5 Strand Krimis: Killer, Kohle und Konsorten. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783745213874
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Feller sah seine Frau nicht an. Er knibbelte an seinen aufgesprungenen Fingernägeln.

      "Das ist ja furchtbar", flüsterte Carola.

      "Ja, ja..."

      "Martin..."

      Ihre Hände berührten seine Schultern, aber er fühlte sich an wie ein steifes Brett.

      "Ich fahr noch los, um eine Kiste Bier zu holen", meinte er schließlich. "Ich brauche jetzt einfach ein Bier. Wir können uns nachher weiter unterhalten, ja?"

      Carola nickte langsam.

      "Gut."

      "Bis nachher dann..."

      "Bis nachher!"

      17

      Am Wochenende hatte Feller alle Hände voll zu tun. Jeweils am ersten Maiwochenende fand nämlich die Lüdenscheider Auto-Show statt. Das ganze Stadtzentrum war dann von einer riesigen Autoausstellung okkupiert, an der sich unter anderem zehn Lüdenscheider Autohäuser beteiligten.

      Da konnte Feller natürlich nicht fehlen.

      So eine Show brachte nach Fellers zwar nichts in die Kasse, aber wenn man fehlte war das tödlich für das Image.

      Also war er dabei.

      Das ganze hatte Volksfestcharakter. Die Bürgermeisterin eröffnete den Zirkus in einem feierlichen Akt und ein umfangreiches Rahmenprogramm sorgte für die nötige Stimmung.

      Die Dixie-Slickers spielten ihren Mississippi-Jazz und eine Puppenbühne sollte die Kleinen unterhalten, die darüber hinaus ihre Fahrkünste in einem Parkur für Bobbycars erproben konnten.

      Die Lüdenscheider Sieper-Werke, die unter der Bezeichnung Siku der größte Spielzeugautohersteller der Welt waren, hatten ihren Stand im Rathauseingang. Fellers Platz war leider ganz in der Nähe, und er wurde das Gefühl nicht los, dass die kleinen Flitzer seinem doch eher biederen Angebot die Schau stahlen..

      "Du bist doch gegen alles!", meinte Charly Wallmeier, nachdem er das Gemecker seines Chefs schon eine ganze Weile ertragen hatte. "Mein Gott, wenn's nach dir ginge, dann gäb's hier nur unsere Kutschen zu sehen, woll? Keine Oldtimer-Rallye und keine Sportwagen-Show! Aber ich sag dir eins: Dann würde auch wohl kaum einer kommen!"

      "Ha, ha!"

      "Chef, lass deine schlechte Laune zu Hause! Du erschreckst die Kundschaft, woll!"

      "Sag mal, wie redest du eigentlich mit mir, Charly!"

      "Wie mit einem Freund. Nämlich ehrlich."

      Die beiden Männer sahen sich gegenseitig einen Augenblick lang an, während die Dixie Slickers im Hintergrund OH, SUSANNAH spielten.

      Und dann bemerkte Feller den Mann, der am Rathauseingang herumlungerte, sich allerdings überhaupt nicht für die Ausstellung der Spielzeugautos zu interessieren schien. Er trug eine schwarze Ledermontur und fiel dadurch auf, dass er den Helm nicht absetzte. Das dunkel getönte Helmvisier war heruntergeklappt.

      "Heh, Charly, siehst du den da?", raunte Feller.

      "Ja, und?"

      "Der glotzt schon die ganze Zeit hier 'rüber!"

      "Ja, lass ihn doch glotzen."

      "Der macht mich nervös, Charly."

      "Chef, du bist mit den Nerven am Ende, woll? Fahr nach Hause, ich mach das hier schon. War wohl 'nen bisschen viel in letzter Zeit."

      Der Mann in der Lederkluft kam jetzt näher. Er ging direkt auf Martin Feller zu, blieb dann in einer Entfernung von wenigen Metern stehen. Der Helmkopf schien den Autohändler anzublicken. Dann ging der Mann weiter.

      Du siehst Gespenster, ging es Feller durch den Kopf. Fang jetzt nicht auch noch an zu spinnen!

