Vom Licht ins Leben. Edit Engelmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Edit Engelmann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783946723653
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Anspruch. Beide sagten mir unabhängig voneinander und trotzdem übereinstimmend, dass aus dem Unterbewusstsein, wo die Seele ja auch zu Hause ist, nur die Bilder gezeigt werden, die man zum jeweiligen Zeitpunkt auch im Bewusstsein und in der Wirklichkeit verarbeiten kann. Diese Bilder können sowohl aus realen Quellen stammen, also etwas, was man vorher schon einmal gesehen hat, oder auch komplett aus dem Reich der Fantasie kommen. Von daher solle ich mir keine Sorgen machen und gegebenenfalls auch nicht unnötig darüber grübeln, wenn mir gezeigte Bilder oder Sequenzen unverständlich bleiben. Mein Zusammenspiel von Geist/Seele/Körper wüsste schon etwas damit anzufangen.

      Auf einer meiner Bewusstseinsreisen – wir sprachen genau über dieses Buch, und ich reflektierte darüber in meiner abendlichen Meditation – hatte ich einmal das Bild eines Spinnennetzes. Ich sah eine unendliche Vielzahl an Wesen, Tiere, Berge, Bäume, Menschen, alle waren mit Spinnweben miteinander verbunden. Wenn sich eines davon bewegte, setzte es das ganze Netz in Bewegung. Diese Reisen sind ja immer sehr gefühlsintensiv – gerade für mich, die ich im wirklichen Leben eher zu den Kopfgesteuerten gehöre, ist es etwas Besonderes, Gefühle so intensiv erfahren zu können. Bei diesem Bild war es ein wirkliches Gefühl des Verbundenseins, des Wissens, dass man mit jeder kleinen Bewegung einen ganzen Apparat in Bewegung setzt und welche Verantwortung das bedeutet.

      Und ich spürte die Liebe, mit der ich diese Bewegungen im Netz machen sollte, um andere damit nicht zu verletzen. Gleichzeitig war es für mich die einfachste Darstellung des „Alles-ist-Eins“. Und wie es oft so ist, wenn einem Gedanken Bilder in den Kopf setzen: Seitdem denke ich wirklich verstärkt darüber nach, wen ich wohl mitberühre im Spinnensetz, wenn ich irgendwelche Aktivitäten in Gang setze oder Entscheidungen treffe.

      Einfach ausgedrückt ist die Seele der göttliche Funke, unser unsterbliches Sein in einem ätherischen, energetischen Zustand, eine Essenz unsterblichen Bewusstseins, das wir aus dem Lichtraum der Ewigkeit in diese Inkarnation mitgebracht haben und auch wieder mit zurücknehmen. Sie stammt aus dem großen, universellen, göttlichen, absoluten Bewusstsein – wie auch immer man es nennen mag. Schon bevor sie inkarniert, hat die Seele sich einen Plan zurechtgelegt, was sie auf der Erde als Mensch erfahren möchte.

      Inkarniert im Menschen ist sie zwar immer noch Bewusstsein, „vergisst“ aber alles – das Woher und Warum –, um den geplanten Lebensplan leben zu können. Gewöhnlich verhält sie sich ziemlich zurückhaltend und meldet sich selten lautstark und direkt von selbst – und gewöhnlich nur, wenn ihr die Diskrepanz zwischen unserem Leben im Menschsein und ihrem ursprünglichen Lebensplan zu groß wird. Dann macht sie sich verstohlen oft nur durch Krankheiten physischer und psychischer Art bemerkbar.

      Krankheiten können also letztendlich ein Zeichen sein, dass die Seele mit Macht versucht, uns etwas zu sagen. Viele Metaphern im täglichen Sprachgebrauch bringen diesen Umstand zum Ausdruck. Unfälle und Krankheiten sind zumeist ein Zeichen dafür, dass die Seele schon viel zu lange mit etwas nicht einverstanden war. Es gilt herauszufinden, was das sein könnte und es zu ändern. Erst dann ist übrigens auch die Krankheit besiegt und nicht nur das Symptom bekämpft.

      Da die Seele so zurückhaltend und rücksichtsvoll ist, ist sie natürlich auch sehr empfindsam. Auf Traumata reagiert sie mit Rückzug, und damit dieser auch vollständig ist, verschließt sie die Erinnerung mitunter so gut, dass man als Mensch bewusst gar nicht mehr daran kommt. Man hat ein Erlebnis komplett vergessen. Indigene Völker sagen, dass dann ein Teil der Seele verlorengegangen ist. Und das bleibt er auch, wenn man ihn nicht irgendwann wieder integriert. Dies kann durch eine Seelen-Rückholung geschehen, aber auch, wie bei mir, unbeabsichtigt auf einer Bewusstseinsreise:

       Das Gesicht des Löwen – eines wahren Königs der Löwen. Groß und gewaltig. Ein Riesenlöwe. Leise frage ich: „Warum treffe ich dich?“ Er schaut mir tief in die Augen und ich versehe: Ich soll wieder lernen zu brüllen. Dann nimmt er mich an die Hand und geht mit mir zu einem Felsen. Wahrscheinlich hat sich diese Szene aus „König der Löwen“ bei mir so festgesetzt, dass ich sie jetzt als Bühne in diese Traumreise einbaue. Auch dieser Gedanke flatterte aus der Realität mit hinein.

