Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Susanne Pavlovic
Издательство: Bookwire
Серия: Feuerjäger
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958691506
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      »Wie gewohnt bringst du es in deiner liebreizenden Soldatensprache auf den Punkt«, sagte Fenrir, ohne sich umzudrehen.

      »Und ihr wollt das wirklich tun?«, fragte Krona.

      »Von Wollen kann keine Rede sein«, sagte Lomir. »Wir haben stundenlang diskutiert. Wir sehen keinen anderen Weg.«

      »Vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, mich an dieser Diskussion zu beteiligen?«

      »Du musstest dich dringend erholen, und uns lief die Zeit davon. Wir haben jetzt nicht einmal mehr zwölf Stunden, bis unser Schiff kommt. Wenn es kommt.«

      Krona sah Lomir an, beschloss dann aber, auf seine letzte Bemerkung nicht weiter einzugehen.

      »Tröste dich«, sagte Pintel. »Du hast nicht zu jedem Zeitpunkt der Diskussion etwas verpasst. Viel davon war fruchtlos.«

      »Und Fenrir zu überzeugen, hat ohnehin länger gedauert als alles andere zusammen«, sagte Lomir.

      »Verständlich, oder«, sagte Krona.

      »Es wird ihm nichts passieren«, versicherte Pintel. »Ich hab gelesen, dass manche Medien sich hinterher nicht mal daran erinnern.«

      »Das wird ja immer schöner«, schnaubte Fenrir.

      »Manche was?«, fragte Krona.

      »Leute, die Geistern ihre Stimme leihen«, erklärte Nardon.

      »Ah«, sagte Krona. »Danke. Nun, täuscht mich mein Eindruck oder hab ich recht, dass die Entscheidung im Grunde schon gefallen ist?«

      »Na ja«, sagte Pintel. »Wir wollten jedenfalls noch deine Meinung hören.«

      »Aber ihr alle seid dafür, es zu machen?«

      »Lasst uns abstimmen«, sagte Lomir. »Wer ist dafür? Hand hoch.« Er selbst hob seine Hand. Pintels Hand folgte sofort, dann, in größerem Abstand und zögernd, Nardons.

      »Ihr solltet gar kein Stimmrecht haben«, sagte Fenrir. »Schließlich bin ich es, den ihr für dieses Unternehmen braucht.«

      »Aber wir dürfen eine Meinung haben, ja?«, fragte Lomir bissig.

      »Fenrir«, sagte Pintel. »Wir bitten dich, uns diesen großen Gefallen zu tun. Ich verspreche dir, es wird gänzlich unschädlich für dich sein.«

      »Ich habe mein Einverständnis bereits gegeben«, sagte Fenrir.

      »Momentchen«, sagte Krona. »Was ist mit den Risiken? Ich könnte doch schwören, dass es welche gibt. Was, wenn dieser – Geist – uns entwischt?«

      »Dann kehrt er dorthin zurück, von wo ich ihn gerufen habe«, sagte Pintel. »Er ist ja nicht gerne hier, wird also freiwillig seinen Aufenthalt nicht verlängern. Das einzige Risiko besteht darin, dass er versucht, nun ja, sich an mir zu rächen. Für die Störung und den Zwang.«

      »Und wie könnte das aussehen?«

      »Ich weiß nicht«, sagte Pintel vorsichtig. »Er könnte irgendetwas mit meinem Geist anstellen.«

      »Er macht dich zum Idioten«, schnaubte Krona. »Na prima.«

      »Das wird nicht passieren«, versicherte Pintel. »Ich kann ihn heimschicken, bevor er zu mächtig wird.«

      »Nur der Vollständigkeit halber«, sagte Krona. »Ich bin dagegen. Ich denke nicht, dass man jeden Plan ausführen muss, nur weil man keinen anderen hat.«

      »Vertrau mir«, sagte Pintel. »Ich hab das schon im Griff.«

      »Dieser Ausspruch steht ganz oben in meiner Liste der Berühmten letzten Worte.«

      »Denk an die Vorteile«, sagte Lomir. »Er hat alle Informationen, die wir brauchen! Es würde Monate dauern, bis wir sie zusammengetragen hätten. Was für eine Gelegenheit!«

      »Was, wenn er nicht über dieses Thema plaudern möchte?«

      »Er muss«, sagte Pintel. »Dafür beschwöre ich ihn ja. Das ist Teil des Zaubers. Überdies dürfte es eines seiner Lieblingsthemen sein. Es ist schließlich sein Lebenswerk.«

