DAS GEHEIMNIS DER 7 FEIGEN. ELIYA LOREN. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: ELIYA LOREN
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347114227
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hatte.

      Fabiano holte mich vom Flughafen ab und als erstes fuhren wir in sein Hotel, um meinen Koffer dort abzustellen. Er erzählte mir, dass er für mich alle Klaviere auf der ganzen Insel ausfindig gemacht hat. Wir zogen sofort los. Der Reihe nach klapperten wir alle Bars und Restaurants ab. Er zeigte mir die gesamte Insel und alle Klaviere, die er gefunden hatte. Das fand ich echt reizend von ihm. Es war sehr praktisch, jemanden an seiner Seite zu haben, der die Landessprache beherrschte.

      In einem kleinen Ort schlenderten wir gemütlich am Meer entlang, vorbei an einem kleinen Hafen, in dem gerade die Fischer ihre Boote reparierten und die Netze flickten. Es roch nach Meer, und ich sog tief die salzige Luft ein. Die Sonne brannte gleißend vom Himmel. Am Ende der kleinen Straße war ein winziges Restaurant, in dem ein Klavier stand. Es war stockdunkel in dem Restaurant und man musste mühsam über eine sehr enge, schmale und steile Treppe auf eine kleine Empore, wo das Klavier thronte. Fast musste man ein Akrobat sein, um an die Tasten zu gelangen. »Zu beschwerlich, lieber Fabiano«, lächelte ich ihn an. »Komm ich lade dich auf einen Cortado ein. Den haben wir uns jetzt verdient. Vor allem du für deine ganze Mühe!«

      Es wurde eine verrückte Woche – wilde, witzige Geschichten, die mir Fabiano von sich erzählte. Er konnte fesselnd reden. Ich hing an seinen Lippen. Er war ein ausgezeichneter, faszinierender und äußerst unterhaltsamer Geschichtenerzähler. Allein schon sein verdrehtes Deutsch brachte mich ständig zum Lachen.

      Er fängt mit einer Geschichte an, holt dann ewig weit aus, um in einer anderen und in noch zwei weiteren Geschichten zu landen, kehrt dann nach unendlich langen Ausführungen immer wieder zum Ausgangspunkt der ersten Geschichte zurück, um sie zuende zu erzählen. Ich war erstaunt, dass er seinen Ausgangspunkt immer wieder fand. Eine absolute Kunst!

      Es beeindruckte mich, wie gut er sich in der Mythologie auskannte. Er hatte sich die Mühe gemacht, über alle Götter, die in meiner ArtOpera vorkommen, eine interessante Info herauszusuchen und auszudrucken. Denn darum geht es unter anderem in meinem Musiktheater-Musical-Projekt.

      Fabiano war begeistert von meiner Musik und er wollte mehr hören. »Bezüglich deines Projektes habe ich mit dem Besitzer Antonio gesprochen, ob er es unterstützen würde. Doch ich befürchte, ich habe ihn zu sehr bedrängt.« Was man sich im Nachhinein bei Fabiano nicht so richtig vorstellen kann.

      Alle Klaviere, die Fabiano aufgespürt hatte, standen leider in den Empfangshallen der Hotels. Mit meinen Korrekturen hätte ich die Gäste eher belästigt und verscheucht, als ihnen eine Freude zu machen. Fabiano verstand, dass ich in den Hotels nicht die Ruhe gehabt hätte, um meine Kompositionen zu korrigieren. Also fuhr er mit mir in das Konservatorium der Hauptstadt. Dort ging er auf jeden zu. Sprach von der Putzfrau bis zur Direktorin des Konservatoriums, einfach mit jedem, bedankte sich, war höflich, blieb dabei ganz natürlich und war nie aufdringlich. Und tatsächlich arrangierte er, dass ich das Klavier im Konservatorium nutzen durfte. Fabiano lieh mir sein Auto, damit ich täglich dorthin fahren konnte.

      An einem Tag wollte er unbedingt mitfahren, um meine Kompositionen zu hören. Darüber freute ich mich natürlich. Er bewunderte meine Kunst genauso, wie ich die Seine bewunderte. Er war ein durchaus aufmerksamer Zuhörer und stellte interessante Fragen zu meinen Werken. Die eine oder andere Stelle wollte er noch einmal in einer ganz anderen Dynamik hören und fragte mich dann, wie mir dies gefiele. Es machte Spaß, mit ihm zusammenzusitzen und über Kunst zu diskutieren.

      Wieder zurück, spazierten wir am Meer entlang. Ich genoss die Wärme und die milde Brise, die durch meine Haare wehte und über meine Haut strich.

      »Du solltest eine kleinere Form, eine Miniatur deines Werkes, auf einem Festival vorstellen – einen Ausschnitt aus dem Ganzen, eine Art „Muster“ anfertigen, das aber in sich geschlossen ist«, schlug er vor. »Ich kenne eine Regisseurin, die kleinere Gruppen auf die Festivals schickt« – und er hatte dafür jede Menge Vorschläge.

      Es waren ziemlich gute Impulse für mich! Überhaupt – es war das erste Mal in meinem Leben, dass jemand so regen Anteil an meinem eigenen Projekt nahm. Ein wundervolles Gefühl! Und es motivierte mich.

