DOKTOR. Laß ihn!
FRANZ. Ach, und meine Liebe! sie hängt an mir, ich kann sie nie wiedersehen.
DOKTOR. Schlaf nur aus; ras aus; denn wird's gut sein!
FRANZ. Du weißt, Doktor, daß das nicht gehen kann. Ja sie sollte es vergessen – aber daß sie ihm Gehör gegeben! Ihre Delikatesse, wenn sie's glaubt – Julie! meine Liebe!
DOKTOR. Nur Morgen abgewartet!
FRANZ. Noch gab sie mir ein blaues Band um den Hut, den du mir gabst – Minna, wir begegnen uns wieder. Wie ich vor ihr auf den Knien lag, Doktor! ich hab nie vor einem Weib gekniet. »Franz, wir begegnen uns wieder«, sagte sie; mein Stolz, mein Stolz! Minna, wir begegnen uns wieder!
Dritte Szene
Blum. Louis.
BLUM. Nu Herrchen, so stattlich geputzt; auf wen zielt's?
LOUIS. Du weißt ja, das Festin ist heute.
BLUM. Hm, man hat mir's gesagt.
LOUIS. Baron, fordere! – Was willst du haben? Wünsche, verlange, was steht dir an? Red nur, Blum, ich will dir geben! Was willst du?
BLUM. Dir das Genick brechen.
LOUIS. Narr!
BLUM. Wie gut wär's dem ganzen Land, wenn du, Pest, verscharrt lägest! Brennt dein Herzchen noch?
LOUIS. Ich hab was anders, Blum. Du weißt noch nichts; wenn ich dir erzählen sollte?
BLUM. Brennt dein Herz noch?
LOUIS. Ein Mädchen, Blum – Lovelaces Bouton de rose, niedlich, niedlich und fest.
BLUM. Louis, ich sag dir noch einmal, wagst du dich was vorzunehmen, mein Brotmesser tief ins Herz! Ich hab geschworen; und rissen sie mir ein Glied nach dem andern vom Leibe, du mußt nieder, nieder, nieder! Merk, ich schleiche dir nach. Geh zu Huren; oder, verstehst du mich, ein Brotmesser.
LOUIS. Wie stellst du dich, Blum?
BLUM. Ein Brotmesser, nahst du dich der Gesandtin nur mit Worten. Adieu!
LOUIS. Wart doch; wo willt du hin?
BLUM. Zu Sophchens.
LOUIS. Diese Nacht komm ich! hörst du, Blum? Diese Nacht.
BLUM. Meine Erklärung!
LOUIS. Komm mir wieder! Rasch denn Zeit weg! O des verfluchten Schneckengangs! Immer, immer gespannt und getrieben. Zeit rasch weg; oder stocke alles!
Vierte Szene
Gesandtin. Louise. Verschiedene Masken vor ihnen.
LOUISE. Wenn Sie die Schäferin nehmen wollten; Ihre englische unschuldige Miene! Es läßt dabei Ihrer Taille so gut – Die Schäferin, gnädige Frau!
GESANDTIN. Was? würde mir nicht das Kleid ein Vorwurf sein? Auf meiner Stirne steht das geschrieben mit unauslöschlichen Buchstaben; ich erschiene im weißen Kleide der Unschuld? Hier alles, alles anders? Nein, nicht die Schäferin, das waren unschuldige Mädchen.
LOUISE. Wenn's Ihnen aber nun schöner steht? –
GESANDTIN. Und ich mir widerspräche im Herzen? Schwarz will ich gehn!
LOUISE. Um 's Himmels willen, schöne Frau! – es ist nicht auszustehen! Am besten wär's, wir behingen das Zimmer ganz schwarz, brennten ein schwaches Todeslichtchen, und weinten uns zu Grabe. Und das, weil eine schöne Mannsperson in Sie verliebt ist; die tollste Nouvelle!
GESANDTIN. Treibst du's noch länger –
LOUISE. Nun dann?
GESANDTIN. Du mußt mir aus den Augen!
LOUISE. Geh ich zum Herrn von Brand, werde seine Aufwärterin. Schwarz wollen Sie gehen? Denken Sie nur, wenn Brand Sie sähe – Ich möchte wohl wissen, wie's jetzt mit ihm steht?
