Ethnobombe. Michael Exner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Exner
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783748209102
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dieser Zufall aufgefallen? - Alva, ich rede mit dir.“ Sie schüttelte seinen Arm.

      „Entschuldige, ich war in Gedanken, welcher Zufall?“

      „Findest du es nicht seltsam, dass auf der Welt die schlimmste Seuche seit Menschengedenken ausbricht und zufällig macht die gesamte Crème de la Crème der Mikrobiologie Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff?“

      „Also erstens sind lange nicht alle Koryphäen hier an Bord, zweitens macht hier niemand Urlaub, sondern hier wird ernsthaft gearbeitet und drittens scheinst du zu denken, wir haben dieses Inferno entfacht, um es in Ruhe von hier aus beobachten zu können.“

      „Genauso werden es die Verschwörungstheoretiker sehen.“

      „Aber jeder weiß doch, dass es seit einigen Jahren in Mode gekommen ist, mehrtägige Konferenzen auf Kreuzfahrtschiffen abzuhalten. Es gibt inzwischen viele Reedereien, die darauf spezialisiert sind und ihre Schiffe entsprechend ausgerüstet haben - mit Konferenzräumen beliebiger Größe und auch mit der entsprechenden Technik.“

      Alvas Verteidigung war schwach, weil er wusste, dass sie Recht hatte. In solchen Sachen hatte sie immer Recht. Sie kannten sich erst seit zwei Wochen, aber sie hatte ihn vom ersten Tag an mit ihren Analysen verblüfft. Sie war keineswegs so unbedarft, wie sie tat und hatte schon so manche verquere These vom Kopf auf die Füße gestellt.

      Inzwischen saßen sie in seiner Kabine und schlürften Rotwein. Er musste immer wieder den Kopf darüber schütteln, wie selbstverständlich sie sich bei ihm eingenistet hatte. Als Assistentin der Pittsburgher Institutsleiterin Mauters hatte sie hier an Bord nicht viel zu tun und da sie nicht Nichts tun konnte, hatte sie sich dem etwas weltfremden Alva da Sibo angeschlossen. Auf dem ganzen Schiff wurde getuschelt und gefrotzelt, was beiden allerdings herzlich egal war. Es ließ sich auch gut Witze reißen über ein Pärchen, bei dem der eine fast zwei Meter groß ist und der andere gerade eins fünfzig.

      Sie schauten fern, ohne allerdings wirklich etwas wahrzunehmen, denn die Bilder von Leichenbergen aus aller Welt waren sich so ähnlich, dass sie die Menschen kaum noch erreichten.

      „Wann ist das eigentlich genau losgegangen?“

      Da Sibo schreckte hoch. „Vor 14, nein 15 Tagen gab es die ersten Meldungen von einer Masseninfektion in Bogota, kurz darauf dasselbe aus Dar es Salaam und Anchorage.“

      „Was ist das denn für eine Mischung? Versteht das jemand?“ „Wir versuchen einen Zusammenhang zu finden, aber es gibt offensichtlich keinen. Nahe liegend wäre eine zentrale Infektionsquelle, von der aus alle drei Städte infiziert wurden. Wir haben alles gecheckt, vor allem Flugrouten, aber es ist aussichtslos, solange wir die Inkubationszeit nicht kennen. Wenn es denn wirklich eine Virusinfektion ist.“

      „Das geht dir einfach nicht aus dem Kopf, glaubst du immer noch an eine Vergiftung?“

      „Nein, nicht wirklich, so und so passt vieles nicht zusammen.“

      „Es sei denn, man glaubt tatsächlich an eine Verschwörung, so `ne Art Völkermord, nur größer. Man sollte sich fragen, wem das nützt. Nur fällt mir da niemand ein. Es sei denn…“ Sara drehte das Weinglas und schaute konzentriert hinein.

      „Siehst du was?“ fragte er amüsiert.

      „Ich spinne wohl schon langsam. Ich sollte nicht so viel Wein trinken. Aber Eines ist mir noch aufgefallen. Frau Kampa sprach davon, dass es schon vorgekommen ist, dass man Epidemien vorsätzlich ausgelöst hat. Gab es so etwas wirklich schon?“

      Alva zuckte die Schultern. „Wirklich verbürgte Fälle gibt es wohl nicht. Zumindest ein Versuch ist geschichtlich nachweisbar. Im 18. Jahrhundert hat man mit Pockenviren verseuchte Decken an indianische Stämme verteilt. Ob der Ausbruch der Pocken unter den Indianern danach wirklich durch die Decken ausgelöst wurde oder durch natürliche Übertragung lässt sich heute nicht mehr beweisen. Das war übrigens bei der Belagerung des Fort Pitt, dem heutigen Pittsburgh, wo unser Institut steht. Dann gab es noch einige Krankheitsausbrüche Mitte des 20. Jahrhunderts vor allem in Indien, bei denen man vermutete, dass sie absichtlich herbeigeführt wurden. Es konnte aber nichts bewiesen werden.“