      18

      Als Feller am Montag aus der Firma nach Hause kam, war das Bier schon wieder alle. Das Wochenende mit der Auto-Show saß ihm noch in den Knochen und dann das. Es half nichts, er musste nochmal los, bevor die Geschäfte dichtmachten.

      "Du trinkst zuviel", meinte Carola, die ebenfalls gerade nach Hause gekommen war.

      "Na und?"

      Feller spielte nervös mit dem Autoschlüssel, als er ins Freie trat. Der Himmel hatte sich bewölkt. Es war diesig geworden.

      Gedankenverloren schlenderte er zum Wagen, schloss auf und stieg hinein. Mit einer nachlässigen Bewegung steckte er den Zündschlüssel ins Schloss, drehte ihn herum und startete. Dann drehte er das Autoradio an.

      Eine Staumeldung reihte sich an die andere. Der Feierabend-verkehr setzte ein. Und auf der A45 hatte es gekracht. Ein Zwanzigtonner war umgekippt. Morgen würde man davon Bilder in der Zeitung sehen können.

      Martin Feller wollte gerade die Handbremse lösen, da knallte es plötzlich. Während die Frontscheibe zersplitterte, warf er sich zur Seite. Der Schaltknüppel fuhr ihm dabei schmerzhaft in die Rippen.

      Dreimal wurde insgesamt geschossen.

      Dann heulte der Motor eines davonbrausenden Motorrads auf.

      Feller schnellte hoch, sah vom Fahrer aber nur noch den Rücken.

      "Verfluchter Hund",, murmelte Feller leise vor sich hin.

      Wenigstens hatte er keine der kleinen Glasscherben in die Augen bekommen.

      Im nächsten Moment hörte er Schritte und die Stimme seiner Frau.

      "Martin!", rief Carolas helle, jetzt leicht hysterisch klingende Stimme.

      Martin Feller öffnete die Wagentür und krabbelte hinaus.

      "Ja?", ächzte er, als er wieder auf zwei Beinen stand.

      "Martin, was ist passiert? Die Schüsse..."

      "Eine Fehlzündung, sonst nix", meinte Feller in einem Tonfall, dem nicht anzumerken war, ob das eine ironische Bemerkung war, oder ob er es ernst gemeint hatte.

      "Martin, jetzt erzähl doch keinen Unfug! Ich war in der Küche, ich habe alles genau gesehen. Jemand hat auf dich geschossen und dann ist ein Motorradfahrer davongebraust! Sieh dir die Scheibe an! Und das da im Blech! Einschußlöcher."

      "Carola...", murmelte Martin Feller schwach, während sie ihn an sich drückte, froh darüber, dass ihm nichts passiert war.

      "Ich rufe die Polizei", meinte sie dann entschieden und blickte ihm dabei geradewegs in die Augen. "Vielleicht schnappen die den Kerl noch!"

      Carola wollte gehen, aber Feller gelang es gerade noch, sie am Arm zu halten, ehe sie ihm davonschlüpfen konnte.

      "Carola, so warte doch!"

      Ihr Blick drückte Verständnislosigkeit aus. Sie runzelte verwundert die Stirn.

      "Was ist denn?", fragte sie.

      "Bleib hier!"

      "Jede Minute ist kostbar!"

      "Du kannst die Polizei nicht rufen!"

      Pause.

      Zwei volle Sekunden lang sagte keiner von ihnen auch nur ein Wort. Carola nicht, weil sie einfach zu baff war. Und Martin Feller nicht, weil ihm einfach nichts Gescheites einfallen wollte, so sehr er seine kleinen grauen Zellen auch anstrengte.

      Natürlich war es Carola, die als erste die Fassung wiedererlangte.

      "Sag mal, tickt's bei dir noch richtig? Jemand schießt auf dich und du willst die Polizei nicht rufen?"

      "Ja, so ist es!"

      Carola stemmte die Hände in die geschwungenen Hüften.

      "Das musst du mir schon erklären!", forderte sie.

      Martin Feller