      »Ich sehe schon«, sagte Krona. »Ihr wollt nicht auf mich hören. Ich hoffe nur, dass wir es nicht bereuen werden. Tote Menschen! Als ob dieser Ort nicht schon grausig genug wäre.«

      »Ich werde zwei oder drei Stunden für die Vorbereitungen brauchen«, sagte Pintel. »Und zuvor werde ich ein Schläfchen machen. Man geht besser frisch an ein solches Vorhaben. Wartet nur ab! Unser beschwerlicher Ausflug hierher wird noch reiche Früchte tragen.«

      »Besser wäre das«, murmelte Nardon.

      Es war dunkel. Etwas zog, dann stärker, dann ein Sog, der ihn mit sich riss. Er stürzte oder wurde gezogen. Ein Wille, der ihn lenkte, ihm den Weg wies wie Leuchtfeuer im Nebel. Er wehrte sich. Kälte umfing ihn, und er stürzte in einen bodenlosen Schacht. Eine schwache Neugier erwachte zusammen mit seinem Bewusstsein. Ein Wirbel von Farben, eine dunkle Masse, die auf ihn zu raste, dann ein Augenblick der Orientierungslosigkeit. Die Leuchtfeuer flackerten. Etwas Vertrautes zog ihn an, aber die Leuchtfeuer wiesen in Richtung von etwas Fremdem, er sträubte sich mit aller Macht, er wollte den einfachen Weg wie ein Blitz, der sich zur Erde entladen will, und dann wurde der Weg plötzlich frei und mit Erleichterung verströmte er sich im Vertrauten, kam an und erwachte.

      Karcharoth öffnete die Augen.

      Nicht meine Augen.

      Panik.

      Nicht meine Panik.

      Eine sterbliche Hülle.

      Interessant.

      »Ich sollte nicht hier sein«, sagte er.

      Nicht meine Stimme.

      »Ich bin es, Meister Karcharoth, der Euch zurück an diesen Ort rief und Euch nun bittet, zu verweilen und einige Fragen zu beantworten.«

      Ein kleiner Mensch, von dem Macht ausgeht. Sie verbindet sich mit der Macht dieses Ortes. Ich kenne ihn, diesen Ort, jede Strömung der Macht in diesem Gemäuer ist mir so vertraut, ich könnte ihr mit geschlossenen Augen folgen. Die Verbindung der Mächte hält mich, obwohl eine Sehnsucht in mir ist nach dem Vorherigen. Ich werde ein Weilchen bleiben. Lange genug, um meine Neugier zu befriedigen.

      »Fragen«, wiederholte er, um sich mit der neuen Stimme vertraut zu machen. »Fragen worüber?«

      »Über ein Wesen von den Feurigen Ebenen, das Ihr beschworen habt. Und über die Vorrichtung, mit deren Hilfe Ihr es getan habt.«

      Erinnerungen stiegen an die Oberfläche seines Bewusstseins. Lange vergangen.

      »Gyldinn«, sagte er.

      »Wie bitte?«

      »Das ist der Name, den ich ihr gab. Gyldinn, die Strahlende.«

      »Erzählt mir über die Vorrichtung, mit der Ihr sie beschworen habt.«

      Karcharoth richtete den Blick auf den kleinen Mann in der Mitte des Beschwörungszirkels.

      »Warum?«, fragte er.

      Verwirrung.

      »Äh«, sagte der kleine Mann, »wisst Ihr, es – na ja, es ist nicht vorgesehen, dass Ihr Fragen stellt.«

      Karcharoth lächelte, kaum merklich hoben sich die Mundwinkel.

      »Ich bin bekannt dafür, Unvorhergesehenes zu tun«, sagte er.

      »Die Einzelteile der Vorrichtung sind verschollen«, sagte ein Dritter und trat vor Karcharoth hin, ein breitschultriger Zwerg mit geflochtenem Bart und teurer, aufwendiger Reisekleidung. »Wir möchten sie finden und wieder zusammenbauen. Dazu benötigen wir so viele Informationen wie möglich.«

      »Zusammenbauen«, wiederholte Karcharoth und leistete sich eine Spur von Spott. »Nun, so das Euer Ziel ist, kann ich nur hoffen, Ihr beauftragt jemanden damit, der den Unterschied zwischen einem Artefakt und einem Haufen Bauklötzchen kennt.«