Dramen. Friedrich Maximilian Klinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich Maximilian Klinger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783849629533
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Was?

      GESANDTER. Will nachgeben.

      FRANZ. Aus meinen Augen!

      GESANDTER. Zu meinen Füßen hat sie gelegen, alles gestanden. Lehr mich's vergessen!

      FRANZ. Wenn sie tot ist – Fort, fort!

      GESANDTER. Ich laß dich nicht, bis du mir schwörst.

      FRANZ. Nichts tu ich! Hure, Hure! Komm Gesandter, armer Gesandter!

      GESANDTER. Ich bin ihr Mann, hab Kinder.

      FRANZ. Ihr Narr bist du. Ach, Bruder, Bruder; ihr Narr. War sie nicht ein Engelweib? Und sie betrog dich – Engel müssen weinen – eine verfluchte Ehebrecherin! Und alles haben sie uns genommen. Komm, wir wollen sie strafen! Nimm deine Kinder und wir gehn heischen. Wollen betteln, deine Geschichte erzählen. Fort, fort!

      GESANDTER. Sie fällt tot nieder, sieht sie dich.

      FRANZ. Wo ist Brand?

      GESANDTER. Flüchtig.

      FRANZ. Er ist in der Welt, und hätte er sich unterm tiefsten Berg vergraben, ich müßte mit meinen Nägeln durchgraben – Schwester, Schwester!

      GESANDTER. Malchen! Malchen!

      FRANZ. Hure! Hure!

      Dritte Szene

      GESANDTIN im schwarzen langen Kleid, die Haare zerstreut. Jesus! mir wird ja so wohl! wenn sich doch Gott erbarmte, mich hinzunehmen, eh der Richter käm – mit flammendem Aug und brennendem Zorn! Ich fühl nichts mehr – wenn's der Tod wär! – Meine Hände kalt – Erstarrung – Ach all meine Sünde, all meine Sünde; noch einmal recht schrecklich – ich wollte meine Kinder segnen, und traute nicht. Großer Richter! meine armen Kleinen – Fränzchen, Malchen – was willst du denn? Still, still, ganz still! Mein Mann! – die Bilder, die sich treiben und jagen – alles dunkel, düster, schwarz. Herr geh nicht ins Gericht mit mir! Bet mir's, Fränzchen, bet mir's – Herr, geh nicht ins Gericht mit mir! – Gott! – ah – Fällt aufs Kanapee mit dem Haupt, die Arme ausgebreitet, kniend.

      Vierte Szene

      Franz. Gesandter.

      FRANZ. Weib! Weib! Weib!

      GESANDTER hält ihn. Um Gottes willen!

      FRANZ. Hure, wo bist du?

      GESANDTER. Malchen, Malchen, fürchte nichts, erschrick nicht! Auf sie los. Malchen! Malchen! was ist dir? Sie ist tot.

      FRANZ. Tot! tot! Auf sie los.

      KINDER kommen gelaufen und Gesinde. Mama, Mama!

      FRANZ. Schwester!

      GESANDTER. Malchen! Fällt auf sie. verzeih dir Gott! ich hatte es getan.

      FRANZ. Ist sie tot? Fühlt sie an. eiskalt, todkalt! Bruder, eiskalt. Lebe wohl!

      GESANDTER. Wo willt du hin? Willt auch du mich verlassen?

      FRANZ. Engel! Gott wird's unterscheiden. Meine Schwester hin, mein Vater hin, alles – so so – Bruder, es ist aus mit mir, es ist gebrochen, meine Kraft verschwunden. – Eiskalt, liebe Schwester! armes Herz, du hast einen bittern Tod gehabt. Ihre Miene sagt's, ich sterbe reuend. Schwester! Schwester! – – Bruder, wie wird dir's?

      GESANDTER. Ach, Malchen!

      FRANZ zieht eine Pistole. Brand!

      GESANDTER. Wen nennst du?

      FRANZ. Die sollte dir durch den Kopf, Malchen! Bruder, wend deine Augen weg! bitt dich, Bruder, sie soll in die Luft.

      GESANDTER. Willt du das?