       Jedenfalls sitze ich zusammen mit dem Riesenlöwen auf dem Felsen, meine Beine baumeln über dem Abhang und ich brülle. Ich brülle immer wieder. Im Einklang mit dem Löwen. Laut und aus vollstem Herzen. Ich fühle, wie gut mir das tut. Es ist so schön und frei, und ich fühle mich rundherum wohl. Jetzt weiß ich auch, warum ich den Workshop für das Obertonsingen besucht habe. Auch dort ging es um das Öffnen der Stimme und das Brüllen.

       Dann zeigt er mit das Tal. Das alles ist Macht, begreife ich. Macht ist nicht Macht ausüben über etwas, Macht ist etwas machen, frei und offenen Herzens machen können. Das ist das Wichtige, was es zu verstehen gilt. Es ist die Kraft, die in mir steckt und mich ermächtigt, mein Leben zu machen. Ich soll einmal laut brüllen. Ob ich das verstanden habe? Er schaut mir in die Augen.

       Er ist nicht unfreundlich, aber auch nicht ganz lieb. Zur Macht braucht man Mut. Ich fühle mich unbehaglich. Mein Herz schmerzt plötzlich. Ich habe Angst. Weiß aber nicht, wovor und warum. „Was bedeutet das?“, frage ich ihn. „Zeige es mir bitte.“

       Das Bild der Wüste und des Felsen verschwindet. Vor meinen Augen taucht ein Affenschädel auf. Sieht irgendwie auch „König der Löwen“-mäßig aus. Der Film muss mich ja wahnsinnig beeindruckt haben. Was will der Affe mir sagen?

       „Was hast Du mit Mut zu tun?“, frage ich ihn. Ich habe keine Angst vor dem Affen. „Zeig mir Affe, was es mit der Angst zu tun hat.“ Mein Herz schmerzt immer stärker. Die körperlichen Symptome einer Angst stellen sich jetzt physisch bei mir ein. Ich atme schwerer. Noch immer weiß ich nicht, woher diese Angst kommt. „Zeig es mir, Affe. Zeig mir den Grund für die Angst.“

       Der Affe greift sich an seine Nase – und zieht nach oben über die Stirn hinweg eine Maske ab. Langsam. Darunter ist noch eine Maske. Auch die zieht er herunter. Wieder eine Maske. Er zieht sie ab, diesmal schneller. Masken um Masken erscheinen. Immer schneller zieht er sie ab. Endlich wirft er die letzte auf den Boden. Was kommt dahinter zum Vorschein? Nichts. Der Affe ist verschwunden.

       Die Angst sind Masken, hinter denen nichts ist. Sie kommt in den unterschiedlichsten Masken, mal heiter, mal froh, mal düster, mal horrormäßig. Aber es sind immer Masken, Verkleidungen. Dahinter ist nichts.

       „Was hat das mit mir zu tun, liebe Masken?“ Du musst begreifen, dass hinter der Angst nichts ist. Es verinnerlichen. Dann müsste der Herzschmerz aufhören.

       „Tut er aber nicht“, rufe ich in das Bild. „Woher kommt diese Angst dann?“ Ich möchte sie loswerden. Ich möchte das nicht mehr fühlen. Diesen Krampf im Magen, diesen rasenden Puls. Immer wenn ich in Situationen gerade, wo ich Menschen nicht kenne, wenn ich alleine in einem Raum Unbekannter stehe. Von wegen Small Talk und Zugehen auf Menschen. Ich ersticke in diesen Moment in Angst.

       Wusch! Wie mit einem Wisch sind die Masken verschwunden. Dort steht ein kleines Mädchen. Blond, mit zwei Zöpfen, einem roten Kleid und grauen Strumpfhosen. Ich. Ungefähr 6,7 oder 8 Jahre alt. Das war die Zeit als ich aufgehört habe zu brüllen wie der Löwe. Das war die Zeit, als ich meine Kraft eingepackt und mich nicht mehr getraut habe, mich zu äußern, meine Meinung kund zu tun, für mich einzustehen. Stattdessen habe ich geschluckt. „Warum war das so?“ Auf diese Fra-ge erhalte ich keine Antwort. Es wird also wohl nicht wichtig sein, dass ich den Anlass kenne.

       „Kann ich jetzt wieder brüllen?“ Vielleicht nicht gleich, aber ich kann es sicherlich lernen. Ich nehme das kleine Mädchen in den Arm. „Komm wieder zu mir.“ Plötzlich wird mir bewusst, dass hier gerade eine Seelenrückholung stattfindet. Ein Teil meines Selbst, der sich vor langer Zeit abgespalten hat, kommt zu mir zurück. Wenn es denn wirklich will. Um wieder brüllen zu können, brauche ich dieses kleine Mädchen in mir.

       „Wie kann ich Dich wieder integrieren?“ Vor meinem geistigen Auge erscheint ein Baobab, einer dieser afrikanischen Riesenbäume mit den unendliche vielen Ästen. Er öffnet von selbst seine Rinde, so dass ich eintreten kann.