Dramen. Friedrich Maximilian Klinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich Maximilian Klinger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783849629533
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an.« Ha, ha, ha, der ** ist doch ein charmanter Mensch. Kein Franzos kann so galant von etwas reden, als er. Die Vorurteile macht er doch alle so liebenswürdig lächerlich. Und sein Pinsel – in Wollust und Freude getaucht, und von Grazien geführt. Wie er so toll mit dem Dings umgeht, die Überspannung heruntersetzt. Ha, ha, ha, die Überspannung; da ist's aus, liegt man an der krank. Deutschland wär eine Mördergrube ohne ihn. Er gibt den Ton jetzt; der einzige für die galante Welt.

      GESANDTIN am Klavier. Was nennst denn du galante Welt?

      LOUISE. Das war gefragt, gnädige Frau! Was galante Welt? Fragen Sie den Herrn v. Brand, den **. Sie sind ein paar Tage schon tiefsinnig, Sie waren es nie so arg. Ihr Adonis –

      GESANDTIN. Schweig!

      LOUISE. Wenn Sie's erlauben, bin ich verliebt in ihn. Großer Gott! wie vergingen mir die Sinnen auf der letzten Redoute! All das Idealische, Überirdische; jede Bewegung Grazie – wenn er tanzte! gnädige Frau, ich hab manchen schönen Mann gesehn.

      GESANDTIN. Schweig!

      LOUISE. War ich doch so glücklich, in Teutschland zu finden, was meine Augen nirgends sahen. Ein Frauenzimmer wie Danae mit der sanften Schattierung von Psyche, und darf ich's sagen – einen Agathon.

      GESANDTIN. Du machst mich böse.

      LOUISE. Auch wieder gut, gnädige Frau. Soll ich lesen, wie Agathon die Danae schlafend fand? Ich hol ihn von der Toilette.

      GESANDTIN. Ich will nichts mehr von ihm wissen, vom ganzen ** nichts. Ein weiblich Aug sollte nicht hineinschauen. Hätt mich Gott bewahrt; mit dem Brand wär ich nie so weit gekommen.

      LOUISE. Mon Dieu! wer kann's Ihnen denn auch recht machen? Bald so, bald so. Franz, der schwere Engländer, sagt immer: »Weib, dein Name ist Schwachheit«, sollte sagen Veränderlichkeit. Vor wenig Tagen ging nichts übern **.

      GESANDTIN. Brand! Brand! Hast mich meinem Mann, meinem treuen Mann geraubt.

      LOUISE. Was vor Einfälle, gnädige Frau! Lachen Sie, muntern Sie sich auf! Sie werden ja so kleinstädtisch, wie eine honette Bürgersfrau.

      GESANDTIN. Schweig, sag ich dir. Unglückliche! Spielt eine Melodie.

      LOUISE. Nun das war doch wirklich zum Sterben traurig. Doch nicht Ihre Phantasie, gnädige Frau? Das lautet gar erbärmlich. Nehmen Sie was Munteres. Ich will was im ** lesen. Kostbarer **

      GESANDTIN. Wo du noch ein Wort redst! – Ach tief! tief gefallen. Behüte mich Gott! tief gefallen!

      LOUISE. Das versichre ich aber auf meine Seele, daß ich nie eine Mannsperson gesehen habe, so in ihrem ganzen herrlichen, männlich schönen, hinreißenden Wesen, als den Brand auf der Redoute. Wie seine Seele an Ihnen hing, Sie sein einziger Gedanke, sein einziges Sein schienen, wie seine Augen sich in Ihren Reizen verloren! Und beim Walzen! er glühte, war weg. Aug gegen Aug. Der Himmel um Sie beide – und so hinausgefahren – Blitz! – göttlich! göttlich!

      GESANDTIN. Er ist schön, sehr schön. Könnt ich's verbeten, die Stunde verbeten! Er ist schön, Louise, und Gott weiß, das Weib ist schwach.

      LOUISE. Mit Ihrem ewigen Seufzen! er ist schön, und hinten der moralische Satz nach, wie in einer Leichenpredigt: das Leben ist bitter. Desto besser, wenn er schön ist. Soll er's nicht sein?

      GESANDTIN. Mein Mann! war ich nicht da, seine einzige Glückseligkeit auszumachen, für ihn ganz allein da?

      LOUISE. Ich will Ihnen was vorspielen. Spielt ein französisch Lied.

      GESANDTIN. Mir vorspielen? ja, spiel mir vor! Ich konnte meine Seele oft laben an meinem Klavier. Es ist nun so, mag's denn! Könnt ich meinen Mann ansehen – aber dann, dann seh ich all meine Schuld. Und die Güte! Hier liegt's – – – Was sind das für Gedanken? was spielst du! was sollen diese Töne? Du reißt mich aus meiner Fassung. O Brand! Brand!

