Die Kristallelemente (Band 2): Die türkise Seele der Wüste. B. E. Pfeiffer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: B. E. Pfeiffer
Издательство: Bookwire
Серия: Die Kristallelemente
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783038961475
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als wäre ich nicht hier, und rempelte mich an. Dass ich in Sarabor nicht willkommen war, wurde immer deutlicher. Ob mir überhaupt jemand helfen würde, wenn ich nach dem Weg fragte?

      Zum Glück fand ich den Markt recht einfach, weil die breite Straße vom Hafen direkt dorthin führte. Ich ließ den Blick über den riesigen Platz mit unzähligen Ständen schweifen und hoffte insgeheim, eventuell die Piratenprinzessin zu entdecken. Aber ich konnte weder sie noch den blonden Captain ausfindig machen.

      Mein Blick fiel auf einen jungen Mann, der sich seitlich zu mir befand. Sein kantiges Gesicht wirkte makellos und er trug Kleidung aus edlem Stoff. Vor ihm stand eine junge Frau, die ihn förmlich anschmachtete. Er hatte seine Hand an ihre Wange gelegt und lächelte. Aber etwas an dem Lächeln störte mich. Es wirkte nicht warm und ehrlich, vielmehr … einstudiert. Es sah überhaupt so aus, als wollte er die Frau vor sich schnell loswerden, was ihm nach einigen Worten auch gelang. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, hob den Schleier leicht an und hauchte einen Kuss auf seine Lippen, bevor sie sich umdrehte und ging. Er stieß den Atem aus und schlenderte ebenfalls davon, allerdings in die entgegengesetzte Richtung.

      Als mir bewusst wurde, dass ich die beiden viel zu lange angestarrt hatte, lief ich weiter. Ich machte eine Runde um all die Stände, dann eine zweite. Mir fehlte der Mut, einen der Händler anzusprechen, bis mir ein Stand auffiel, dessen Besitzer kein Sarabeser sein konnte. Er hatte hellbraunes Haar, und seine Kleidung erinnerte mich an einen Piraten. Zumindest stellte ich mir Piraten so vor, besonders als mir seine schwarz geschminkten Augen auffielen.

      »Guten Tag«, machte ich mich räuspernd bemerkbar. »Darf ich Sie etwas fragen?«

      Sein Blick glitt über mich und er schnalzte mit der Zunge. »Kleidung verkaufe ich nicht. Ich handle mit Früchten.«

      Ich fühlte, wie meine Wangen glühten. »Nein, ich möchte nichts kaufen. Ich suche nach dem Laden von Madame Cremant.«

      Er kniff die Augen zusammen und starrte meine Haare an. Dann grinste er. »Ah, die neue Schülerin. Du bist aus Dundra, richtig? Genau wie die Madame.« Bevor ich fragen konnte, ob Madame Cremant wirklich aus meiner Heimat stammte, hob er die Hand und deutete links von sich. »Siehst du das kleine Gebäude, wo die rote Fahne mit der goldenen Schrift über der roten Tür hängt? Das ist die Zauberwerkstatt der Madame.« Er zwinkerte. »Viel Glück! Wenn sie dich nimmt, sehen wir uns öfter, bevor mein Schiff weiterreist.«

      »Danke!«, stieß ich erleichtert aus, packte meine Tasche fester und lief auf das Haus zu.

      Je näher ich der roten Tür kam, desto langsamer wurde ich. Plötzlich wurde mir bewusst, wo ich mich befand. Ob es wirklich klug gewesen war, herzukommen? Was, wenn sie mich doch nicht wollte? Wenn sie meinte, es wäre ein Irrtum?

      Meine Hände begannen zu zittern. Die Angst, einen Fehler begangen zu haben, loderte in mir auf. Denn hier in Sarabor gab es für mich wohl keine andere Möglichkeit, als für die Madame zu arbeiten. Hätte ich mir all das besser überlegen sollen?

      Direkt vor der Tür blieb ich stehen. Es gab zwei Fenster, die, anders als die meisten Fenster hier, mit getöntem Glas versehen waren. Man konnte nicht hineinsehen und ich war unsicher, ob der Laden vielleicht geschlossen war. Schließlich waren die Türen jedes anderen Hauses weit geöffnet. Nur hier nicht.

      Dennoch hob ich die Hand, bevor mich der Mut verließ. Gerade wollte ich klopfen, da ging die Tür auf. Ich verlor das Gleichgewicht und stolperte nach innen. Vermutlich wäre ich auf der Nase gelandet, wenn mich nicht jemand aufgefangen hätte.

