Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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teilte die Tische des Restaurants für die Haustöchter ein. Auf besonderen Wunsch Sepp Reisingers sollte sie selbst das »Revier« übernehmen, wo auch der Tisch stand, der für Frank Weilander reserviert war.

      Der Sänger kam pünktlich herunter. Die Freizeitkleidung hatte er gegen eine helle Hose und ein dunkles Sakko ausgetauscht. Das krawattenlose Hemd wirkte zwar leger, doch machte seine ganze Erscheinung den Eindruck eleganter Zurückhaltung.

      Christine brachte ihm die Speisekarte und erklärte, welche Spezialitäten, außerhalb der Karte, noch vorbereitet waren.

      Frank bestellte zunächst als Aperitif ein Glas Portwein und entschied sich dann der Empfehlung der Haustochter zu folgen – gefüllte Perlhuhnbrust auf einer sämigen Rahmsauce, mit frischem Lauchgemüse und Semmelknödel. Dazu trank er einen leichten Rotwein aus der Pfalz.

      Franzi Sander trat zwischendurch an den Tisch und erkundigte sich, ob alles zur Zufriedenheit des Gastes sei. Das konnte Frank nur bestätigen.

      »Ihre Frau ist eine wahre Meisterköchin«, sagte er. »So gut habe ich sonst nur in den teuersten Gourmetrestaurants gegessen.«

      Dieses Lob freute den Gastwirt.

      »Ich werd’s meiner Frau sagen«, meinte er und entfernte sich mit einer Verbeugung.

      Christine räumte ab, nachdem der Sänger seine Mahlzeit beendet hatte.

      »Haben S’ noch einen Wunsch?« fragte sie zuvorkommend. »Vielleicht ein Dessert?«

      »Nein, vielen Dank«, schüttelte Frank den Kopf. »Die Portion war so reichlich bemessen. Höchstens noch einen Espresso.«

      Die Haustochter lächelte und nickte.

      »Gern’, Herr Weilander.«

      Zufrieden lehnte er sich in dem bequemen Sessel zurück und schaute sich um. Das Restaurant war gut besucht, was für einen normalen Wochentag erstaunlich war. Es mußte wohl an dem hervorragenden Essen liegen, das hier serviert wurde.

      Während er auf seinem Zimmer saß, hatte er überlegt, wie er seinen Urlaub gestalten sollte. Auch wenn ihm eher danach gewesen wäre, auf seinem Zimmer konnte er sich schließlich nicht die ganze Zeit verkriechen. Auf dem Tisch lagen einige Prospekte über St. Johann und Umgebung. Frank hatte darin geblättert. Eine Bergwanderung schien ihm verlockend. Allerdings würde er dazu einen Führer brauchen. Alleine traute er es sich nicht zu, eine solche Tour zu unternehmen.

      »Was gibt es denn sonst noch, das man gesehen haben muß, wenn man in Sankt Johann war?« erkundigte er sich bei Christine Salinger, als sie ihm den Espresso servierte.

      Die junge Frau brauchte nicht lange zu überlegen.

      »Auf jeden Fall müssen S’ die Kirche besichtigen«, antwortete sie. »Die ist sehenswert. Außerdem gibt’s ganz in der Nähe den Achsteinsee, ein wunderschön gelegener Bergsee, auf dem man Boot fahren oder surfen kann.«

      Frank überlegte. Früher, als er noch nicht so berühmt war, da war das Surfen eine Leidenschaft von ihm gewesen. Jetzt allerdings schien es ihm keine gute Idee zu sein, diesen See zu besuchen. Bestimmt würde er an jeder Ecke erkannt werden. Aber der Hinweis auf die Kirche war interessant. Vielleicht würde er schon morgen das Gotteshaus aufsuchen.

      Jürgen Bender fiel ihm ein, und daß er seinem Manager versprochen hatte, ihm mitzuteilen, wo er sich aufhielt. Er unterschrieb die Rechnung, der Betrag wurde auf die Zimmernummer gebucht und später bezahlt. Dann verließ er das Restaurant mit einem Kopfnicken in Richtung der jungen Frau, die ihn bedient hatte.

      Eine aparte Erscheinung, dachte er, während er die Treppe hinaufstieg. Unter anderen Umständen wäre sie bestimmt einen Flirt wert.

      Aber das kam für ihn nicht in Frage. Noch immer gehörte seine ganze Liebe dieser einen Frau, und sein Herz schlug schneller, wenn er an Silvia dachte.

      Würde er jemals mit dieser Enttäuschung, der größten seines Lebens, fertig werden?

