Dramen. Friedrich Maximilian Klinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich Maximilian Klinger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783849629533
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lassen?

      FRANZ. Ich bin hier, hör dem Lied schon lange zu, die Stunde schlug, ich sah nach dem Mond, flog denn hieher.

      JULIE. Sei willkommen, lieber Franz, beim Mondenschein!

      FRANZ. Liebliche Sonne, tötest du den Mond und die hellen Sterne. Deine Augen! – gib mir Liebe, Flügel, daß ich zu ihr flieh!

      JULIE. Franz, gute Nacht! Hast du die Szene übersetzt vom Romeo?

      FRANZ. Ich konnte nicht; sah meine Liebe; vergaß Romeos seine.

      JULIE. Gut, daß die Nacht meine Scham verbirgt. Romeo, ich lieb zum erstenmal, du könntest mich in andre Welten ziehen, hör meine Liebe nicht, hör nicht, was sie sagt bei dunkler Nacht!

      FRANZ. Mehr, mehr, könnt ich die Nacht verlängern!

      JULIE. Nicht so laut, Franz! die Nachbarn hören's. Mein Vater schläft im Nebenzimmer.

      FRANZ. Nur die Liebe hört's.

      JULIE. Hör meine Liebe nicht! Ich sagt es nicht.

      FRANZ. Gib mir alle Liebe; ich will sie wahren, bei dem Glanz des heiligen Monds.

      JULIE. Schwöre nicht! Du hast sie ganz. Könnt ich dir immer geben, könnte immer noch geben. Gute Nacht, gute Nacht! ich kann dir immer Liebe geben, unaufhörlich Liebe geben; gute Nacht!

      FRANZ. Geh nicht weg, holde Liebe! ich steh bis an hellen Tag.

      JULIE. Du siehst mich morgen. Gute Nacht!

      FRANZ. Muß ich gehen? Engel, heilig sei die Nacht!

      JULIE. Heilig sei die Nacht! gute Nacht!

      FRANZ. Dein Schlaf sei selig. Gute Nacht!

      Vierter Akt

      Erste Szene

      Von Brand. Blum.

      V. BRAND. Zwei lange, lange Tage hab ich sie nicht gesehen. Visiten und Gesellschaft; ach! das ewig daurende Gebrause. All das Geschmeiß nähert sich ihr, wärmt sich an ihrer Gottheit. Ich möchte sie all erwürgen; sitze da in der Ecke – und der Louis! Blum, der Louis! er küßte ihre Hand, er küßte sie auf eine Art – warum stieß ich ihn nicht nieder!

      BLUM. Narr, Narr; wirst du denn nie gescheit? Zwei Tage, denk doch, zwei Tage war er nicht allein mit ihr. Zog er doch mit in alle Gesellschaften; ging's nicht an, rastete er nicht, bis er sie sah? Meinst du, man wüßte nichts? Hast du jetzt nicht im Kramladen gestanden, gepaßt stundenlang, bis sie vorbeifuhr, und da nickte sie? He! Hans Hasenfuß!

      V. BRAND. Sagt dir das der Teufel?

      BLUM. Mein Teufel, Narre! Ich hab dich wohl hineinwischen sehen. Da schäckerte er mit dem Kaufmannsmädchen, kaufte ihr allerlei ab, um nur Zeit zu gewinnen. Nun, Herr, zwei Tage! denk doch!

      V. BRAND. Wenn du wüßtest, was mir der Gedanke ist – Hölle und Tod! der Louis! Kerl, ich werd rasend!

      BLUM. Was? Was? Weißt du was?

      V. BRAND. Nichts, nichts, aber ich kenn ihn, den Buben, er sieht sie an – mit Augen –

      BLUM. Freilich!

      V. BRAND. Das Landfestin morgen; sie dabei; der Louis auch!

      BLUM. Ist Festin?

      V. BRAND. Der Baron gibt's auf der schönen Heide beim Dorf, ich ausgeschlossen! Was werd ich machen? sie alle um sie herum; alle Herzen freudig in ihrer Gegenwart. Der wollüstige Bube! Blum, es dauert nicht, es kann nicht dauren; einer von uns muß weg! Ich halt's nicht aus; einer muß!

      BLUM. Ich bitt dich, Brand, laß dich leiten! Daß dich das Wetter; was soll denn das werden noch all? Willst du Zeugs anfangen, das alles am Tag liegt? Willst du dich um den Kopf bringen? sie umbringen?

      V. BRAND. Mich tausendmal.

      BLUM. Was kann dir der Bube verschlagen? Hast du keine beßre Meinung von Malchen?