      FRANZ. Nein, wir wollen heischen gehn; die Toten begraben, und heischen gehn, siehst du deine Mutter, Fränzchen? Die Kinder sind erstarrt. Denk an deine Kinder, Bruder! Laß uns die Toten begraben!

      Fünfte Szene

      Wirtshaus an der Landstraße.

      Von Brand. Blum.

      BLUM. Du fällst vom Fleisch; siehst aus, wie ein Totengerippe, fürchterlich – als hättest du im Grabe gelegen. Lieber Brand, du kannst nicht aus der Stelle gehn. Mir blutet das Herz, dich so leiden zu sehn.

      V. BRAND. Ach Blum! –

      BLUM. Sprich mit mir!

      V. BRAND. Überall schleicht sie mir nach. Schon drei Nächte hintereinander sah ich sie in Totenkleidern; sie winkt mir mit Gebärden, mit Zeichen – ich muß verzweifeln, wenn's noch länger dauert. Ich glaub, sie ist tot.

      BLUM. Wenn du nur fortkönntest! Wir wollten uns in die Chaise setzen; und geh's, wie's wolle; ich seh, du kannst nicht leben und sterben. Es kann auch nicht lange mehr dauren mit dir! und ob sie mich mein Leben auf die Festung setzen, oder nicht! Ich mag doch von allen andern Menschen nichts mehr wissen, bist du weg. Nun hör doch, lieber Brand, komm doch ein bißchen wieder zu dir!

      V. BRAND. Was hab ich getan? Die nagende, peinigende Verzweiflung – in Schande und Grube gestürzt; sie hat's keinen Tag ausgehalten. Lieber, schieß mich vor den Kopf, daß ich wegkomme! Warum rissest du mich weg? Schaff mir Nachricht, oder mit diesem Messer – ich hab noch so viel Kraft, mir's durch die Brust zu stoßen.

      BLUM. Wart nur, bis du ein wenig wieder bei Kräften bist, denn geh ich mit dir hin.

      V. BRAND. Ach, mir ist doch alles zerschlagen!

      BLUM. Armer Brand, du bist wohl zerschlagen.

      V. BRAND. Denk nur; der arme Gesandte, und das Weib! Blum, um Gottes willen, gib mir Gift, und geh heimlich weg! es kennt dich kein Mensch hier. Du siehst, daß ich mehr Verdammung hier leide, als dort. Ach, wenn du's nur eine Zeit fühltest; so kurz, daß ich sie nicht nennen kann, du würdest Mitleiden mit mir haben.

      BLUM. Ich wollte dir's gern abnehmen.

      V. BRAND. Ich muß zurück.

      BLUM. Du sollst nicht!

      V. BRAND. Du sollst nicht – sag's nicht mehr, willst du mich hier gefangenhalten in Höllenpein?

      Magister kommt.

      MAGISTER. Meine Herren; um Verzeihung, daß ich so frei bin, und hereinkomme; ich wollte Sie nur fragen, ob Sie nicht wüßten, wo mein Hühnchen hingekommen. Mein liebes Suschen, ach ein böser Bube hat sie mir gestohlen.

      BLUM. Seine Tochter?

      MAGISTER. Mein liebes Suschen, das ich so werthielt, macht mir so viel Leiden; ich laufe in der Wüste herum, rufe ihr, und höre sie nicht.

      BLUM. Wer ist Er denn?

      MAGISTER. Der Magister Braun.

      BLUM. Aus der Stadt?

      MAGISTER. Ja, wissen Sie was?

      BLUM. Geb Er mir erst Antwort!

      MAGISTER. Hurtig, hurtig, lieber Herr! wo ist mein Suschen?

      BLUM. Weiß Er was von dem Gesandten und seiner Frau?

      MAGISTER. Sie und ihr Vater sind den Tag begraben worden, als ich wegging. Ach ein großer Jammer!

      V. BRAND. Sie ist tot? ich hab Kräfte, sie ist tot! Ab.

      Blum ihm nach.

      MAGISTER hält ihn. Mein Suschen!

      BLUM. Im nächsten Dorf, ist Fritz mit einem Mädchen. Ab.

      MAGISTER. Der Schelm! der Böswicht! Ach mein Hühnchen, soll ich dich wieder haben?

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