Psychotherapie und Psychosomatik. Michael Ermann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Ermann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Медицина
Год издания: 0
isbn: 9783170368026
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alt="image"/> Kap. 18.2.1

      27 Schmidbauer (1977)

      28 Balint (1957)

      2 Erleben und Entwicklung aus psychoanalytischer Sicht

       2.1 Psychodynamik und die Verarbeitung von Erfahrungen

       2.1.1 Repräsentanzen

       2.1.2 Konflikt

       2.1.3 Struktur

       2.2 Entwicklungspsychologische Grundlagen

       2.2.1 Entwicklung und Reifung

       2.2.2 Psychoanalytische Entwicklungstheorie

       2.3 Marksteine der Entwicklung

       2.3.1 Die frühe intentionale Entwicklung

       2.3.2 Die frühe Individuationsentwicklung

       2.3.3 Die Autonomieentwicklung

       2.3.4 Die präödipale Entwicklung

       2.3.5 Die ödipale Entwicklung

       2.3.6 Entwicklungsaufgaben im weiteren Lebensverlauf

      Psychodynamik29 beschreibt das Zusammenwirken zwischen bewussten und unbewussten seelischen Prozessen als Hintergrund des gesunden und gestörten Erlebens und Verhaltens. Sie betrachtet seelische Vorgänge als Reaktionen auf innere Erfahrungen und äußere Ereignisse. Diese werden im Wesentlichen aus der Sicht der Persönlichkeits- und Krankheitslehre der Psychoanalyse beschrieben.

      Traditionell stand anfangs die intrapsychische Perspektive im Vordergrund, die den »psychischen Apparat« (die Dynamik zwischen den psychischen Instanzen) in das Zentrum der Betrachtung rückte. Neuere Entwicklungen zentrieren auf Beziehungserfahrungen mit anderen und deren Verarbeitung als Beziehungsmuster und Persönlichkeitsorganisation.

      Im Zentrum des psychodynamischen Ansatzes stehen Wahrnehmungen im Innern und Erfahrungen in zwischenmenschlichen Beziehungen. Mit Erfahrungen ist ein komplexes kybernetisches Geschehen gemeint: Motivationen, Erwartungen, Gestimmtheit, Erinnerung usw. Sie enthalten die Prozesse, die zusammenwirken, wenn ein Mensch sich mit anderen in Beziehung setzt. Sie werden Bestandteil der Persönlichkeit.

      Erfahrungen werden verinnerlicht und bilden psychische Repräsentanzen. Das sind komplexe innere Arbeitsmodelle, die bewusste und unbewusste Vorstellungen von der eigenen Person und von anderen als Leitbilder für das Verhalten30 enthalten:

      • Selbstrepräsentanzen sind Vorstellungen von der eigenen Person, dem Selbst. Sie umfassen alles, das wir als zu uns gehörig betrachten. Sie schließen Ziele, Stimmungen, Fähigkeiten und die Körperlichkeit mit ein.

      • Objektrepräsentanzen sind Vorstellungen von anderen Menschen, d. h. von den Objekten und allem, was wir zu ihnen gehörig annehmen.

      • Beziehungsrepräsentanzen enthalten die Vorstellungen darüber, was uns mit anderen verbindet: Triebwünsche, Affekte, Handlungen und alles, was das Selbst und die Objekte verbindet.

      Der Aufbau von Repräsentanzen ist eine spezielle Art der Informationsverarbeitung31. Ihr Ergebnis ist stark von konstitutionellen und entwicklungsmäßigen Faktoren abhängig. Eine zentrale Bedeutung hat dabei der neuropsychologische Entwicklungs- und Funktionszustand (image Kap. 2.2.1). Wir unterscheiden

      • den implizit-prozeduralen Modus: Er ist der entwicklungsmäßig frühe, vorsprachliche Modus der Informationsverarbeitung und führt zu affektiven und sensorisch-somatischen Erinnerungsspuren im impliziten Gedächtnis,

      • den explizit-deklarativen Modus: Er ist mit Bildvorstellungen verbunden, die in sprachlichen Begriffen und in bildhaften Symbolen gefasst sind und episodische, d. h. beschreibbare Repräsentanzen im expliziten Gedächtnis bilden.

      Die Gestalt der Repräsentanzen ist von der Reife basaler Funktionen wie Wahrnehmung, Denken, Abwehr usw. abhängig. Sie wird von Umgebungsfaktoren beeinflusst, z. B. von der Art und der Qualität der Beziehungen und Bindungen, in denen man aufwächst. Auch wenn sie in den prägenden Frühphasen der Entwicklung angelegt werden, so werden sie doch das ganze Leben lang umgestaltet. Dabei bilden die ursprünglichen Verinnerlichungen den Kern, während die Umgestaltungen dadurch zustande kommen, dass sie in ähnlichen Situationen zwar aktiviert, jetzt aber mit neuen Erfahrungen verbunden und in veränderter Form wieder »gespeichert« werden.

      Im Zentrum der Beziehungserfahrungen stehen Grundbedürfnisse. Dazu gehören das Streben nach Sicherheit, Bindung und Autonomie, narzisstische Geltung und Bestätigung, die Befriedigung von Triebbedürfnissen, das Streben nach Lust und Entspannung und die Abwendung von Angst, Überreizung und Frustration. Die Art und Weise der Verarbeitung dieser Grundbedürfnisse und die Unterstützung, welche die Umgebung dabei bereitstellt, formen die Persönlichkeit. Sie wird in einem lebenslangen Prozess in der Begegnung mit andern fortwährend weiterentwickelt und umgestaltet.

      Neuere psychoanalytische Konzepte orientieren sich an der Säuglings- und Bindungsforschung und betrachten die Entwicklung des Selbst und der Repräsentanzen als einen intersubjektiven Prozess.32 Dabei beachten sie nicht nur den Einfluss der Erziehungspersonen auf die Entwicklung, sondern ebenso die Einflussnahme des Säuglings bzw. des Kindes auf die Eltern und Erzieher. Sie beschreiben die Interaktionszirkel und die dabei entstehenden Erfahrungen. Das Selbst, also der Kern einer Person, entsteht danach aus der Bezogenheit zwischen den Beteiligten und wird in jeder Begegnung neu gestaltet. So kann auch eine Psychotherapie neue Beziehungserfahrungen vermitteln und die Person verändern.

      Konflikte (confligere [lat.] zusammenstoßen) bezeichnen unlösbare Gegensätze, die als Widerstreit zwischen gegenläufigen Motivationen und Strebungen erlebt werden. Paradigmatisch dafür sind Triebkonflikte auf der reifen (neurotischen) Entwicklungsstufe, z. B. Konflikte zwischen Begehren und Versagung. Misslungene Konfliktlösungen bilden die Disposition für die Entstehung einer Konfliktpathologie.

      In einem weiteren Sinne wird auch das Antinomieerleben (im Sinne von Widersprüchlichkeit) in frühen Entwicklungspositionen unter dem Paradigma einer Konfliktpsychologie betrachtet. Hier handelt es sich aber nicht um eigentliche motivationale Konflikte, sondern um Entwicklungspositionen, die durch phasenspezifische Grundbedürfnisse gekennzeichnet sind, z. B. durch Bedürfnisse nach Sicherheit, Bindung oder Anerkennung. Die Zurückweisung solcher Bedürfnisse im Verlauf der