»Gern«, nickte die Magd. »Ich bin mit dem Fahrrad hergekommen. Da merkt man schon, daß der Hof net gleich um die Ecke liegt. Ein Kaffee wär’ schön.«
»Sag’ mal – hat’s einen besond’ren Grund, daß du da bist?« wollte Daniela wissen.
Resl hatte sich gesetzt, Ria Stubler stellte ihr die Tasse hin und ging hinaus.
»Ihr habt ja bestimmt ein bissel was zu plaudern«, meinte sie verständnisvoll.
»Ja, natürlich hat’s einen Grund«, antwortete die Magd und rührte Zucker und Milch in den Kaffee. »Er heißt Andreas.«
Plötzlich durchfuhr es die junge Frau siedendheiß.
»Was ist mit ihm? Hat er dich geschickt?«
»Er mich…?«
Resl schüttelte den Kopf.
»Nein, ganz bestimmt net«, fuhr sie fort. »Dazu ist er viel zu stolz. Da vergräbt er sich lieber in seinem Kummer. Ganz besonders, nachdem…«
Die Lehrerin sah sie irritiert an.
»Nachdem was? Und überhaupt, warum hat der Anderl Kummer?«
Wieder schüttelte die Magd ihren Kopf, diesmal war es ein deutliches Zeichen von Unverständnis.
»Ja, weißt du’s denn net? Weil er dich liebt und weil er net mehr derselbe ist, seit es aus ist, zwischen euch beiden.«
Sie trank einen Schluck.
»Und dann hat er dich auch noch geseh’n. Dich und den and’ren!«
Daniela war abwechselnd blaß und rot geworden, und ihr Herz schlug vor Aufregung.
Andreas liebte sie immer noch! Das war die schönste Nachricht überhaupt.
»Wo?« fragte sie. »Wo hat er mich geseh’n?«
Resl holte tief Luft.
»Vorgestern«, erwiderte sie. »Ich war im Dorf, zum Einkaufen, Andreas hatte in der Stadt zu tun. Auf dem Rückweg hat er mich beim Herrnbacher wieder abgeholt.«
Die junge Frau erinnerte sich. Dann hatte sie sich also nicht getäuscht, und es war Resl gewesen, die vor ihr an der Kasse gestanden hatte. Natürlich erinnerte sie sich auch an die überraschende Begegnung mit Claus.
Daniela fuhr sich über das Gesicht. Fataler hätte die Szene, in der Andreas sie da sah, gar nicht sein können! Natürlich mußte er annehmen, daß sie und Claus ein Paar waren, so aufdringlich, wie der Kollege sich gegeben hatte.
»Das ist doch alles ganz anders«, sagte sie und erklärte, in welch einer Situation Claus sie durch sein Handeln gebracht hatte.
»Dann ist gar nix zwischen ihm und dir?«
»Nein!«
Die Erwiderung klang verzweifelt.
»Er liebt mich, sagt er. Aber ich, ich kann nur an den Andreas denken. Ich wünschte, Claus würd’ lieber heut’ als morgen wieder abreisen und mich in Ruhe lassen.«
»Na, dann ist doch alles in Ordnung.«
Daniela schaute vor sich hin.
»Ich weiß net, ob’s wirklich in Ordnung ist«, meinte sie. »Wenn du sagst, Andreas wär’ zu stolz – vielleicht will er in seinem Stolz gar net wissen, daß er sich in dem, was er zu wissen glaubt, täuscht.«
»Dann mußt’ es ihm halt sagen.«
Natürlich mußte sie das.
Aber wie?
»Es müßt’ einfach noch mal so sein, wie im letzten Jahr«, dachte sie laut. »Der Tanzabend im Löwen war der schönste Abend meines Lebens.«
Resl stieß sie an.
»Das ist’s doch«, sagte die Magd. »Du mußt ihn auf dem Tanzabend wiederseh’n. Allerdings…, das wird net einfach sein, ihn zu überzeugen, daß er hingeht. Seit dem letzten Jahr geht er kaum noch aus.«
Die ältere Frau trank ihren Kaffee aus. Sie machte ein entschlossenes Gesicht.
