Dr. Daniel Staffel 10 – Arztroman. Marie Francoise. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Francoise
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Daniel Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740955656
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wie vor den Kopf gestoßen. Noch nie hatte Manon in dieser Weise mit ihm gesprochen.

      »Heißt das… du willst mir eine Lektion erteilen?« fragte Dr. Daniel zurück.

      Manon schüttelte den Kopf. »Nein, Robert, eigentlich wollte ich das nicht. Ich versuche lediglich, meine liegengebliebene Arbeit zu erledigen, und das kostet eben Zeit… Zeit, die ich sonst nie habe, und Tatsache ist nun mal, daß du daran nicht ganz unschuldig bist. In meiner Praxis wäre längst nicht soviel liegengeblieben, wenn du mir mit Tessa nur ab und zu mal behilflich wärst. Aber meistens bist du ja so sehr eingespannt, daß du erst spät abends nach Hause findest. Was ich während dieser Zeit alles getan habe, interessiert dich gar nicht.«

      »Das ist nicht wahr!« widersprach Dr. Daniel energisch. Er spürte, daß die Diskussion nahe daran war, in einen Streit zu münden. »Machst du es mir denn zum Vorwurf, daß ich meine Arbeit ernst nehme? Daß ich sie gründlich erledigen will?«

      »Nein, Robert, aber du tust genau das bei mir«, erwiderte Manon. »Du willst nicht einsehen, daß ich auch einen Beruf habe, den ich liebe und den ich gründlich erledigen will. Wenn es nach dir ginge, müßte ich einfach nur immer parat stehen, falls du einmal Zeit hast oder dich gerade nach ein paar Streicheleinheiten sehnst. Was ich tue oder wie ich es schaffe, ist dir egal. Du verläßt dich darauf, daß ich alles irgendwie erledige – meine Arbeit in der Praxis, hier oben mit Tessa…«

      »Ich wußte nicht, daß dir das so zuwider ist«, fiel Dr. Daniel ihr bitter ins Wort.

      »Es ist mir doch gar nicht zuwider«, korrigierte Manon. »Ich habe es nur einfach satt, mein Leben nach deinem Zeitplan auszurichten. Ich habe nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte, und die wirst du nun zum ersten Mal zu spüren bekommen.«

      Ihre harten Worte trafen ihn mitten ins Herz. Dr. Daniel verstand auf einmal die Welt nicht mehr. Diese herben Vorwürfe, mit denen Manon ihn bombardierte… Vorwürfe, die zumindest zum Teil ungerechtfertigt waren, taten ihm schrecklich weh. Sicher, er arbeitete viel und kam oft spät nach Hause. Gelegentlich brachte er auch die Probleme seiner Patientinnen mit, kümmerte sich oft mehr um sie, als es seiner Ehe wohl zuträglich war, aber nie zuvor hatte Manon auch nur eine Andeutung gemacht, daß sie sich vernachlässigt fühlte… daß er sich wie ein Pascha benehmen würde…

      Abrupt stand er auf und verließ die Wohnung. Wie gehetzt rannte er die Treppe hinunter und zur Haustür hinaus. Dort wäre er beinahe mit seiner Tochter Karina zusammengestoßen.

      »Papa, um Himmels willen, was ist denn los?« fragte sie erschrocken, als sie einen Blick in sein verstörtes Gesicht warf.

      Hastig schüttelte er den Kopf. »Nichts.«

      Doch so leicht ließ sich Karina nicht abwimmeln. Sie hielt ihren Vater am Arm fest und fragte teilnahmsvoll: »Hattest du Krach mit Manon?«

      Mit einer fahrigen Handbewegung strich sich Dr. Daniel über die Stirn. »Ich kann nicht darüber reden, Karina. Nicht mit dir… mit niemandem. Laß mich bitte einfach in Ruhe.«

      Besorgt sah Karina ihm nach, als er mit langen Schritten den Weg zum mächtigen Kreuzberg hinauf einschlug. Sie wußte, daß er den steilen Anstieg immer dann bevorzugte, wenn er mit einem Problem fertigzuwerden hatte oder einfach nur Ruhe suchte. Doch diesmal machte sie sich ernstlich Sorgen um ihren Vater.

      Sie betrat das Haus und ging die Treppe hinauf. Bereits an der Wohnungstür begegnete ihr Manon, die sich gerade auf den Weg zur Praxis machte, obwohl heute ja Sonntag war.

      »Papa ist mir begegnet«, begann Karina ohne Umschweife. »Er war völlig durcheinander. Was ist passiert, Manon?«

      »Dein Vater lernt gerade, wie es ist, wenn man sich vernachlässigt fühlt«, antwortete Manon achselzuckend.