      Im Moment schien es nicht so. Als sie ihm sagte, daß sie die Beziehung beende, da war es, als würde ihm der Boden unter den Füßen weggezogen und er stürze in ein tiefes schwarzes Loch. Nur mit allergrößter Anstrengung gelang es ihm, seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen und die Tournee zu beenden. Auch ganz aufzuhören und seine Karriere an den Nagel zu hängen, war ihm in den Sinn gekommen, und noch immer spielte er mit diesem Gedanken.

      Da war für einen Flirt, oder gar eine neue Liebe, kein Platz in seinem Leben.

      *

      Frank Weilander stand eine ganze Weile vor der Kirche, ehe er sie betrat. Er betrachtete den hohen, schlanken Turm, der in den Himmel zu streben schien, und bewunderte die bunten Gläser der Fenster. Sie zeigten Motive aus dem Leben der Heiligen und dem Alten Testament.

      Als er sich schließlich im Vorraum befand und durch die Glastür in das Innere spähte, entrang sich ihm ein bewundernder Laut.

      Rot, Gold und Blau waren die vorherrschenden Farben, in denen das Gotteshaus geschmückt war. Die alten Baumeister waren geradezu verschwenderisch damit umgegangen. Die Kirchenbänke waren weiß lackiert, auf vielen standen die Namen der Familien, die seit alters her dort ihren Stammplatz hatten.

      Langsam ging der Sänger durch das Mittelschiff bis zum Altarraum hinunter und blieb vor dem großen, schweren Kreuz stehen. Er war überwältigt von dem, was er sah.

      Ein Bild an der Wand unter der Galerie erregte seine Aufmerksamkeit. Er trat näher und betrachtete es. Das Ölgemälde hieß Gethsemane, wie er auf einem Hinweisschildchen lesen konnte, das daneben angebracht war, und zeigte den Erlöser, am Abend vor der Kreuzigung, im Gebet versunken.

      Gleich daneben stand auf einem Holzsockel eine Madonnenstatue. Frank mußte sich eingestehen, daß er nicht viel von der Kunst der Holzschnitzerei verstand, aber er sah, daß es sich um ein Meisterwerk handeln mußte.

      Unerwartet öffnete sich die Tür, neben der das Bild hing, und ein Mann trat heraus. Frank Weilander war unwillkürlich einen Schritt zurückgetreten. Der Mann lächelte ihn freundlich an.

      »Grüß Gott. Ich hoff’, ich hab’ Sie net erschreckt?«

      »Ein wenig schon«, gab der Sänger zu und schaute sich unsicher um. »Ich habe geglaubt, ich wäre ganz alleine in der Kirche. Hoffentlich störe ich nicht.«

      »Keineswegs«, versicherte der Mann und reichte ihm die Hand. »Ich bin Pfarrer Trenker und freu’ mich immer, wenn Besucher hereinschau’n.«

      Frank schaute ein wenig ungläubig. Er hatte sich einen Landpfarrer immer anders vorgestellt. Dieser hier hatte eher Ähnlichkeit mit einem prominenten Sportler oder Schauspieler, so wie er aussah.

      Über das stets leicht gebräunte Gesicht des Geistlichen glitt ein Lächeln. Er kannte die Reaktion vieler Fremder, die ihm zum ersten Mal gegenüberstanden. Sie waren stets leicht verunsichert.

      Der Besucher erwiderte den Händedruck

      »Frank Weilander«, stellte er sich vor.

      »Das hab’ ich mir schon gedacht«, nickte Sebastian Trenker.. »Ich hab’ Sie sofort erkannt. Schön, daß Sie bei uns Urlaub machen. Sie werden schnell herausfinden, daß Sankt Johann ein ganz besonderes Fleckchen Erde ist.«

      Er machte eine einladende Handbewegung.

      »Kommen S’, ich zeig’ Ihnen ein bissel was.«

      Interessiert folgte Frank ihm und erfuhr allerlei Wissenswertes über die Geschichte des Dorfes und des Gotteshauses. Pfarrer Trenker erwies sich als brillanter Kenner, und seine lebhaften Erklärungen vermittelten dem Sänger ein umfassendes Bild.

      Kurz darauf betrat ein anderer Mann die Kirche. Es war der Mesner, Alois Kammeier. Als er sah, daß Hochwürden sich mit einem Besucher unterhielt, störte er nur ungern. Doch die Angelegenheit, die er mit dem Pfarrer zu besprechen hatte, war äußerst dringlich.

      »Entschuldigen S’ mich einen Augenblick«, bat Sebastian.