      LOUISE. Wie gefiel Ihnen diese Passage?

      MALCHEN. Mama! Mama!

      GESANDTIN. Was ist dir?

      MALCHEN. Der Franz hat mich gejagt.

      FRANZ. Die kleine Närrin, ich wollte sie tragen, da lief sie.

      MALCHEN. Er geht aber auch gar wild mit einem um. Verdirbt mir die Frisur, und ich werd gezankt.

      FRANZ. Wie steht's, Schwester? Munter; lustig! Nun ich glaub fast, Liebe, hier hängt dir ein Tränchen.

      GESANDTIN. Wohl gar.

      FRANZ. Wir gehn zu Tische, Schwester! Ich wollte dich abholen.

      Fünfte Szene

      V. Brand in seiner Stube.

      V. BRAND. Soll ich hingehen? soll ich? du trinkst mehr Gift. Soll ich? will ich? Da liegt's. Ich will, will immer, weil meine Sinne trunken sind. »Ich weiß nicht, was mich ängstet, lieber Brand!« das fiel mir aufs Herz. Sie ängstet sich. O du heiliger Engel! Könnt ich's gutmachen, alle Männer sollten mich mit Pfriemen hauen, bis ich meinen Geist aufgäbe. Hier steht sie vor meiner Seele – ich muß sie sehn. Diese Nacht!

      Sechste Szene

      Nachtessen.

      Geheimderat. Gesandter. Gesandtin. Franz. v. Brand.

      GEHEIMDERAT. Sei doch ruhig, Sohn!

      GESANDTER. Franz, ich hab's gesehn, wie's in der Welt geht. Laß jetzt deinen Kopf ganz heraus, hier muß laviert sein. Um die Klippen herum ganz leise durchgeschlichen! Stürme du drauflos, und du scheiterst. Es ist gefährlich, auf der offnen See mit einem lechen Kahn zu schiffen, und leider! ist das unsre Lage.

      GEHEIMDERAT. Der Gesandte hat recht, Sohn! Was das für ein Elend ist, wenn man so gehen muß. Ist aber nun einmal. Menschheit! Ich hab alles aufgeopfert, und Gott weiß, es ist mir nicht weh drum. Jetzt, wo ich bloß darauf ging, des Fürsten Nutzen zu befördern –

      FRANZ. Ich kann nicht zuhören! Machen Sie's zusammen. Ich reit noch diese Nacht weg. Ich will von allem nichts wissen und hören. Blieb' hier, ich stieß' alles nieder.

      GEH. RAT. Tollkopf! was wird genutzt? Ha! was wird genutzt? Ich bin alt. Denk, dein Vater ist alt. Soll ich durch deine Unbesonnenheit Ehr und Leben verlieren?

      FRANZ. Ruhig, lieber Papa, ich bin's auch, will's sein. Ich versprech Ihnen, von allem nichts zu wissen. Ich will so unwissend ruhig sein –

      GEH. RAT. In deinen Jahren war ich auch so, immer mit der Hitze der erste. Ehe ich mich's versah, lag ich.

      FRANZ. Alles nach Ihrem Willen, Papa.

      GEH. RAT. Nun gut, ich trau dir viel zu, aber nur kälter! Nun, mit der Zeit wird's schon kommen. Was hab ich nicht in der Welt gelitten, Franz, bis ich's so weit bracht, und wär ich nie hingekommen. Hätt ich eine Hacke genommen, dem ersten besten Bauern fürs Taglohn gearbeitet! Was hab ich nun? daß ich meine Kräfte Undankbaren verschwendet, die mich stürzen wollen. Zwanzig Jahr ging alles durch meinen Kopf, mußte allen Freuden des Lebens entsagen, hab geduldet, und dulde noch.

      FRANZ. Ich lern's von Ihnen. Und was auch über mich ergehe.

      GEH. RAT. Dient's denn zu was, junger Mensch? In der Welt geschieht nichts durch Sprünge. Laß uns gehen, wie rechtschaffne Leute, am Ende muß sich's finden. Was dein Doktor letzt sagte, fällt mir immer ein. »Es war ein breiter Fluß«, sagte er, »saß einer am Ufer, mußte hinüber, und wußte doch nicht hinüberzukommen. Auf dem gegenseitigen Ufer saß ein Poet, sang ihm das Lied vor vom Pegasus, wie der über Berg, See und alles geflohen. Das ärgerte den Kerl. Kam einer zu ihm, sagte: 'Hör, ich will dich hinüberbringen. Ich hab da einen Kahn, er ist zwar lech, ich will dich aber hinbringen.' Der Kerl ruderte, und so kamen sie hin über den Fluß. Er gab dem Mann ein Trinkgeld, schmiß den Poet hinter die Ohren« – und so geht die Welt, junger Herr!

      FRANZ. Recht, lieber Vater!