Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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sprachen und sich einig waren, wie es weitergehen sollte.

      »Wie auch immer ihr euch entscheidet, auf jeden Fall wirst’ mit Tobias sprechen müssen«, ermahnte Sebastian sie noch einmal.

      Auch auf der Fahrt zum Anstetterhof versuchte er, weiter auf das Madel einzuwirken. Insbesondere Vroni davon zu überzeugen, daß eine Liebe zwischen ihr und Markus keinen Bestand haben würde, egal, wie sie sich entschied – mit ihm zu gehen, oder zu bleiben.

      Als er die junge Frau abgesetzt hatte und wieder zurück fuhr, war er indes nicht sicher, ob seine Worte auf fruchtbaren Boden gefallen waren.

      Nur eines hatte er Vroni abringen können, das Versprechen, noch heute mit Tobias zu reden und ihm zu sagen, wie es um sie stand.

      *

      Die Sonntage waren dazu da, sich auszuruhen und neue Kraft für die Arbeit der kommenden Woche zu schöpfen. Außer, daß die Tiere versorgt werden mußten, gab es nicht viel zu tun auf den Berghöfen rings um St. Johann, und ein jeder versuchte sich zu erholen, so gut es ging.

      Tobias Anstetter fand indes keine Ruhe. Nach dem Mittagessen war er in seine Kammer zurückgegangen und hatte sich auf das Bett gelegt. Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf, doch im Grunde ging es nur um eine Angelegenheit – Vroni und Markus.

      Das Essen war in ungewöhnlich ruhiger Atmosphäre eingenommen worden, eine richtige Unterhaltung wollte nicht aufkommen. Auf die Frage, was Pfarrer Trenker von ihr gewollt hatte, gab Vroni nur eine ausweichende Antwort, und Markus saß ganz still da, ohne ein Wort von sich zu geben.

      Nachdem er eine halbe Stunde ruhelos auf seinem Bett gelegen hatte, stand Tobias auf und zog seine Arbeitskleidung an. Die Wände des Zimmers schienen immer näher zu rücken, und er hatte das Gefühl, in der Kammer nicht mehr atmen zu können. Er ging die Treppe hinunter. Im Haus war es ansonsten still. Die Eltern hielten Mittagsruhe, und der Bruder und Vroni waren auch irgendwo zu sehen.

      Tobias schaute erst nach Liesl und dem Kalb. Dann ging er in die große Scheune hinüber. Morgen sollte gepflügt werden. Eigentlich hätte er die Pflugschar am nächsten Morgen angebaut. Mehr aus Langeweile, als aus Arbeitswut montierte er jetzt den Roder ab, der noch am Traktor hing, und setzte das andere Gerät dahinter.

      Es dauerte eine Weile, bis er damit fertig war. Hinterher säuberte er den Roder mit dem Hochdruckreiniger. Zufrieden betrachtete er anschließend sein Werk.

      Daß Vroni hinter ihm stand und ihn eine ganze Weile beobachtete, bemerkte er zunächst nicht. Erst als er sich umdrehte, sah er sie.

      »Das hätt’ doch auch Zeit gehabt bis morgen«, meinte das Madel.

      Der junge Bauer zuckte die Schultern.

      »Ich hatte gerad’ nix and’res zu tun«, antwortete er.

      Vroni hatte immer noch ihr Sonntagsdirndl an. Sie verschränkte die Arme vor der Brust.

      »Hast’ einen Augenblick Zeit für mich?« fragte sie.»Ich hätt’ da was mit dir zu bereden…«

      »Freilich. Um was geht’s denn?«

      Er fragte zwar, aber eigentlich wußte er die Antwort bereits.

      »Net hier«, bat sie. »Laß uns ein Stück geh’n.«

      Sie spazierten über das brachliegende Feld, direkt hinter dem Hof. Tobias schaute versonnen auf die zum Greifen nahen Berge.

      Ob ich jemals wieder dazu komm’, eine Tour zu machen?

      Vorerst sah es nicht so aus. Er wußte nicht, woher er die Zeit dazu nehmen sollte. Den Vater konnte er unmöglich alleine lassen mit der Arbeit.

      »Ich dachte, es ist höchste Zeit, daß ich endlich auf deinen Antrag zu sprechen komm’«, sagte Vroni schließlich.

      Tobias nickte. Allerdings fragte er sich, warum sie ihm da noch etwas erklären wollte. Es war doch nicht zu übersehen gewesen, wie sie sich entschieden hatte.