      »Oh, Verzeihung«, sagte eine seidig weiche Stimme, die zu einem jungen Mann gehörte. Dem Mann, den ich auf dem Markt mit der Frau beobachtet hatte. »Ich hatte nicht damit gerechnet, dass jemand vor der Tür steht.« Er umfasste meine Schultern und hielt mich fest, während er mich mit hochgezogenen Augenbrauen musterte. »Alles in Ordnung?«

      Ich richtete mich auf und blickte in schokoladebraune Augen, in denen ich eine seltsame Regung wahrzunehmen glaubte. Dieser Mann war ein paar Jahre älter als ich. Seine Haut war genauso dunkel wie die der anderen Sarabeser, aber sein Haar sah nicht so schwarz aus. Fast so, als hätte sich eine andere Farbe hineinmischen wollen. Lila vielleicht oder Purpur, ich war mir nicht sicher.

      »Habe ich etwas im Gesicht?«, fragte er mit einem Lächeln auf den Lippen.

      Ich räusperte mich, konnte jedoch nicht aufhören, ihn anzustarren. Er sah einfach gut aus. Das Gesicht war kantig, aber nicht hart, obwohl seine Wangenknochen deutlich hervortraten. Ihm stand das. Er trug eine sandsteinfarbene Tunika, die ihm bis zu den Oberschenkeln reichte, nicht bis zu den Knien wie jene der meisten Männer, denen ich begegnet war. Goldene Stickereien verzierten den Kragen und seine langen Ärmel. In der Taille war das Hemd mit einem Gürtel zusammengebunden, der die gleiche Farbe hatte wie seine geplusterte Hose: ein dunkles Orange.

      »Kannst du nicht sprechen?«, wollte er wissen und das Lächeln wich einem besorgten Gesichtsausdruck.

      »Ich … Verzeihung, ich war nur in Gedanken«, stammelte ich und fragte mich, ob der verführerische Geruch aus dem Laden oder von ihm stammte.

      »Dir ist nichts passiert?«, hakte er nach.

      Ich schüttelte den Kopf. »Nein, du hast mich schließlich vor Schlimmerem bewahrt.«

      Ein Lächeln umspielte erneut seine Lippen, aber wieder wirkte es so glatt wie eine Maske, die er einfach aufsetzte. Trotzdem begann mein Körper zu kribbeln. Ich schluckte und wandte mich ab, bevor ich ihn wieder anstarren konnte. Er machte mich nervös. Kein Wunder, dass die Frau ihn so angehimmelt hatte. Wenn er lächelte, selbst wenn es nur gespielt war, wurden meine Beine weich. Und ich hatte keinerlei romantisches Interesse an ihm.

      »Du willst bestimmt in den Laden«, sagte er nach einer gefühlten Ewigkeit. »Und ich sollte die Tür hinter mir schließen, sonst macht mich Madame Cremant einen Kopf kürzer.« Er lachte und meine Hände begannen zu schwitzen. Es klang wunderschön. »Ich kann dich loslassen?«

      Erst da wurde mir klar, dass er mich immer noch festhielt. »Ja, entschuldige, ich … Du hast sicher noch etwas zu erledigen.«

      Er nickte und löste seine Hände von meinen Schultern. »Lass dir von der Madame nicht zu viel berechnen«, meinte er mit einem Zwinkern.

      »Ja, äh … eigentlich hoffe ich, dass sie mich als Schülerin annimmt«, stammelte ich, als ich sichergestellt hatte, dass sich niemand in dem Raum befand. Warum erzählte ich ihm das?

      »Oh, dann sehen wir uns vielleicht öfter«, verkündete er und hielt mir die Hand hin, die ich verwirrt anstarrte. »Ich bin übrigens Kezlin.«

      »Oriana«, flüsterte ich und ergriff seine Hand zögerlich.

      »Schöner Name. Passt zu dir.« Er zwinkerte erneut und hielt meine Hand einen Moment länger fest, bevor er seine zurückzog. »Dann bis demnächst.«

      Kezlin trat beiseite und ließ mich vorbei, winkte mir noch einmal zu und schloss dann die Tür von außen.

      »Du musst an deinem Auftritt arbeiten«, brummte Maron aus der Tasche. »Das war höchst bedenklich. Der junge Mann muss glauben, dass du nicht alle Tassen im Schrank hast.«

      »Ja, und damit hätte er wohl recht«, murmelte ich.

      »Außerdem gefällt es mir nicht, wie du auf ihn reagierst. Bei den Göttern, du kennst ihn nicht und ich höre deinen Herzschlag selbst in diesem Gefängnis.«

      »Du übertreibst«, erwiderte ich leise und stieß den Atem aus. »Und jetzt still, ich muss mich vorstellen.«

      Maron zischte etwas, dann wurde er ruhig und ich hatte Zeit, mich in dem Laden umzusehen.

      Eine angenehme Kühle umfing mich, obwohl sich die Hitze draußen beinahe unerträglich anfühlte. Gemütliche Polstermöbel, die teilweise bunt waren und nach Sarabor passten, standen wild zusammengewürfelt neben den grünen Samtsesseln, die für Dundra typisch waren, im Raum. Es sah mehr wie eine Teestube aus als nach einem Geschäft.

      Nur