Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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war die inzwischen Vierzigjährige nur noch Hausfrau und Mutter.

      Florian saß auf seinem Bett und blätterte in einem Buch mit Disneyfiguren. Besonders Goofy, der Freund von Micky Maus, hatte es ihm angetan. Als er Sebastian hereinkommen sah, leuchteten seine Augen auf.

      »Grüß Gott, Hochwürden«, sagte er. »Das ist aber schön, daß Sie mich besuchen.«

      »Ich wollt’ mich doch mal erkundigen, wie’s dir so geht«, sagte der Geistliche.

      »Na ja, es geht so«, antwortete der Kleine. »Leider net so gut, daß ich mit meinen Freunden draußen spielen könnt’. Aber am Nachmittag kommt der Franzl herüber. Dann spielen wir mit meiner Eisenbahn.«

      Franzl Hartmann war der Nachbarssohn.

      »Das find’ ich aber lieb von deinem Freund, daß er dich besucht.«

      Sebastian hatte sich zu ihm auf das Bett gesetzt.

      »Paß mal auf, Florian. Die Mama und der Papa haben dir ja erzählt, was der Herr Professor dem Dr. Wiesinger vorgeschlagen hat.«

      »Ja«, nickte der Bub, »ich soll noch mal operiert werden. Aber dazu müßt’ ich nach Amerika fliegen.«

      »Richtig.«

      »Nur, das kostet viel Geld. Soviel haben wir gar net.«

      »Deshalb hab’ ich mir was überlegt. Der Max und ich werden die Leute bitten, Geld zu spenden, damit genug zusammenkommt, für die Reise und den Aufenthalt im Krankenhaus. Wenn jeder etwas gibt, dann könnt’s klappen, und in ein paar Jahren, wenn du etwas älter geworden bist, dann wirst’ mir in der Kirche bei der Messe assistieren. Dann bist’ nämlich alt genug, um Meßdiener zu werden.«

      »Meinen S’ wirklich, Hochwürden?«

      »Ganz bestimmt«, bekräftigte Sebastian seine Worte. »Du mußt nur ganz fest daran glauben, und dann wirst’ seh’n, eines Tag’s klettern wir zwei auf den höchsten Gipfel, den’s im Wachnertal gibt.«

      Florians Augen leuchteten wieder. Seine Mutter, die in der Tür stand, schluckte. Sie hatte Tränen in den Augen.

      »Glauben S’ wirklich, daß da genug Geld zusammenkommt?« fragte sie zweifelnd, nachdem Sebastian sich von Florian verabschiedet hatte.

      »Ich würd’s net sagen, wenn ich net davon überzeugt wär’, Burgl«, erwiderte der Geistliche. »Ich werd’ alles in meiner Macht Stehende tun, um dem Buben zu helfen.«

      Die Frau schluckte wieder.

      »Es tut gut, zu wissen, daß man net mit seinem Schicksal allein gelassen wird, sondern daß es Menschen gibt, die zu einem steh’n und helfen.«

      »Dazu sind wir doch da, um uns in der Not beizusteh’n«, sagte Sebastian zum Abschied.

      Als er durch das Dorf ging, war er voller Zuversicht, daß sein Spendenaufruf Erfolg haben würde. Es war eine seiner hervorragenden Eigenschaften, daß er selbst in der aussichtslosen Lage nicht die Hoffnung aufgab, sondern auch dann noch an Rettung glaubte, wenn sonst niemand mehr diesen Glauben aufbrachte.

      *

      Christine Salinger sah Frank Weilander erst am Abend wieder, als er das Restaurant zum essen betrat. Er hatte sich den gewohnten Tisch reservieren lassen und begrüßte sie mit einem herzlichen Lächeln.

      »Ich glaube, die Karte brauche ich nicht«, sagte er. »Ich verlasse mich da ganz auf das, was Sie mir empfehlen.«

      Frank beugte sich zu ihr und sah sie mit verschwörerischer Miene an. »Übrigens – hat jemand was von unserer Eisschlemmerei mitbekommen?« fragte er.

      Die Haustochter schüttelte den Kopf.

      »Na wunderbar. Dann können wir das doch morgen wiederholen. Gleiche Stunde, gleicher Ort?«

      Christine spürte, wie ihr wieder die Röte ins Gesicht schoß.