      Sara wirkte immer noch nachdenklich. Dann schüttelte sie ihre Gedanken ab und fragte:

      „Wollen wir mal fragen, ob heute was Vernünftiges im Bordkino kommt?“

       Kediet Ijill

       Mauretanien

      „Wie konnte das schief gehen?“ Kalner war stinkwütend.

      „Damit konnte keiner rechnen. Wir haben uns gegen alles geschützt. Es konnte keinen unkontrollierten Ausbruch geben. Alles war sicher, nur auf die Idee, dass einer mit dem halbfertigen Virus einen Selbstversuch macht, kam keiner.“ Der Laborleiter war beleidigt.

      „Und wieso kam O'Hara dann auf diese hirnrissige Idee?“

      „O'Hara war für die Entwicklung des Impfstoffs zuständig. Die Ergebnisse waren nicht zufriedenstellend. Ja, ich habe ihn pausenlos Maß genommen. Er behauptete, die Misserfolge lägen daran, dass wir nur an Versuchstieren testen konnten. Er wollte, dass wir ein paar von den Einheimischen wegfangen sollten. Sie erinnern sich, ich habe gefragt.“

      „Ja, und ich habe abgelehnt, weil wir uns kein Aufsehen leisten können. Für die ansässige Bevölkerung sind wir eine friedliche Forschungsstation für die hiesige Wüstenfauna und -flora. Da können wir uns keine Gerüchte wegen ein paar verschwundener Mauretanier erlauben. Was ist genau passiert?“

      „O'Hara hat sich im Abstand von 3 Tagen zwei Impfungen gesetzt. Nach weiteren 10 Tagen hat er sich infiziert und zwei Tage später in Quarantäne begeben. Soweit alles normal. Da das am Wochenende passiert ist und niemand die ungenutzte Quarantänestation kontrolliert, ist es nicht entdeckt worden.“

      „Weiter!“

      „In der übernächsten Nacht ist O'Hara aus der selbst verordneten Quarantäne ausgebrochen und ist mit dem kleinen Jet nach Nouâdhibou geflogen, dort ein paar Stunden durch die Gassen geirrt und in einer Bar zusammengebrochen.“

      „Warum? Ich meine, warum ist er geflohen. Er hätte sich behandeln lassen können.“ Kalner hatte sich vorgebeugt.

      Agah Bayari nickte. „Das haben wir uns auch gefragt. Wir können nur spekulieren. Wahrscheinlich sind die psychischen Veränderungen, die wir bei den Laboraffen beobachtet haben, beim Menschen ungleich gravierender. Er hat vielleicht Wahnvorstellungen gehabt und ist deshalb an die Küste geflogen.“

      „Und weiter?“

      „Er ist in der Bar gestorben. Hat wohl noch ein paar Leute einer Touristengruppe angesteckt, die am nächsten Tag abgeflogen ist. Den Rest kennen Sie.“

      Kalner dachte nach. Sie mussten schnellstens verschwinden. Aber das war das kleinere Problem, darauf waren sie vorbereitet. Viel mehr Sorgen machte er sich über die Reaktion seiner Auftraggeber. Er wusste nicht, wie er ihnen erklären sollte, dass er den eingetretenen Fall nicht vorhergesehen hatte. Er hätte wissen müssen, dass dieses unzuverlässige Zivilistenpack nicht zu berechnen war.

      „Verdammte Eierköpfe“ knurrte er. Dann straffte er sich und griff zum Telefon. „Ja, Kalner hier, bereiten Sie die Evakuierung vor. Nein, nicht 'Rot', nur 'Gelb', also morgen Mittag, 1300.“

       Passagierschiff ‚Maaru‘

       Kleine Antillen

      Am nächsten Morgen kamen die Hubschrauber.

      Und die Patrouillenboote.

      Und die Seuche erreichte Europa.

      „Ausgerechnet Andalusien. Spanien hat schon vor 5 Tagen sämtliche Grenzen dicht gemacht, alle Häfen und Flughäfen geschlossen. Und trotzdem…“

      Sie saßen wieder im Konferenzraum und versuchten die neuen Nachrichten zu verdauen.

      Kampa sprach weiter: „Das Seltsamste ist, dass die Seuche nicht in irgendeiner Hafenstadt