"Ach, ja? Sie haben nichts! Gar nichts!"
"Da wäre zum Beispiel die Waffe, mit der Sie Erichsen - in Notwehr - erschossen haben. Sie wurde bereits zuvor mehrfach benutzt. Bei Verbrechen, die seit vielen Jahren als ungelöste Fälle in den Aktenschränken schmoren!"
"Vermutlich Taten des Vorbesitzers!", erwiderte Feller. "Diese Waffe kann zuvor von Hunderten benutzt worden sein!"
"Nein, das ist nicht anzunehmen", sagte Moeller. "Ihre Frau beschuldigt Sie, ein Lohnkiller gewesen zu sein, der für die Stasi Auftragsmorde ausgeführt hat. Norbert Wolf war Ihr Komplize. Irgendwann haben Sie diese Sache dann an den Nagel gehängt. Sie wurden ein erfolgreicher Geschäftsmann. Ihr Freund Norbert hatte nicht soviel Glück. Sie mussten ihn finanziell unterstützen, nicht wahr? Sonst hätte immer die Gefahr bestanden, dass er Details Ihrer schillernden Vergangenheit ausplaudern würde..."
"Das können Sie nicht beweisen!"
"Das vielleicht nicht, aber das ist auch nur ein kleiner Mosaikstein in diesem Puzzle ", sagte Moeller. "Doch was die Morde angeht, die mit Ihre Waffe begangen wurden, werden Sie es schwer haben. Erichsen hat sehr umfangreich recherchiert, bevor er Sie und Wolf als Mörder seiner Eltern identifiziert hat. Das ganze Material lagerte in einem Schließfach."
Moeller holte ein Foto aus seiner Jackentasche.
Er legte es Feller auf den Tisch.
Dieser zuckte unwillkürlich zusammen.
"Sie kennen diesen Mann? Das dachte ich mir. Wie Sie auf dem Bild sehen können, ist er tot. Er war Mitarbeiter des Staatsicherheitsdienstes der DDR. Erichsen hat auch ihn getötet, dazu noch einen weiteren ehemaligen Stasi-Offizier. Ich nehme an, dass er aus ihnen noch einiges an Informationen herausgepresst hat, bevor er sie tötete..."
"Hören Sie auf", murmelte Feller.
Er saß in sich zusammengesunken da und atmete schwer.
"Ich hasse das mit den Handschellen", meinte Moeller. "Außerdem habe ich meine sowieso verbummelt. Aber Sie werden doch auch sicher keine Schwierigkeiten machen, wenn wir Sie jetzt mitnehmen, oder?"
53
Moeller hatte die Füße auf seinen Schreibtisch gelegt, kaute auf einem Brötchenrest herum und klappte die Lüdenscheider Nachrichten zu. Er faltete sie sehr sorgfältig. Schließlich war es Simitschs Exemplar und Moeller hatte es nur ausgeliehen. Zwar konnte Moeller sich nicht vorstellen, was sein Kollege noch mit einer Zeitung anfangen wollte, die er schon gelesen hatte, aber das war nicht seine Sache.
Simitsch ging auf und ab, die Hände in den Taschen seiner Hose aus reiner Schurwolle. In ungewohnter Lässigkeit hatte er heute sogar das Jackett ausgezogen und über seinen Stuhl gehängt.
Es geschahen noch Zeichen und Wunder.
"Die Dörner-Brüder sind zurückgekehrt und warten jetzt darauf, dass die Gläubiger ihnen das letzte Hemd ausziehen", meinte Simitsch.
"Ich glaube, die haben vorgesorgt", meinte Moeller.
Simitsch drehte sich herum.
Sein Blick fixierte Moeller. Er nahm ihm die Zeitung ab.
"Ordentlich genug gefaltet?"
"Es geht."
"Ich nehme an, du wirst sie dir aufheben und in dein Familienalbum kleben, Klaus! Schließlich wirst du dreimal in dem Artikel über den Feller-Fall erwähnt!"
"Naja..."
"Hängt das vielleicht damit zusammen, dass der Schreiber dein Vetter ist?"
Jetzt wurde Simitsch ärgerlich.
"Ich kann doch nichts dafür, dass er dich nicht erwähnt hat, Moeller!"
"Jetzt müsstest du 'woll' sagen!"
"Wieso?"
"Weil du das immer dann tust, wenn du im Stress oder im Unrecht bist!"
"Moeller, du spinnst!" Simitsch atmete tief durch. "Aber eins würde mich doch noch interessieren an der Sache... Ich meine, Feller hat in seiner Zeit als Lohn-Killer genug Morde begangen, die ihm dank Erichsens akribischer Recherche auch eindeutig nachzuweisen sind. Aber das mit seiner Frau... War es nun ein Unfall oder Mord?"
"Du bist doch der große Kriminalist von uns beiden", meinte Moeller. Er stand auf und ging zum Fenster. Und in seinem Kopf erklangen weiche, sanfte und etwas melancholische Saxophontöne.
ENDE
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