Dramen. Friedrich Maximilian Klinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich Maximilian Klinger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783849629533
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warm machen.

      BLUM. Guten Morgen, guten Morgen, Herrchen! Du siehst verflucht zerstreut aus.

      LOUIS. Du darfst davon reden. Hast du heunt wieder dort logiert?

      BLUM. Laß dir den Spuk erzählen!

      LOUIS. Hier sind andre Dinge.

      BLUM. Laß dir nur erzählen! Ha, ha, was hätt ich drum geben, wär mein junger Graf dagewesen.

      LOUIS. Wo denn? mach nur hurtig!

      BLUM. Laß mir Schokolade bestellen! Weißt wohl.

      LOUIS. Ausgemergelter! – Mach nur fort; du sollst dich wundern hernach.

      BLUM. Hör, mach mich nicht bös mit deiner Eil! Was soll das? Nu hör. Gestern abend nach der Komödie war ich bei Sophchens, nun das versteht sich.

      LOUIS. Was du nur da machst?

      BLUM. Ich figurier, wie die schlechten Komödianten, närrisch, bitter närrisch. Wem tut's weh? Nu gut. Da waren die Schönegeister.

      LOUIS. Was gehen mich die Kerls an?

      BLUM. Hör nur das Zeugs! Junger Herr, man kommt ja nicht aus mit dir. Das sind dir nun Kerls, hatten das Maul beständig voll von Versen, Amors und den Schwänk', das geht mich nichts an. Weiter! Champagner, Bourgogner, Malaga floß; da fühlten sie sich bei den Maidels – anfangs gingen sie mit ihnen um, wie mit Göttinnen; ganz sanft und seiden, wurden endlich wilder. Da führt der Teufel auf einmal drei Offiziers herbei, die rochen sie gleich. Der eine kam zu mir: »Was tun die Hunde da? wir brauchen die Maidels –«

      LOUIS. Ich laß dich zum Haus hinausschmeißen.

      BLUM. Hör nur, wie sie geprügelt wurden.

      LOUIS. He! die Peitsche!

      BLUM. Ich rauf dir die Haare aus, Lecker, du. Was steckt dir im Kopf? Schokolade bestell!

      LOUIS. Setz dich! Du gehst mit dem Brand um.

      BLUM. Ein trefflicher Mensch.

      LOUIS. Blum, entschließ dich diesen Augenblick, alles haarklein zu erzählen; oder ich schieß dich zusammen. Siehst du hier?

      Nimmt eine Pistole, schließt die Tür ab.

      BLUM. Was dann? Bist du mondsüchtig?

      LOUIS. Mehr als mondsüchtig. Sag! du mußt's wissen, wie steht der Brand mit der Gesandtin?

      BLUM. Guter Freund mit dem ganzen Hause.

      LOUIS. Will ich das wissen? Du kommst mir nicht vom Fleck. Ich laß meine Leute kommen, bind dich an, und laß dich hauen, bis du gestehst.

      BLUM. Mich?

      LOUIS. Ich hab keine Vernunft mehr. Wärst du mein Vater, ich macht es so. Wie steht der Brand mit der Gesandtin?

      BLUM. Was weiß ich?

      LOUIS. Du weißt, sie hat mich rasend gemacht. Und meinst du, ich wollt mich immer mit den elenden – begnügen? heraus mit; wie stehn sie zusammen? Und wenn dir's im Grund des Herzens säße; ich reiß es heraus.

      BLUM. Wie kann ich's aber wissen?

      LOUIS. Weil du's wissen mußt, und weil ich Spur hab. Ich will dir's erzählen. Schon viele Nächte hatt ich mein Lager auf der Gesandtin ihrer Schwelle, die Witterung mochte sein, wie sie wollte. Vor einigen Tagen war ich in der Nachbarschaft; hörte den Brand im Garten eine Melodie blasen, lernte sie, gestern abend auf ihrer Schwelle blas ich's ihm nach – o Donner! Donner! ihre Engelstimme!

      BLUM. Was? was?

      LOUIS. Sie öffnete das Fenster, rief »Brand, Brand!« ich war's, zu dem sie's rief. Nun was machst du Augen, Balg? Wie steht dir's an? Hab ich Spur? hab ich?