»Ich werd’ ihn überzeugen, daß er mal wieder unter Leute muß, wenn er dann auf dich trifft, wird er net umhin können, mit dir zu sprechen.«
Daniela machte ein nachdenkliches Gesicht.
»Aber, was mach’ ich mit Claus?« überlegte sie. »Er hat mich schon für Samstag eingeladen. Ich kann ihm doch schlecht absagen…«
»Dann gehst’ eben mit ihm hin. Da wird er schon merken, daß er net der Mann deines Herzens ist, wenn du und der Andreas…«
Warum net? dachte Daniela. Vielleicht ist eine Radikalkur wirklich das beste Mittel, seine Hartnäckigkeit zu brechen. Selbst um den Preis, daß sie ihm weh tun mußte.
Auch wenn es keinen Andreas Waldner gegeben hätte – Claus Rendel wäre niemals der Mann, mit dem sie ihr Leben hätte teilen wollen!
*
Am nächsten Tag sprach sie mit Pfarrer Trenker darüber. Morgen war bereits Samstag, und ihr Herz klopfte rasend schnell, wenn sie nur daran dachte.
Der Bergpfarrer hatte die junge Lehrerin zum Essen eingeladen. Natürlich hatte es eine Diskussion mit Claus deswegen gegeben, der es wirklich lieber gesehen hätte, wenn sie auch an diesem Tag mit ihm zusammen gewesen wäre.
»Wir könnten doch an diesen See fahren«, argumentierte er. »Ich hab’s mir auf der Karte angeseh’n, es ist net weit.«
Das wußte sie natürlich selber. Unzählige Male war sie schon an dem Achsteinsee gewesen.
»Claus, es ist ›mein‹ Urlaub, den ich hier verbring’«, sagte sie schließlich mit fester Stimme. »Und ich möcht’ ihn mir so einrichten, wie ich’s mir vorstell’! Daß du jetzt plötzlich da bist, bedeutet für mich noch lang’ net, daß wir ständig zusammenhocken.«
Er machte ein bedrücktes Gesicht. Um ihn nicht gänzlich vor den Kopf zu stoßen, verbrachte Daniela eine Stunde mit ihm. Sie saßen in einem Straßencafé, aber eine richtige Unterhaltung wollte nicht aufkommen.
»Wann seh’n wir uns denn wieder?« fragte er zaghaft, als es Zeit war, zu gehen.
Ihre harten Worte von vorhin taten ihr schon wieder leid.
»Wir können ja am Nachmittag einen Spaziergang machen«, schlug sie vor.
Diese Aussicht stimmte ihn versöhnlich.
»Prima, Dani«, nickte er. »Dann viel Spaß bei Pfarrer Trenker. Grüß’ ihn recht schön und richt’ ihm aus, daß ich auf sein Angebot zurückkommen werd’.«
Mit einem süßsäuerlichen Lächeln ignorierte sie, daß er wieder einmal die verhaßte Abkürzung ihres Namens benutzt hatte.
»Mach’ ich«, antwortete sie und eilte den Weg zum Pfarrhaus hinauf.
Der Geistliche öffnete selbst.
»Da sind S’ ja«, freute er sich. »Kommen S’ nur. Frau Tappert hat alles vorbereitet.«
Im Eßzimmer hatte bereits Max Trenker Platz genommen. Daniela begrüßte den Bruder des Bergpfarrers.
»Schön, dich zu seh’n.«
Schon oft hatte sie mit dem feschen Polizisten das Tanzbein geschwungen.
»Wie geht’s Claudia?« erkundigte sie sich.
Die Lehrerin hatte Claudia Bachinger, Max’ große Liebe, im letzten Jahr kennengelernt. Sie und die Journalistin verstanden sich auf Anhieb, und Daniela freute sich immer, wenn sie die attraktive und sympathische Frau wiedersah.
»Sie kommt heut’ abend von Garmisch herüber«, erzählte Max, und deutlich war aus seinen Worten zu hören, wie sehr er sich darauf freute. »Morgen wollen