Gedichte. Gustav Schwab. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gustav Schwab
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783849635954
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Tritt

      Mir schon gezittert hätte,

      Kein Bergpfad, den ich nicht beschritt,

      Kein Gipfel in der Kette.

      Den Zauber hab' ich längst gestört:

      Hab' ich dich doch beschrieben!

      Ein jedes Plätzchen mir gehört. –

      Wie ist's nun mit dem Lieben?

      Ich habe selbst den Jungfernkranz

      Dir von dem Haupt genommen;

      Mein eh'lich Weib, das bist du ganz,

      Nun, sei auch so willkommen!

      3. An der Quelle

      Ich werfe nieder mich am Bach,

      Mir wird so jung zu Sinne.

      In seine Wellen schau' ich – ach!

      Was werd' ich Armer inne?

      Es blickt mir statt dem Lockenkopf

      Entgegen ein fast grauer Schopf,

      Die Augen überbauen

      Mir weißbebuschte Brauen.

      Sink' immerhin veraltet ein,

      Du halb schon trockne Hülle!

      Kann nur mein Geist noch Jüngling sein,

      Hat er nur Saft und Fülle!

      Es wandeln viel, gelockt und glatt,

      Um mich herum, und sind schon matt

      Mit meinen halben Jahren,

      Sind Greise trotz den Haaren.

      Werd' mir nicht mürrisch, alt Gesicht!

      Nicht wolkicht, kahle Stirne!

      Das ist die einz'ge Jugend nicht,

      Nach welcher schielt die Dirne.

      Jung bleibt, wem in der argen Welt

      Gemeines nie den Mut vergällt,

      Wer noch für's Höchste Sehnen,

      Für edles Leid hat Thränen.

      Noch schwillt, du halbgeschlossner Mund,

      Das Lied auf deinen Lippen,

      Auch leerst du Becher noch zu Grund

      Und weißest nichts vom Nippen.

      Du, Brust, auch bist noch weit und warm

      Und du selbst bist nicht welk, mein Arm!

      Ich bin ein Mann und strebe,

      Ich fühl's mit Lust: ich lebe!

      Und wenn die bessre Zeit noch tagt,

      So lang ich wandl' auf Erden,

      Die Zeit, von der man singt und sagt,

      Mit Angst- und Lustgeberden:

      Sie findet mich im Silberhaar,

      Doch nicht der Dichterjugend baar;

      Dann wird mein Sang verkünden,

      Was Jüngste soll entzünden.

      O Plätscherbach! verspotte nicht

      Mich und mein Lied verwegen;

      O frischer Rasen, grünes Licht!

      Schiel' mir nicht so entgegen.

      Ach freilich, wenn der goldne Tag

      Anbricht nach Sturm und Donnerschlag,

      Ist diese Sängerkehle

      Zerstäubt, und fern die Seele.

      4. Bekanntschaft

      Hinein in das Haus

      Zu Labung und Schmaus

      Nach früh durchwandertem Morgen!

      Dort sitzt schon ein Gast –

      Er ist mir verhaßt,

      O wär' ich allein und geborgen!

      Jetzt spricht er mich an.

      Ein herzlicher Mann!

      Wie glüht er von Wanderungswonne!

      Wie duftet sein Wort

      Nach Zeit und nach Ort

      Von Waldluft, Frühling und Sonne!

      Wir sind ja schon eins!

      Es fließt uns des Weins

      Gefühlaufwühlende Quelle.

      Ich öffne mit Lust

      Dem Fremden die Brust,

      Ich zeig' ihm die heimlichste Stelle.

      Die Becher sind leer,

      Das Scheiden wird schwer,

      Als wären wir Jahre beisammen.

      Jetzt trag' ich allein

      Ins Blaue hinein

      Die wallenden, schmerzlichen Flammen. –

      Was hast du gemacht?

      Was hast du gedacht?

      Bist wieder zu jung gewesen!

      Hast wieder du nicht

      In einem Gesicht

      Zu viel, viel zu vieles gelesen?

      Du alterndes Herz!

      Ei, mußt du mit Schmerz

      Auch so noch die Jugend empfinden?

      Stets liebest du neu,

      Hoffst wieder auf Treu,

      Dich wieder betrogen zu finden?

      5. Ein Mord

      Gott grüß' euch, liebe Bäume!

      Wie blüht ihr so getreu,

      Macht unsrer Jugend Träume

      Alljährlich wahr und neu.

      Die süße Mädchenblüte

      Glänzt einmal nur, nicht mehr.

      Euch schenkt des Himmels Güte

      Der Blüten Wiederkehr. –

      Was stört mir die Gedanken

      Ein finsterer Gesell?

      Wie seine Schritte wanken

      Jetzt langsam und jetzt schnell!

      Er schießt so gift'ge Blicke,

      Ein Beil schwingt seine Hand,

      Als würd' es ins Genicke

      Des Feindes jäh gesandt.

      Es ist schon Abend worden,

      Und nicht geheuer hier!

      Und doch – wer könnte morden

      In solcher Frühlingszier?