      V. BRAND. Laß dich küssen für den Gedanken, bester Blum! Ja sie ist's, ein Weib – ich knie nieder, wenn ich sie denk. Oh, was sie leidet, Blum, wenn du den Kampf sähest, der ihr zartes Herz zerreißt –

      BLUM. Nu, was ist denn nun? Was soll denn alles Gewinsel? Meinst du denn, es dauert immer so fort? Und für den Louis sei unbesorgt; er läuft Tag und Nacht nach Sophchens, nach der Reih. Denk schon, er soll bald liegen. Ich war ein Herkules gegen so einen Buben, und 's hat ein Ende. Daß dich der Teufel!

      V. BRAND. Weißt du was, Blum, ich geh hinaus morgen in aller Früh ins Dorf; setz mich auf ein Haus verkleidet, seh sie, und da wird mir's sein – Ach wenn ich sie vor mir seh, den ganzen Engel vor mir schweben, – ich soll ferne sein!

      BLUM. Kommt dir's schon wieder?

      V. BRAND. Nein, ich will mich maskieren; wenn alles in Ordnung ist, unter die Tänzer mischen.

      BLUM. Laß dich kastrieren, armer Junge, armes Gehirn!

      V. BRAND. Schweig, wenn wir Freunde bleiben sollen!

      BLUM. Nu gut! Du ließest dich in einen Papillon verwandeln, nur um sie beständig herumflattern zu können. Ich laß mir alles gefallen, hätt ich nur auch einmal wieder Mark in den Knochen!

      Zweite Szene

      Doktor. Franz.

      FRANZ. Doktor, lieber Doktor; mit mir ist's aus! O der verfluchte Hund, der Hund, der Hund! Er ist weg, ich soll sein Blut nicht haben, um drin zu baden mit meinen Händen, meinen Grimm zu löschen, fort, fort, fort ist er! Böser Bube, du sollst mir nieder, und sollt ich dich von einem Pol zum andern mein Leben durch suchen; und hab ich dich – Lieber Doktor!

      DOKTOR. Franz, bist du von Sinnen?

      FRANZ. Von Sinnen; wohl von Sinnen! Stell dich weiter; ich hauche Gift. Ach das braust in mir! Lieber Doktor, ich habe meine Liebe verloren, ich habe mein Leben verloren.

      DOKTOR. Was ist's denn nun?

      FRANZ. Der Läufer.

      DOKTOR. Der Bube! Der Schwätzer, hat er einen Hundsstreich gemacht?

      FRANZ. Daß ich ihn hätte, in meiner Gewalt, wie wollt ich ihm seine verfluchte Zunge aus dem Halse reißen, heiß braten, und ihm die Augen mit ausbrennen! Der Bube! Er hat uns getrennt, mich von meinem Leben gerissen. Ach, die Szene von diesem Morgen! wie sie zitterte, mir 's Papier gab, wo sie's draufgeschrieben – Mein Stolz, mein verdammter Stolz; den der Gedanke erregte, sie gibt dem Geschwätz eines Jungen Gehör! – Ich konnte, mochte nicht reden – Läufer! Läufer!

      DOKTOR. Worauf kommt denn alles an? Schwätz, red!

      FRANZ. Lieber Doktor; der Bube fing einiges auf. Du kennst meine Offenherzigkeit, daß ich in Sachen, wo ich fühle, wie ein Trunkner bin, und schwatz – er führte mich zuerst hin, wußte alles – schlich uns nach – das alles trug er verkehrt zu – ich weiß nicht, was – wo ich anfangen soll? Hätt ich ihm nur schon eine Kugel vor den Kopf geprellt, wär's schon ordentlich hier.

      DOKTOR. Er hat geschwätzt, ich hör schon alles. Warum gehst du mit so Jungens? Ich wär schon längst hingegangen, könnte ich den Gedanken ertragen, daß die Kerls um sie herum sind. Den Läufer sah ich gleich dafür an, als er kam, Scharrfüße machte; sagte, er wär ein Freund von dir; langes und breites redete; da dacht ich gleich, er müßte schwätzen, kostete es andrer Leben.

      FRANZ. Eine Kugel! Eine Kugel!

      DOKTOR. Die Karbatsche für so Jungens! Was eine Kugel? Das wär dich prostituiert. Abgepeitscht wie Hunde; einen Tritt, zur Tür hinaus, das ist die Kost für so Kerls!

      FRANZ. Ach wenn du wüßtest, was ich all, all leide; sie leidet. – Gestern abend kommt er zu mir aufs Kaffeehaus, fällt mir um den Hals,