GESANDTIN. Ach! – Das Schwarze also nicht!
LOUISE. Nehmen Sie eine Amazone. Einen Hut mit weißer Feder und goldner Tresse, und reiten Sie hinaus!
GESANDTIN. Stürb ich, und hätt mein Totenkleid an! Dahin zu fahren? Louise, so angst war mir's noch nie ums Herz. Dieser Tag! Dieser Tag!
LOUISE. Schon wieder geschwärmt? Lassen Sie uns eine Maske aussuchen! Probieren Sie einige, daß wir fertig werden. Der Herr kommt. Sie abzuholen.
GESANDTIN. Nenn ihn so! Ich träumte schrecklich diese Nacht.
LOUISE. Ist das Wunder? ich bitt Sie, Ihr Kummer fängt Sie an zu verstellen: würklich er wird merklich. Sie werden sich ins Grab bringen.
GESANDTIN. Werd ich das? Hab Dank dafür! Ja ich glaub's, Louise, es wird, kann nicht lange mehr dauern.
LOUISE. Haben Sie Lust dazu? – Auf was anders zu kommen, wenn Sie die Feenkönigin nähmen? Der gnädige Herr hat Sie gestern abend drum gebeten –
GESANDTIN. Die Feenkönigin? Schweig!
LOUISE. Tun Sie's doch; das kleidt Sie englisch, englisch! Alles zu bezaubern, und in Flamme zu setzen! Die Feenkönigin.
Gesandter kommt.
GESANDTER. Nun, Liebe, bist du fertig?
LOUISE. Gnädiger Herr, die Feenkönigin?
GESANDTER. Tu's – ich seh dich gern so.
GESANDTIN. Lieber Wilhelm!
Fünfte Szene
Offener Platz. Tanz und Musik.
Von Brand auf der Gegenseite, auf einem Bauernhaus. Blum inwendig.
V. BRAND. Schweb, schweb, schweb dahin im göttlichen Schwung, von meinen Augen dahin, Liebesgöttin!
BLUM inwendig. Nun, ist sie da?
V. BRAND. Die Feenkönigin – nun ja die Feenkönigin. Ich will dir nahe kommen, mich an deiner Sonne wärmen; mich letzen, Göttin, dir unbekannt. Malchen! Malchen! dein Brand sitzt hier, faßt dich mit seinen Augen; ach mit seinen Augen. Fühlst du die Lücke unterm schwärmenden Haufen? – – Hah, es wird mir ohnmächtig –
BLUM. Daß dich das Wetter! Was machst du?
Sechste Szene
LOUIS abgesondert. Ich hab ihre Finger berührt; mir war, als genoß ich alle Wollust der Welt. Meine Hand fuhr unvermerkt in dem Umschlingen über ihren Busen – Hab ich Atem? Luft! Luft! daß ich aussprechen könnte, was durch und durch dringt! – Diesen schwarzen Faden, der ihr übers Aug herabhing vom Hut, hier ist er. Um diesen Knopf will ich ihn winden. Mehr wert als Ordensband und Stern des Fürsten. Gottheit, dein Meisterstück! in aller ihrer Macht! Sie kann töten, ich will an ihrem Busen aufleben, aufleben, leben, leben, leben!
Siebende Szene
Bach und Weidenbäume.
GESANDTIN. Ach die Angst, die bange Angst, die mich wegjagt! Geräusch, und meine Sinnen erhitzt! Meine Phantasie, hier steht er und hier. Ich kann den Kampf nicht erfechten, den großen Kampf. Mit ihm tanzte ich, ihm reichte ich meine Hand; neue Flammen! Er ist nicht da, ist allenthalben da. Gib mir ein kleines Plätzchen, milder Bach! Häng du deine sinkende Blätter auf mein Haupt, traurige Weide! – Kampf! Kampf! Noch nicht erfochten! Ach Gott erbarm! – Zeigst du mir meine Gestalt? – Die Maske ab! Sie ist weg – und noch Maske! Meine Knie sind wund geworden auf den harten Steinen – Heißes Beten, heiße Flamme. In dieser Kleidung, die der Bach – ich möchte dieses