„Ein jedes Lebewesen hat das Recht, seinen Tod in Ruhe und auf seine Art zu erleben“, ermahnte ein Stammesmitglied meinen kleinen Sohn, der sich über einen halbtoten Vogel beugte, um ihn genauer zu untersuchen. Liebevoll zog er ihn zur Seite, während er ihm beschrieb, dass der Vogel nunmehr in ein anderes Reich ginge, wo er ihn dereinst, wenn seine Zeit gekommen sei, wohl wiederfinden wür-de.
Auf meine Frage zum Thema Leben und Tod und Seelen und Geist, reichte man mir wortlos den ersten Band von Carlos Castanedas Erzählungen über Don Matus. Manche halten es für Belletristik. Mir erzählte man dort, man habe Castaneda gekannt. Er wäre in dieser Gegend unterwegs gewesen. Sie waren davon überzeugt, dass die Bücher des Anthropologen authentisch waren.
„Wenn Du einen Schamanen treffen willst, um eine Lösung für Deine Probleme zu erbitten“, sagte mir ein Freund auf meine Frage hin, „kann ich Dich gerne mit einem bekannt machen. Aber bedenke, was auch immer er machen wird, wird Auswirkungen auch auf Dein Leben haben. Alles ist Eins und hängt miteinander zusammen. Die Folgen treffen auch immer Dich.“
Ich entschied mich daraufhin, die Hilfe eines Schamanen nicht in Anspruch zu nehmen, und aus der Reaktion meines Freundes konnte ich sehen, dass es die richtige war.
Natürlich hat mich dieser Aufenthalt in meiner Neugier bestärkt, als ich wieder zurück in Europa war. Ich nahm sogar an einem Workshop über schamanisches Reisen teil. Veranstaltet von der Foundation for Shamanic Studies fand ich es unglaublich, wie einfach es war, von der Wirklichkeit in die „Nicht-Wirklichkeit“ abzugleiten und doch im Hier und Jetzt verankert zu bleiben.
Seit ich dies einmal gelernt habe, möchte ich die Technik in meinem Leben nicht mehr missen. Ich lege mir oft die Trommel-Musik auf und reise dazu in die Gefilde, in denen mein Krafttier auf mich wartet. Manchmal, weil ich eine Frage habe, manchmal aber auch einfach nur, um dort einen Bummel zu machen und mich an meiner persönlichen Quelle zu erfrischen. Manchmal reise ich in die oberen Welten und begegne dem Wesen, von dem ich glaube, es ist mein Höheres Selbst. Sie – ich glaube, es ist eine Sie, ihrem Gesicht und ihrer Kleidung nach zu urteilen, aber sie kann genauso gut auch geschlechtslos sein – ist immer für mich da und ich kann Probleme bei ihr abladen oder mit ihr besprechen.
Der guten Ordnung halber möchte ich hier darauf hinweisen, dass ich keinesfalls schamanische Fähigkeiten habe oder mich gar als Schamanin bezeichne. Ich habe gelernt, zur Trommel mental zu reisen, nicht mehr und nicht weniger. Eine Ausbildung ist sehr spezifisch und intensiv und dauert meines Wissens mit Sicherheit viele Jahre. Ich persönlich würde daher von „Wochenend-Schamanen“ und ihren Angeboten Abstand nehmen.
Im weiteren Verlauf des Buches werde ich auch von Bewusstseins- oder Traum Reisen sprechen, von denen ich auch einige gemeinsam mit einem Mental-Coach und Psychologen unternommen habe. Sie lesen die Geschichten, die ich auf meinem Weg, hinter die Kulissen zu blicken, erfahren, sehen oder mitunter sogar genießen durfte und woraus sich mein persönliches Weltbild über Leben, Tod, Geist, Seele, Bewusstsein und dem inkarnierten Mensch-Sein gebildet hat, das ich hier mit Ihnen teilen möchte.
Wenn du stirbst, bist du vollkommen glücklich und deine Seele lebt irgendwo weiter. Ich habe keine Angst zu sterben. Vollkommener Frieden nach dem Tod, jemand anderes zu werden ist die beste Hoffnung, die ich habe.
Kurt Cobain
Ein paar Definitionen zum besseren Verständnis
Immer mehr Menschen wollen sich selbst entdecken und nutzen alte Techniken, die ihnen helfen, ihr Bewusstsein zu schulen. Sie beschäftigen sich spirituell und wollen ihre eigene Spiritualität kennen- und leben lernen. Wie man an der Geschichte der Menschheit sieht, war es die Spiritualität, die die Evolution des Menschen nicht nur begleitet, sondern maßgeblich geprägt hat: von den Schriften des Sanskrits bis in die heutige Zeit. Nicht wenige dieser wichtigen Schriften, wie zum Beispiel die Bibel, sind die Lebensberichte von einzelnen Individuen, die einen besonderen spirituellen Weg beschritten haben, mitunter sind sie wie der Koran sogar von diesem Einzelnen, in diesem Fall Mohamed, selbst verfasst und aufgeschrieben.
