzter starb unter der Tür an einem Armbrustbolzen, der ihm tief zwischen die Schulterblätter drang. Dann wurde es ruhig.
Ruhig, und dunkel.
»Krona! He, Krona! Jetzt nicht ohnmächtig werden, hörst du?«
»Lomir«, murmelte Krona und wünschte, er würde aufhören, sie zu schütteln.
»Gut erkannt«, sagte der Zwerg. »Und jetzt los. Ich brauche deine Hilfe. Ich kann dich unmöglich tragen, und du musst raus hier. Kannst du stehen?«
»Ja«, sagte Krona, zog sich an Lomir hoch und fiel sofort wieder um.
»So viel dazu«, sagte Lomir. »Nardon! Wir brauchen ein Seil!«
»Kommt sofort«, ertönte Nardons Stimme von oben. Krona blinzelte hinauf und sah ihn an dem Loch, das sie vergeblich zu erreichen versucht hatte, wie er seine Armbrust zurückzog. Gleich darauf tanzte das Ende eines Seiles zu ihr hinunter. Mit halber Aufmerksamkeit verfolgte sie, wie Lomir ihr das Seil um Brust und Hüften schlang und es geschickt verknotete. Sie war dankbar, dass er sie nicht bat, für diesen Zweck aufzustehen.
»Bleib, wo du bist«, wies er sie an. »Ich nehme die andere Treppe hinauf. Nardon kann dich nicht alleine hochziehen.«
»Da sind noch andere«, murmelte sie heiser. »Da draußen.«
»Keine Sorge. Ich weiß auf mich achtzugeben.«
Übelkeit krampfte ihr Inneres zusammen, und sie rollte auf die Seite und erbrach sich heftig. Blutverlust, ging es ihr durch den Kopf, aber das Wort wollte keine rechte Bedeutung gewinnen. Dumpfer, pochender Schmerz wütete in ihrem linken Bein.
Es tut so weh. Bitte, ich brauche eine Pause. Das ist ja nicht zum Aushalten.
Irgendwann ruckte es an dem Seil, das um sie geschlungen war. Sie hörte Lomirs Stimme, tat automatisch, was er ihr befahl, stellte sich auf die Füße und hielt sich am Seil fest. Verschwommen nahm sie wahr, wie sie hochgezogen wurde. Hände streckten sich durch das Loch und nahmen sie in Empfang. Die Luft war klarer hier oben und nicht so angefüllt mit beißendem Rauch, das Atmen fiel leichter. Jemand strich ihr Haarsträhnen aus der Stirn, es fühlte sich gut an. Da waren Leute um sie, ihre Gesichter schwebten über ihr in der Dunkelheit wie blasse Ballons, ruh dich aus, alles wird gut. Etwas berührte ihre Lippen. Bereitwillig öffnete sie den Mund. Abgestandenes, schales Wasser rann ihr über die Zunge, sie hustete und schluckte und hustete und versuchte zu atmen.
»Den guten Schnaps trinkt ihr wieder selber, oder was«, murmelte sie schwach.
»Wenn du wieder stehen kannst gibt’s auch wieder Schnaps«, hörte sie Lomir, bemüht aufmunternd, doch gleichzeitig drang auch ein leises Schniefen an ihr Ohr, und sie erkannte die Hände auf ihrer Stirn als Pintels.
»So viel Blut«, flüsterte Pintel. »So viel Blut.« Sie spürte, wie er mit einem feuchten Tuch über ihre Wangen wischte, und fing seine Hand mit einer fahrigen Bewegung in der ihren.
»Ist nicht alles meins«, murmelte sie.
»Das, was aus deinem Bein rausläuft, aber schon«, schniefte Pintel. »Es tut mir so leid, Krona. Ich hätte schneller sein müssen mit meiner Warnung.«
»Was ist denn eigentlich passiert? Plötzlich war ich woanders ...«
»Teleportfalle«, erklärte Pintel. »Eigentlich ein Klassiker, ich habe nur nie zuvor einen gesehen. Du überschreitest eine bestimmte Linie oder Markierung und wirst an einen anderen Ort versetzt.«
Fenrir kam in ihr Blickfeld, er beugte sich über ihr Bein, sein Gesicht war dunkel.
»Das sieht übel aus«, sagte er. »Wir müssen diese Wunde versorgen, und zwar schnell.«
»Ist nicht weiter schlimm«, murmelte Krona. »Mach einen Verband drum, dann kann ich wieder.«
»Rede keinen Unsinn, Hauptmann«, wies er sie zurecht. »Du weißt selbst am besten, dass diese Wunde gereinigt werden muss, oder du bist in drei Tagen tot.«
Er machte sich an ihrem Hosenbein zu schaffen. Neuer Schmerz riss an ihr, und sie stöhnte auf.
»Sei doch vorsichtig!«, hörte sie Pintels angespannte Stimme.
»Ich bin vorsichtig«, sagte Fenrir. »Trotzdem wird es jetzt weh tun.«
Fenrirs