      Ich ließ mir seine Anregungen durch den Kopf gehen. Vielleicht könnte ich die Geschichte von Persephone und Hades für dieses Muster nehmen? Die Geschichte hätte auch einen guten Aufbau: Die narzissenpflückende Persephone, in die sich Hades unsterblich verliebt. Nachdem Hades Zeus angefleht hat, ihm zu verraten, wo sich Persephone aufhält, gibt Zeus ihm einen Tipp. Daraufhin reißt der Gott der Unterwelt die Erde auf, kommt mit seiner Kutsche herausgefahren, raubt Persephone und verschwindet mit ihr in der Unterwelt. Hier erklingt Persephones klagende Arie aus der Unterwelt. Dann folgt der leidenschaftliche Tango „Tanz der Schatten“© und danach das Liebes-Duett zwischen Hades und Persephone – all das war für sich schon eine kleine Oper und eignete sich bestens für eine Art Muster.

      Immer wieder überraschte mich Fabiano mit neuen Geschichten und Details aus der Mythologie. Zu allem hatte er etwas Spannendes zu erzählen oder zu ergänzen, was ich noch nicht wusste. Bestimmt konnte ich noch eine Menge von ihm lernen! Auch gefiel mir seine besondere Art, an Dinge heranzugehen. Und – sehr wichtig – viele Fragen zu stellen. Fabiano hinterfragte alles! Das ist für mich, die ich fast ausschließlich alles intuitiv mache, neu. Dennoch ist es faszinierend, die Dinge von den unterschiedlichsten Seiten zu beleuchten. Über die meisten Fragen, die mir Fabiano stellte, hatte ich noch nie nachgedacht. In meinem Umfeld gab es niemanden, der solche Fragen gestellt hätte.

      Er setzte sich intensiv mit meinem Musiktheater auseinander und überraschte mich immer wieder aufs Neue mit seinen Kenntnissen. Mit seinem Wissen hatte er mir Einiges voraus. Na gut – schließlich war er ja auch ein gutes Stückchen älter als ich.

      CUEVAS

      Diesmal habe ich tatsächlich jemanden getroffen, der sich für mich einsetzt, und Fabiano wird sich, hoffe ich, nicht als Seifenblase entpuppen, so wie ich das schon oft erleben musste. Ich empfand es schon fast als ein kleines Wunder, dass sich jemand mit so viel Wertschätzung für mich und meine Projekte einsetzte.

      Immer verspürte ich eine unglaubliche innere tiefe Freude, wenn ich mit Fabiano zusammensaß und mich mit ihm austauschen konnte. Ich fühlte mich mit ihm, wie wenn ich „zu Hause“ angekommen wäre. Fabiano machte mir Mut und bestärkte mich ganz selbstverständlich in all meinen künstlerischen Angelegenheiten. Zu allem hatte er eine ganz eigene Sichtweise und originelle Ideen.

      Fabiano entführte mich in die Cuevas. Besser gesagt in eine Lavahöhle des ganzen Höhlensystems, das vor etwa 3000 - 4500 Jahren durch den Vulkanausbruch des Montana Corona entstanden war. Riesige Lavaströme flossen sowohl oberflächlich als auch unterirdisch Richtung Meer und hinterließen ein ungefähr 7 km langes Tunnelsystem, das nur zum Teil betreten werden kann. In manchen Höhlen sind größere Räume entstanden, in denen sogar Konzerte stattfinden.

      »Hier könnte ich mir deine Oper gut vorstellen«, schlug er vor. »Oh ja«, stimmte ich ihm zu, »die Höhlen wären die perfekte Kulisse für Hades und Persephone. Das ideale Bühnenbild für diese Szene.« Ich war begeistert.

      Verrückterweise hatte ich das Gefühl, ich hätte die Höhlen schon vorher besichtigt, bevor ich die Musik zu dieser Szene geschrieben hatte. Vielleicht existierte die Zeit doch nicht. Es war eine ausgesprochen mystische Stimmung in den Höhlen. Es war dunkel und feucht. Die Atmosphäre war unheimlich.

      Fabiano war sehr aufmerksam und nahm mich bei der Hand, denn im Dunkeln – und es war sehr dunkel – konnte ich nicht so gut sehen. Es war steinig und felsig. Der Weg ging sehr steil nach unten.

      In dieser Höhle gibt es ein besonderes außergewöhnliches Naturereignis. Wir kamen an eine Stelle und wie aus dem Nichts tat sich ein riesengroßer schwarzer Abgrund auf. Es war gespenstisch. Man hatte den Eindruck, es würde kilometerweit nach unten gehen. Dieses gigantische große Loch, das sich vor uns auftat, schien einen zu verschlingen. Die Stille war beklemmend. Ich bekam eine Gänsehaut. Mein Herz klopfte bis zum Hals. Doch was man in dieser tiefen, dunklen Höhle nicht sehen konnte und auch nicht vermutet hätte: Vor uns, als gähnender, endlos tiefer Abgrund getarnt, lag ein riesengroßer schwarzer See. Ohne die geringste Regung, keine Welle, nichts. Nicht die leiseste Bewegung, an der man hätte erahnen