Nachdem wir uns in den letzten zweitausend Jahren vornehmlich auf die Erschaffung materieller Güter konzentriert haben und die Spiritualität in großen Zügen ins Reich der Mystik, Magie und des Hexentums verbannt haben, schwingt das Pendel jetzt wieder zur anderen Seite aus. Wir fangen an zu begreifen, dass das Materielle doch nicht alles ist und dass es da mehr gibt zwischen Himmel und Erde, als sich das Menschlein erträumen kann. Wir suchen wieder Kenntnisse und Erfahrungen aus erster Hand, wollen sie selbst machen und verstehen lernen. Mit anderen Worten: Wir wollen unser Bewusstsein erweitern.
Bevor wir uns wieder dem eigentlichen Thema von Diesseits und Jenseits zuwenden, ist hier doch die richtige Stelle, um zuvor ein paar Begrifflichkeiten zu definieren, über die wir im Laufe des Buches immer wieder stolpern werden.
Der Mensch besteht, so heißt es allenthalben, aus Körper, Geist und Seele. Wobei sich viele nicht so ganz schlüssig sind, was denn nun Geist und was Seele ist. Gehen wir sogar noch einen Schritt weiter: Wir haben nicht nur diese Trinität aus grobstofflichem Körper (Materie), psychischem Leib (Geist) und noetischem Leib (Seele), sondern wir haben zusätzlich noch das Ego und somit kein Trio, sondern ein Quartett, was wir durch das tägliche Leben tragen. Und wenn wir jetzt auch noch das Bewusstsein dazuzählen, dann gibt es in uns drinnen ganz schön viele Aspekte, die alle unter einen Hut gebracht werden wollen, wenn wir ein harmonisches und selbsterfülltes Leben anstreben. Alles zusammen macht unsere „derzeitige Persönlichkeit“ aus.
Bewusst habe ich in diesem Buch darauf verzichtet, einen Unterschied zwischen Bewusstsein und Bewusstheit zu machen. Viele versuchen, diesen Unterschied in der einen oder anderen Form zu definieren, und dennoch wird es so unterschiedlich dargestellt, dass man glauben könnte, jeder hat seine eigene Vorstellung davon und etwas allgemeingültig Anerkanntes gibt es nicht. Wie will man auch etwas definieren, das weder sichtbar noch messbar oder greifbar ist, im besten Falle „nur“ fühlbar.
In meinen Augen gibt es also ein großes, universelles Bewusstsein – das ist, wo alles eins ist, wo alles beginnt, wo alles endet, wo es weder Zeit noch Raum gibt. In diesem Buch bezeichne ich es auch als Lichtraum der Ewigkeit. Gleichzeitig existiert Bewusstsein aber auch hier auf unserer Ebene der Realität. Christof Koch vom Allen Institute for Brain Science drückte es so aus, dass unser menschliches Bewusstsein ein Teil des Bewusstseins des Universums ist. Yogi, spirituelle Meister und Weisheitslehrer gleichermaßen sind davon überzeugt, dass wir alle in diesem universellen Bewusstsein leben, ob wir es wissen oder nicht. Durch dieses Bewusstsein ist alles Leben miteinander und mit dem Universum verbunden. Es durchzieht oder bildet die Grundlage von beidem: der Ewigkeit und der beschränkten Zeit unseres Lebens. Das Bewusstsein ist sozusagen bildlich gesprochen das Zuhause unserer Seele. Von dort kommt und inkarniert sie. Damit sind und bleiben wir, wenn wir uns auf Seelenebene betrachten, immer Bewusstsein. Es gibt sehr unterschiedliche Traditionen wie Yoga, Zen-Buddhismus oder Sufi, die sich auf praktische Weise einer Verfeinerung der Wahrnehmung und des Bewusstseins widmen. Tatsache ist, dass es jedem möglich ist, eine Verbindung mit diesem Bewusstsein zu erreichen. Dummerweise erkennen wir das in unserer menschlichen Inkarnation nicht notwendigerweise, sondern haben uns sehr daran gewöhnt, einer anderen – sehr menschlich individuellen und oftmals egoistischen – Betrachtungsweise unseres Daseins zu folgen.
Ich persönlich habe mich für die Bewusstseinsreise entschieden, um mit mir selbst in Kontakt zu kommen. Sicher gibt es noch eine Vielzahl anderer Methoden. Aber es bleibt ja jedem selbst überlassen, ob und wie er diesen Zugang zu sich selbst finden will. Das Interessante an Bewusstseinsreisen – und in diesem Oberbegriff möchte ich auch die mentale schamanische Reise einbeziehen – ist, dass