Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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wirbelten sie mit den anderen Paaren über die Tanzfläche, und für einen Moment war vergessen, was Lisas junges Herz bedrückte. Nach einer weiteren flotten Melodie, schloß sich ein langsamer Walzer an.

      »Ich hab’ Florian gebeichtet, daß ich dir von seiner Krankheit erzählt hab’«, sagte Sepp, während sie sich langsam im Rhythmus der Musik bewegten.

      »Und – war er dir bös’?«

      Ihr Tanzpartner schüttelte den Kopf.

      »Nein. Seit wir uns kennen, und das sind mittlerweile schon sieben Jahr’, haben wir immer über alles reden können. Manchmal gab’s schon Situationen, wo’s hätt’ kritisch werden können. Aber durch uns’re Offenheit, mit der wir uns begegnen, haben wir’s immer wieder geschafft, Differenzen zu klären, bevor sie zu einem wirklichen Problem werden konnten.

      Ich hab’ ihm auch gesagt, wie’s um dich steht...«

      Das Madel sah ihn mit großen Augen an.

      »Wie hat er reagiert?«

      »Ich glaub’, er ist sehr glücklich.«

      Sie tanzten in der Nähe ihres Tisches, und Lisa sah zu Florian hinüber, der auf seinem Platz saß und nachdenklich vor sich hinschaute.

      Nachdem Sepp ihm von Lisas Gefühlen erzählt hatte, war er von einem unbeschreiblichen Glücksgefühl erfüllt gewesen. Doch inzwischen hatte dieses Gefühl kühler Ernüchterung Platz gemacht. Florian Brunner fragte sich, ob er Lisa wirklich an sich binden durfte. Das Schicksal, das ihm bevorstand, schloß eine glückliche Beziehung eigentlich aus, denn sie konnte nicht von Dauer sein.

      Konnte er wirklich erwarten, daß sie sich an ihn band, in der Gewißheit, daß ihnen nur eine kurze Zeit vergönnt war?

      Mit gemischten Gefühlen war er zum Abendessen gegangen. Zum einen freute er sich auf sie, zum anderen wäre er lieber für sich auf dem Zimmer geblieben.

      Seine, trotz aller Schicksalsschläge, positive Einstellung ließ ihn schließlich am Essen und Tanz teilnehmen. Hatte er doch dem Freund erklärt, daß er sich nicht zurückziehen und in sich vergraben wolle.

      Nur wie er Lisa begegnen sollte, wenn die Stunde gekommen war, in der sie sich erklärte, das wußte er nicht.

      »Wollen wir tanzen?« hörte er sie fragen und blickte auf.

      Sepp hatte sie an den Tisch zurückgebracht. Aufmunternd nickte er dem Freund zu. Florian lächelte und stand auf.

      Lisa spürte, wie ihr Herz vor Aufregung und Glück raste, als er ihre Hand nahm und sie auf das Parkett führte. Dann vergaß sie alles um sich herum. Sie hatte die Augen geschlossen und schwebte wie auf Wolken durch den Saal.

      *

      Florian erging es nicht anders. Er fühlte sich glücklich, wie seit langem nicht mehr.

      Es muß Liebe auf den ersten Blick sein, dachte er. Wieder wurde ein langsamer Walzer gespielt, und Lisa hatte ihre Arme um seinen Hals geschlungen.

      »Ich liebe dich, Florian«, flüsterte sie an seinem Ohr. »Ich liebe dich mehr, als ich sagen kann!«

      Ganz eng umschlungen hielt er sie, schaute tief in ihre Augen, und dann fanden sich ihre Lippen.

      »Ach, Madel«, sagte er leise, »ich möcht’, daß dieser Augenblick nie vergeht.«

      Er zog sie von der Tanzfläche mit, hinaus in den lauen Abend. Sie hielten sich an den Händen, und Lisa wußte nicht zu sagen, ob es Tränen des Glücks, oder der Trauer waren, die ihr über das hübsche Gesicht liefen.

      »Ich hab’ mich gleich in dich verliebt«, gestand Florian. »Aber ich hab’ mich net getraut, es dir zu sagen. Du weißt...«

      Lisa nickte stumm.

      »Wie hätt’ ich dir meine Liebe gesteh’n können, im Wissen dessen, war mir bevorsteht?« fuhr er fort.

      Die junge Frau in seinem Arm schluchzte auf.

      »Was ist es denn nur für eine schreckliche Krankheit, die dich bedroht?« fragte sie.