      Karina betrachtete ihre attraktive Stiefmutter, mit der sie sich normalerweise gut verstand, dann schüttelte sie den Kopf. »Ist das wirklich nötig?«

      Seufzend lehnte sich Manon an den Türrahmen. »Nein, Karina. Ich wollte es ja auch gar nicht.« Mit gespreizten Fingern fuhr sie sich durch ihr halblanges, kastanienbraunes Haar. »Irgendwie kommt im Moment eben alles zusammen. In letzter Zeit war Robert besonders eingespannt, so daß ich ihn kaum zu Gesicht bekommen habe…«

      »Und das willst du ihn jetzt spüren lassen«, fiel Karina ihr etwas vorwurfsvoll ins Wort.

      Manon schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich nicht… allerdings… vielleicht tut es ihm wirklich mal ganz gut.« Sie seufzte wieder. »Karina, dein Vater ist ein herzensguter Mensch, und ich liebe ihn über alles, aber manchmal ist es wirklich nicht einfach mit ihm. Er kümmert sich um alles und jeden, versucht immer zu helfen und… manchmal habe ich den Eindruck, als würde ich dabei auf der Strecke bleiben. Jetzt ist es plötzlich mal umgekehrt…« Sie stockte, dann senkte sie den Kopf und rückte mit der Wahrheit heraus. »Tessa fehlt mir, und darüber hinaus… ach, Karina, ich… ich bin eifersüchtig.«

      Damit hatte Karina nicht gerechnet. »Eifersüchtig? Auf wen denn?«

      »Auf die Praxis, auf die Klinik… das alles scheint Robert mehr zu bedeuten als ich. Und Tessa… sie ist so voller Freude mit Stefan und Darinka mitgefahren. Bei ihren Anrufen erzählt sie ganz begeistert, was sie mit Stefan und Darinka alles unternimmt, wie schön es bei Monsignore Antonelli ist und sie fragt, wie es ihrem Papa geht. Allmählich habe ich das Gefühl, als würde ich für niemanden mehr existieren.«

      Spontan nahm Karina ihre Stiefmutter in den Arm. »Manon, meine Güte… du solltest mit Papa sprechen, anstatt ihn noch zusätzlich zu vergraulen.«

      Manon nickte etwas fahrig, doch sie wußte schon jetzt, daß sie dieses Gespräch nicht führen würde. Im Grunde war ihre Eifersucht ja auch lächerlich. Robert liebte sie, Tessa liebte sie… sie brauchte nur ein wenig Zeit, um mit sich wieder ins reine zu kommen.

      *

      Es war für Rebecca Horn ein Leichtes gewesen, die Adresse von Dr. Jeffrey Parker herauszubekommen, und als sie jetzt in Steinhausen ankam, hatte sie kein Auge für den idyllischen Vorgebirgsort. Vor sich hatte sie nur ein einziges Ziel: Geld.

      Rebecca quartierte sich in dem einzigen Gasthof im Ort ein und bemerkte mit Genugtuung die begehrlichen Blicke, die sie bei sämtlichen anwesenden Männern auslöste. Es war eigentlich immer das gleiche. Männer waren doch wirklich einfältig. Die Schönheit einer Frau genügte ganz allein, um sie völlig aus dem Gleichgewicht zu bringen. War das erst mal geschehen, hatte man leichtes Spiel mit ihnen.

      Rebecca packte ihre Koffer aus, dann beschloß sie, ihr Ziel gleich auf direktem Weg anzusteuern. Sie ging zur Waldsee-Klinik und erkundigte sich bei Martha Bergmeier, die wie immer in ihrem Glashäuschen mit der Aufschrift ›Information‹ saß, nach Dr. Parker.

      »Tut mir leid, Herr Dr. Parker hat heute dienstfrei«, antwortete Martha bedauernd.

      »Dann werde ich es wohl bei ihm zu Hause versuchen müssen«, meinte Rebecca, blieb aber absichtlich noch einen Moment abwartend stehen. Sie schätzte Martha ganz richtig als sehr gesprächig ein.

      »Ach so«, meinte Martha auch schon. »Sie wollen in einer privaten Angelegenheit mit ihm sprechen. Nun… an dienstfreien Tagen ist er meistens zu Hause, aber falls Sie ihn dort doch nicht erreichen, könnten Sie es auch bei Dr. Daniel versuchen. Dr. Parker ist mit seiner Tochter verheiratet und hält sich an dienstfreien Tagen häufig in der Villa seiner Schwiegereltern auf.«

      Das Wort ›Villa‹ ließ Rebecca hellhörig werden. Sollte beim Schwiegervater des jungen Parker womöglich mehr zu holen sein als bei ihm selbst? Die Erbschaft war ihr ja allemal sicher. Es konnte also nicht schaden, sich diese Villa wenigstens mal anzusehen. Möglicherweise könnte sie sogar beides mitnehmen… Parker und seinen Schwiegervater.

      »Vielen Dank«, meinte Rebecca, als sie von Martha einen Zettel mit Dr. Daniels Adresse entgegennahm. »Sie haben mir mit Ihrer Auskunft sehr geholfen.«

      Die stattliche Villa am Ende des Kreuzbergweges sah dann auch wirklich verheißungsvoll aus.

      Ja, nickte sich Rebecca selbst zu. Das ist ganz genau meine