Langsam tauche ich wieder auf – komme aus der Traumzeit der Meditation zurück in die Wirklichkeit. Ich habe einen Teil meiner Seele wieder. Es wird wohl spannend, was jetzt in der Wirklichkeit, der Realität des Lebens passieren wird. Ich stehe auf. Mein Herz schmerzt noch immer. Auch jetzt hier in der Wirklichkeit. Ich versuche mich an das Mädchen zu erinnern, zu fühlen wie sie bei mir ist. Hat sich meine Empfindung gegenüber der Macht, der Kraft und der Angst geändert? Im Moment ist es noch nicht zu ergründen. Es braucht Zeit.
Der Geist ist einerseits eine Anzahl kognitiver Fähigkeiten, die wir bewusst oder unbewusst einsetzen, um die Erlebnisse und Erfahrungen auf unserem Lebensweg zu beurteilen, Entscheidungen zu treffen und die nächsten Schritte einzuleiten. Doch den Geist nur als das Kognitiv zu bezeichnen, greift zu kurz. Jeder Gedanke erzeugt unweigerlich, wahrnehmbar oder unbewusst bleibend, eine dazu entsprechende Emotion, die im Anschluss eine entsprechende Aktion auslöst. Im Sinne der Qualität dieses Konstruktes lohnt es sich für unser Bewusstsein immer, sich die Frage zu stellen: Welcher Geist durchdringt denn gerade meine Gedanken? Entsprechend sind unsere Aktionen und Interaktionen mit unserer Umwelt ausgerichtet. So betrachtet sind wir es, die über unseren Geist die Materie schaffen oder beeinflussen. Im spirituellen Sinn ist der Geist nur vage und schwierig zu benennen. Vielleicht kann man salopp sagen, unser Geist ist wie eine Art Treibgas, das sowohl für unsere Seele als auch für unsere Persönlichkeit formbar und nutzbar ist. Das andere Ende des Geistes, eben auch unseres Geistes, ist nach den spirituellen Lehren verbunden mit dem Bewusstsein.
Daskalos drückte es so aus: „Er ist jener Stoff, aus dem wir als Menschenwesen ‚Elementale‘ aufbauen. Solch Elementale bringen wir durch unsere Gedanken und Gefühle ins Dasein. Sind sie erst einmal ‚projiziert‘, denn besitzen sie ein Eigenleben und können jene um uns beeinflussen, die ihnen ‚schwingungsgemäß‘ entsprechen.“ Das ist wohl eine etwas andere Umschreibung für das, was wir auch als „Du machst Dir Deinen Tag“ oder „Du kreierst Dir Dein Leben“ kennen. Wir können uns in die Spirale des Unglücks versenken und dementsprechende Elementale kreieren, die ihrerseits wieder die Erlebnisse in unser Leben ziehen, die dazu passen. Oder wir entscheiden uns jeden Morgen aufs Neue, den beginnenden Tag als ein unwiederbringlich einmaliges Erlebnis in unserem Leben zu betrachten, uns darauf zu freuen und ihn positiv zu beginnen. Dieses Elemental zieht vollständig andere Menschen, Schwingungen, Erlebnisse und Erfahrungen an als die Spirale des Unglücklichseins.
Das ist jetzt nicht mit „positiv Denken um des positiven Denkens Willen“ zu verwechseln. Das wäre unrealistisch. Jemand, der sich nie negativen Gefühlen wie Trauer, Neid, Eifersucht oder Gier stellt, kann auch spirituell nicht wachsen. Es ist und bleibt die Frage, was man mit diesen Gefühlen macht und welche Erfahrung man daraus zieht, ob man positive oder negative Elementale daraus kreiert, die dann ihrerseits in Wirkung treten.
Überlebt der Geist, wenn wir sterben oder geben wir sprichwörtlich unseren Geist auf? Es ist wohl beides der Fall. Der alltägliche kognitive Geist, der für das Materialisieren und Erschaffen über unsere Gedanken und die Emotionen und damit unsere Aktionen zuständig ist, wird wohl aufgegeben werden – sein Tatendrang und Knowhow sind nach dem Tod nicht mehr vonnöten. Der spirituelle Teil, der sich mit dem Bewusstsein verbunden hat, bleibt erhalten und geht als Erfahrung mit ins große Bewusstsein ein. Vielleicht wird der Begriff Geist deshalb oft gleichbedeutend mit Seele gebraucht.
Überdies verwenden wir das Wort „Geist“ auch gern als Begriff, um Spukerscheinungen jedweder Art zu beschreiben, – mal abgesehen davon, dass man, um die Verwirrung komplett zu machen, auch andere Energien, die Bäumen, Steinen, Tieren und Pflanzen innewohnen, im allgemeinen Hausgebrauch als Geister bezeichnet. Um diesen umgangssprachlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen, wird das Wort „Geist“ auch in diesem Buch nicht in allen Fällen dem „kognitiven Geist“ oder dem „Geist als Teil des Bewusstseins“ gleichgesetzt, sondern ebenfalls in seiner umgangssprachlichen Bedeutung benutzt.