      Florian zuckte die Schulter.

      »Keiner der Ärzte, die mich behandelt haben, konnte es mir so genau erklären«, antwortete er. »Was sie herausgefunden haben, ist, daß mein Immunsystem völlig zusammengebrochen war, und es irgendwelche Antikörper sind, die verhindern, daß ich wieder gesund werd’. Sie konnten mir allerdings auch keine Hoffnung machen. Ein Medikament, das diese Antikörper bekämpft, gibt’s net. Die Tabletten, die ich einnehm’, verlängern zwar mein Leben, aber mehr hab’ ich net zu erwarten.«

      Lisa hatte ihn angeschaut, während er sprach. Ihre Hände streichelten seine Wangen, und immer wieder schüttelte sie den Kopf.

      »Ich kann und will’s net glauben, daß es keine Rettung geben soll für dich«, sagte sie unter Tränen. »Du darfst nix unversucht lassen, und vor allem die Hoffnung net aufgeben.«

      Florian versuchte zu lächeln, aber es gelang ihm nur halb. Der resignierende Ausdruck in seinem Gesicht blieb.

      »Glaubst’ net, daß ich schon alles versucht hab’? Bei unzähligen Ärzten bin ich gewesen. Monatelang hab’ ich im Krankenhaus gelegen. Jedesmal mit neuer Hoffnung, nur um am End’ zu erfahren, daß es keine Hoffnung gibt.«

      Zärtlich küßte er sie auf die Stirn.

      »Nein, Lisa, für mich gibt’s keine Rettung«, sagte er. »Ich kann nur abwarten und das Beste aus dem bißchen Leben, das mir noch bleibt, machen.«

      Er sah sie eindringlich an.

      »Ist deine Liebe zu mir so stark, daß du dieses wenige Leben mit mir teilen willst?«

      Lisa zögerte keine Sekunde.

      »Ja, Florian, das will ich«, antwortete sie mit fester Stimme. »Und ich bitt’ dich um eines – laß dich noch einmal untersuchen. Hier, in Sankt Johann,

      gibt’s einen Arzt, der Beziehungen zu Professor Bernhard in München hat, der eine Koryphäe auf dem Gebiet der internistischen Medizin sein soll. Ich bitt’ dich von Herzen, sprich mit dem Dr. Wiesinger. Vielleicht gibt’s eine Chance, und wenn sie auch noch so winzig erscheint!«

      Er sah sie erstaunt an.

      »Woher weißt du das?« fragte der Kranke.

      Die junge Frau zuckte die Schulter.

      »Ich hoff’, daß du mir net bös’ bist«, erwiderte sie. »Aber ich mußt’ einfach einen Menschen haben, dem ich mich anvertrauen, und den ich um Rat fragen konnte. Ich war am Abend drüben, in der Kirche, und hab’ mit Pfarrer Trenker gesprochen.«

      Sie erzählte von der Unterhaltung mit dem Geistlichen, und was dieser ihr von dem berühmten Professor berichtet hatte.

      »Pfarrer Trenker ist so ein wunderbarer Mensch«, sagte Lisa. »Ich hab’ gleich das Gefühl gehabt, daß er meine Ängste versteh’n würd’. Er ist mehr, als nur ein Seelsorger. Er ist jemand, der für andere da ist, dem man jedes Problem anvertrauen kann und der bereit ist zu helfen, wenn ein Mensch in Not ist. Bitte, Florian, red’ mit ihm, und mit dem Arzt!«

      Florian hatte den Blick erhoben und schaute hinüber, zur Kirche, deren schlanker, in den Himmel ragender Turm von mehreren Strahlern erleuchtet wurde. Er dachte an die vielen Stunden, die er bei Ärzten und in Kliniken verbracht hatte, an die enttäuschenden Diagnosen und das bedauernde Kopfschütteln auf seine Frage, ob Aussicht auf Heilung bestand.

      Sollte er sich diesem allen wieder aussetzen? Diese quälenden Prozeduren wiederholen? Lohnte es sich überhaupt?

      Seine Augen suchten die ihren, und Florian konnte die ganze Liebe sehen, die darin stand. Und die Antwort auf seine Frage.

      Ja, es lohnt sich, dachte er. Für Lisa zu leben, lohnt sich! Konnte es ein größeres Glück geben, als mit dieser Frau gemeinsam den Weg zu gehen? Dafür wollte er kämpfen, jede Strapaze auf sich