      BLUM. Daß dich der Donner erschlüg in die Erd hinein! Hättst du mich erschossen, wär mir lieber. Nun ich will dir's sagen, sie lieben sich, ja sie hängen zusammen von ihrer Kindheit. Aber hör noch das! Du weißt, daß ich alle Menschen hasse; alles, alles, was Mensch ist, Mann und Weib, nichts such, als ihnen zu schaden, so sehr ich kann. Bei Brand mach ich eine Ausnahme; ihm will ich mein Leben geben, nutzt's ihm was. Und wo du was unternimmst, wo du's verrätst, so stoß ich dich mit dem Brotmesser übern Haufen, und sollt ich auf'm Rad sterben! Hörst, du, Taugnichts? Das bist du; kannst nichts anders sein; der Fürst machte dich im Ehebruche, verführte deine Mutter, und dein Vater ließ es geschehen und nahm Geld; du kannst nichts Bessers sein. Daß dich der Donner erschlüg! meinen Brand! – ein Brotmesser, gräflicher Bube, wo ich dich treff, ein Brotmesser, und du sollst krepieren! Das ist meine Meinung.

      LOUIS. Bist du fertig? Und du sollst mir behülflich sein, mußt es sein. Ich muß sie an meine Brust drücken, und sollt ich über euch alle hinaus.

      BLUM. Den Teufel sollst du! eine alte Hexe, der die Kinnladen herausstehen, die Zähne gefault sind, die weiße Haare ums Kinn hat. Mit Warzen und Finnen überzogen, und die Beine zusammenrappeln, wenn du sie anrührst. – Ein Brotmesser, gräflicher Bube!

      LOUIS. Sei ruhig, du! Schokolade, Schokolade, nicht wahr Blum? Schokolade, da kommt dir's wieder?

      BLUM. Legt sich nächtelang hin. Hätt ich's gewußt, du hättest mir liegen sollen.

      LOUIS. Mit dem Alten, dem Gesandten, allen wär's aus gewesen, ich trieb's zurück.

      BLUM. Gewaltiger Ruhm! die Absichten –

      LOUIS. Für was hältst du mich, Blum, für ein Bête? Der Geheimderat sollte diesen Morgen Audienz haben, ich hab's ihm absagen lassen. Wär die Gesandtin nicht – sie sollten mir gebüßt haben. Wie sind sie meinem Vater begegnet! Und mir, der Franz, der Alte war mir auch schnippig. Aber sie! – Blum, leb auf, wenn ich sie nenn, abgestorbener Ast ohne Saft, leb auf! Du fühlst, ich seh dir's an, du fühlst. Ist's Wunder? einen Toten müßten ihre Blicke zum Leben bringen.

      BLUM. Du sollst mir nicht zu deinem Zweck kommen, sollt ich meinen Mund voll Gift dir entgegentragen, um dich zu vergiften.

      LOUIS. Schokolade!

      Zweite Szene

      Gesandtin. Gesandter.

      GESANDTIN. Gewiß nicht, Lieber!

      GESANDTER. Nein, dir liegt was auf'm Herzen, und was dir ist, ist mir auch; dir kann nichts wehe tun, was ich nicht doppelt fühle. Laß mich den Gedanken nicht herumschleppen! Um meiner Ruhe willen, liebes Malchen, sag, was ist dir?

      GESANDTIN. Nichts, Wilhelm, nichts. Du kennst mein weiches Herz, du weißt, was die Einbildung für Vermögen über mich hat, wenn sich einmal so was eingeschlichen hat – es ist würklich nichts, lauter Einbildung, sei ruhig!

      GESANDTER. Malchen!

      GESANDTIN. Sieh mich nicht so an, ich möchte gleich weinen. Gütigster! wie verdien ich's!

      GESANDTER. Wie kannst du so was sagen, Beste? es kränkt mich. Sag, was kann ich tun? alles will ich tun. Ich fürcht immer, ich begegnete dir nicht wie ich sollte. Ach, daß man nicht sein eigen ist, und so die Stunden des Lebens einem vergällt werden. Du mußt denken, die Schuld sei oft nicht mein.

      GESANDTIN. Genug, genug, lieber Wilhelm! ich wär glücklich. Du hast Wort gehalten, heiliges Wort hast du gehalten. Du gehst mit mir um – Wilhelm!

      GESANDTER. Und du! Find ich nicht alle meine Glückseligkeit in dir? Wenn ich nur so eine Stunde des Tages mit dir zubringen kann, bin ich getröstet, und müßt ich auch noch einmal soviel Beschwerden und Bitterkeiten ausstehen. So ein Weib wie du – liebes Malchen, was sind denn alle Bitterkeiten der Welt. Malchen!

      GESANDTIN. Zu wem sagst du das?

      GESANDTER. Du bist doch gar zu weich. Weinst schon wieder. Du mußt was haben, das dir Kummer macht. Sag mir's; ich kann nicht ruhig sein.

      GESANDTIN. Nichts, nichts.