Auch hierzu wieder ein Bild aus meinen eigenen Erfahrungen, ebenfalls aus einer Meditationsreise:
Ich sah mich selbst in einer Nebelwolke. Sie war weiß fluoreszierend und schien kein Ende zu nehmen. Nichts von der Kälte und Ungemütlichkeit, die man normalerweise im Nebel verspürt. Es war warm, wohlig und herrlich, wie man sich im Flugzeug einen Spaziergang auf den sonnenbeschienenen Wolkenhügeln vorstellt, die sich vor den Fenstern tummeln. Da stellte ich fest, dass sich meine Beine auflösten und zu Nebel wurden. Ich schaute an mir herunter und sah zu, wie langsam meine Beine verschwanden, dann mein Bauch, meine Hände. Zum Schluss war nur noch mein Kopf da. Und als dieser sich aufgelöst hatte, war ich in einer unendlichen Freiheit. Und es fühlte sich wunderbar an. Es war das Gefühl eines Dahinschmelzens, genauso wie es war, als ich vor Liebe tropfte beim ersten Anblick meines Kindes nach der Geburt.
Irgendwann war auch mein Kopf nicht mehr und ich war Bestandteil dieses Nebels geworden. Wenn das der Tod ist und das Verschmelzen mit dem unendlichen Bewusstsein – dann ist es wahrlich köstlich.
Ich fühlte mich unglaublich gestärkt und kraftvoll, als ich die Augen wieder aufschlug.
Dieses Erlebnis erinnerte mich sehr an Odo, den Formenwandler aus der Star Trek Serie, der in einer Folge auch auf seinem Planeten in den goldenen Fluten seiner Spezies verschwindet, um mit allem wieder eins zu sein.
Genau das war mein Gefühl gewesen: Ich war eins mit allem, es gab keinerlei Unterschiede mehr. Es war nur noch Freude.
Das Ego ist ein gar seltsames Ding, denn bei unserer Geburt gibt es dieses noch gar nicht. Umgangssprachlich steht es für das Selbstwertgefühl und entwickelt sich zum einen aus unseren genetischen Anlagen, zum anderen prägt es sich durch Erziehung und Umwelt, zu einem sehr großen Teil auch durch eigene Erfahrungen und Erlebnisse. So gesehen ist es unser größter Helfer, denn es will sicherlich eins: nicht untergehen und immer dafür sorgen, dass es uns, sprich dem Menschen, dem es innewohnt, gut geht. Damit ist es zugleich nicht nur unsere größte Antriebskraft, sondern auch unser größtes Hemmnis: Es entscheidet sich nämlich nicht notwendigerweise für denselben Weg, den unsere Seele sich als Inkarnationsauftrag vorgenommen hat, sondern betrachtet das Leben aus einer sehr egoistisch-materialistisch-pragmatischen Sicht. Und dadurch können wir psychisch gesehen gegebenenfalls ganz schön aus der Balance kommen.
Übrigens bin ich meinem Ego noch nie auf irgendeiner Reise begegnet, nicht wenn ich mit der Trommel reise, nicht in Traum- oder Bewusstseinsreisen und nicht in Meditationen, was mich natürlich in der Annahme bestärkt, dass dieses Ego in der Tat nur etwas für diese Wirklichkeit ist und für das eigentliche Leben außerhalb der menschlichen Inkarnation auf diesem Planeten total irrelevant.
Betrachten wir als Letztes unseren Körper. Auch der ist nicht einfach so nur Fleisch und Knochen. Wir wissen inzwischen, dass das Gedächtnis nicht nur im Kopf sitzt, sondern dass dem Herzen ebenfalls eine (sogar) eigenständige Intelligenz innewohnt. Zudem gibt es nach neuesten Erkenntnissen im Solarplexus ebenfalls ein größeres Nervengeflecht, was sich in die Gefühls- und Gedankenwelt einmischt, ohne dass wir das bewusst steuern oder kontrollieren können. Damit hat unser Körper – außer dass er uns als Vehikel durch dieses Leben dient – durchaus eine andere Dimension erhalten, die uns dazu anhalten sollte, ihn nicht sinnlos abzunutzen und vollzustopfen, sondern mit Ehrfurcht als ein kleines Wunder zu betrachten, das es uns möglich macht, die Erfahrung des Lebens erleben und genießen zu können.
Nach diesem kleinen Ausflug kehren wir nunmehr zurück zum eigentlichen Thema: Die Frage