      »In all den Jahren, die ich bei euch auf dem Hof leb’, seid der Markus und du immer wie meine Brüder für mich gewesen«, fuhr Vroni Behringer fort. »Bis ich erfahren hab’, daß ich eigentlich eine Waise bin, hab’ ich das auch immer geglaubt.

      Und später hab’ ich mir nie vorstell’n können, daß da mal mehr daraus werden könnt’. Aber nun ist’s gescheh’n – du hast dich in mich verliebt, und ich mich in den Markus. Niemand hat diese?Entwicklung vorhersagen können, und niemand hat Schuld daran.Es ist einfach passiert. Das Schicksal hat’s wohl so gefügt.«

      Tobias, ich hab’ dich von Herzen gern’, das mußt’mir glauben. Aber ich kann deinen Antrag net annehmen und deine Frau werden. Ich lieb’ nun mal den Markus, und ich kann mich net dagegen wehren.«

      Sie waren stehengeblieben und sahen sich an. Tobias atmete schwer. Er hatte eigentlich nicht erwartet, etwas anderes zu hören, und doch spürte er tiefe Wehmut in seinem Herzen, als Vroni von ihrer Liebe zu seinem Bruder sprach.

      »Kannst’ mich ein bissel versteh’n?« fragte sie bittend.

      Er nickte.Was sollte er darauf auch sonst antworten? Was immer er sagen würde – Vroni würde ihm nicht zuhören. Jedem Argument, das gegen diese Beziehung sprach, würde sie widersprechen.

      Liebe macht blind, dieses Sprichwort bewahrheitete sich immer wieder.

      »Ich dank’ dir, daß du mich net länger im Ungewissen läßt«, sagte er zu ihr.»Und ich wünsch’ euch Glück, dir und dem Markus.«

      Vroni wußte sehr wohl, wie weh sie ihm tat. Mit Tränen in den Augen küßte sie ihn auf die Wange.

      »Ich wußte, daß du mich versteh’n würdest«, atmete sie befreit auf und lief zum Hof zurück.

      Der junge Bauer blieb auf dem Weg stehen. Er fuhr sich mit der Hand über die Stelle, auf die sie ihn geküßt hatte. Unter anderen Umständen hätte er diesen Kuß als angenehm empfunden, doch jetzt brannte er wie Feuer. Er dachte an den Abend, an dem er ihr den Heiratsantrag gemacht hatte. Seinen ganzen Mut mußte er dafür zusammennehmen. Dann die Tage des Wartens und der Hoffnung.

      Hätte er sich mehr um sie bemühen müssen, ihr mit kleinen Gesten zeigen, wie ernst es ihm damit ist?

      Wahrscheinlich hätten seine Bemühungen nichts gefruchtet. Für das Madel stand ja schon fest, daß es Markus liebte, da hatte er von Anfang an keine Chance.

      Verloren, dachte er bitter, während er auch langsam wieder zurückging. Verloren, wie so oft gegen den Bruder.

      Eines wollte er noch tun, nahm er sich vor. Mit Markus sprechen und herausfinden, wie ernst es ihm damit war. Und gnade ihm Gott, wenn er nur mit dem Madel spielte!

      *

      Zu dieser Aussprache sollte es in den nächsten Tagen allerdings nicht kommen. Ständig war Markus unterwegs, als ginge er dem älteren Bruder aus dem Weg. Und wenn sie wirklich mal zusammensaßen, dann waren sie nicht alleine.

      Auch Vroni sah tagsüber recht wenig von ihrem Liebsten. Viele der alten Freunde und Bekannten hatten ihn zu sich eingeladen, und der Bauingenieur folgte diesen Einladungen gerne. Fast hatte es den Anschein, als wäre er froh, nicht auf dem elterlichen Hof sein zu müssen.

      Die Abende jedoch verbrachten sie zusammen. Oft spazierten sie in der Gegend umher, suchten sich einsame Plätze, an denen sie ungestört waren. Während Markus die Stunden der Zweisamkeit und die Küsse des Madels genoß, wartete Vroni fieberhaft darauf, daß er endlich das Gespräch auf ihre gemeinsame Zukunft brachte.

      Daß Markus diesem Thema bewußt auswich, ahnte sie nicht. Nachdem beinahe eine Woche seit dem Tanzabend vergangen war, schnitt sie es selber an.

      Es war ein herrlicher Sommerabend. Noch recht früh. Vroni hatte ihre Arbeit auf dem Hof rechtzeitig erledigt, so daß es noch ein paar Stunden waren, die sie mit Markus zusammen sein konnte. Vom Hof weg waren sie die dahinter liegende Almwiese hinaufgewandert. Dabei hielten sie sich an den Händen. Vroni war glücklich, aber in dieses Glück mischte sich