      »Ich weiß net…«, antwortete sie zögernd.

      »Ach bitte, machen Sie mir die Freude.«

      Die junge Frau überlegte. Morgen hatte sie ihren freien Tag. Die Aussicht, ein paar Stunden mit diesem attraktiven Mann zu verbringen, war schon verlockend.

      Aber durfte sie sich wirklich darauf einlassen?

      »Ich werd’s mir überlegen«, antwortete sie schließlich. »Uns’re heutige Spezialität ist frischer Steinbutt, mit Kapern, in Zitronenbutter gebraten.«

      »Das hört sich gut an«, stimmte der Sänger zu. »Und bringen Sie mir einen schönen trockenen Weißwein dazu.«

      »Da könnt’ ich Ihnen einen Sauvignon blanc empfehlen. Ein Wein von einem Winzer aus Südtirol.«

      »Prima«, freute Frank sich. »Ich habe übrigens noch eine Frage.«

      »Ja?«

      »Also, ich habe mir überlegt, daß ich gerne eine Bergwanderung machen würde. Es gibt ja recht viele Almwirtschaften in der Gegend. Wüßten Sie eventuell einen geeigneten Bergführer? Wissen Sie, alleine traue ich mir solch eine Tour doch nicht zu.«

      »Das ist allerdings auch net ratsam, wenn man keine Erfahrung hat«, erklärte Christine. »Aber es dürfte schwer werden, jemanden zu finden. Jetzt, in der Saison, sind die Bergführer alle ausgebucht. Jeden Tag wandern Gruppen in die Berge hinauf. Fragen S’ doch mal uns’ren Herrn Pfarrer.«

      Frank sah sie ungläubig an.

      »Sie meinen Pfarrer Trenker?«

      »Ja«, nickte sie. »Hochwürden ist leidenschaftlicher Wanderer und Bergsteiger. Bei ihm wären S’ in den besten Händen. Der kennt sich droben aus, wie kein zweiter.«

      Sie schmunzelte.

      »Im Vertrauen, wir nennen ihn, ob seiner Leidenschaft, den ›Bergpfarrer‹.«

      »Das werde ich versuchen. Ich habe Pfarrer Trenker heute morgen in der Kirche kennengelernt. Ich muß sagen, er hat mich sehr beeindruckt. Ihr Tip mit der Kirche war übrigens goldrichtig. So etwas muß man wirklich gesehen haben, wenn man in Sankt Johann Urlaub macht.

      Aber – was ist denn nun mit unserer Verabredung morgen…?«

      Christine holte tief Luft.

      »Ich kümmere mich erst einmal um Ihr Abendessen«, wich sie aus. »Über morgen reden wir später.«

      Ihr Herz klopfte wie wild, als sie in die Küche ging, um die Bestellung aufzugeben.

      Warum war er nur so interessiert an ihr?

      Diese Frage stellte sie sich die ganze Zeit über, während Frank Weilander am Tisch saß und es sich schmecken ließ.

      Sollte Franzi tatsächlich recht behalten haben, mit ihrer Vermutung, der Sänger habe sich in sie, Christine, verguckt?

      So richtig wollte sie es nicht glauben, aber tief in ihrem Inneren wußte sie, daß sie sich nichts mehr wünschte, als das.

      *

      Er holte sie mit seinem Wagen vom Haus ihrer Eltern ab. Schon Stunden vorher war Christine aufgeregt, die Nacht hatte sie ohnehin kaum schlafen können. Frank hatte nicht locker gelassen, bis sie der Verabredung zustimmte.

      »Aber, bitt’ schön, lassen S’ uns irgendwohin fahren, wo uns niemand kennt«, war ihre Bedingung gewesen.

      »Nichts lieber als das«, hatte Frank geantwortet. »Ich hole Sie gegen zehn Uhr ab. Sie müssen nur noch sagen, wie ich dorthin komme.«

      Christine beschrieb ihm den Weg. Das Haus der Eltern stand am Rand von St. Johann, an der Straße, die zur Kreisstadt führte. Wenn er sie dort abholte, hatte es den Vorteil, daß sie anschließend nicht mehr durch das Dorf fahren mußten, um es zu verlassen.

      Fröhlich lachend sprang er aus dem Wagen und hielt ihr die Tür auf.

      »Guten Morgen. Ich freue mich auf unseren Ausflug.«