Aldarúun. Valeria Kardos. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Valeria Kardos
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783948397173
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      „Du doofe Nuss, ich bin lediglich sexuell aktiv“, echauffiert sie sich. „Ich meine, ich bin zwanzig und habe eine ausgeprägte Libido! Ich muss regelmäßig Sex haben, sonst“ – sie ringt nach den richtigen Worten – „sonst bekomme ich Pickel!“

      Ich muss mich beherrschen, um nicht wieder laut loszuprusten, und auch Liliana nippt an ihrem Cocktail, um ihren Lachanfall zu unterdrücken.

      „Pickel?“, wiederhole ich mit unschuldiger Miene.

      „Jawohl, und Herzrhythmusstörungen“, antwortet sie beleidigt. „Das habe ich in einer sehr seriösen Zeitschrift gelesen. Das ist wissenschaftlich erwiesen!“ Trotzig reckt sie ihr Kinn in die Höhe.

      „Ja, klingt wirklich sehr wissenschaftlich“, antwortet Liliana mit todernster Miene, bricht aber Sekunden später in lautes Gelächter los. Ich proste ihr kichernd zu.

      Ramona nimmt Kleiner auf den Arm. „Also wenn die Damen sich wieder eingekriegt haben, möchte ich darauf hinweisen, dass ich wenigstens lebe, wohingegen andere in diesem Raum ein Klosterleben führen.“ Sie blickt mich herausfordernd von der Seite an.

      „Was kann ich dafür, dass der Obstkorb, den man mir vorgesetzt hat, voller fauler Äpfel ist“, erwidere ich lachend.

      Liliana wischt sich eine Träne aus dem Auge und meint: „Angyalom, dir war doch bisher keiner gut genug. Du hattest an jedem, der mal Interesse an dir zeigte, etwas auszusetzen.“

      „Na, es waren ja auch alles Idioten“, antworte ich abwinkend. „Ich habe manchmal das Gefühl, dass die gesamte Ausschussware der männlichen Gattung in meinem Umfeld ausgekippt wurde. Egal wo ich hintrete, nur Hohlköpfe, Machos oder Weicheier.“

      „Meine Güte, was bist du desillusioniert und zynisch! Und das in deinem Alter, so habe ich dich aber nicht erzogen“, sagt Liliana kopfschüttelnd.

      „Mama, ich bin weder desillusioniert noch zynisch, nur realistisch. Es gibt heutzutage keine Ehre und keinen Heldenmut mehr. Eigentlich hat es den nie gegeben, das war immer eine Erfindung der Literatur.“

      „Nun, einen Helden gibt es aber doch“, sagt Ramona und lächelt wissend.

      Auch Lilianas Augen funkeln, als sie sagt: „Du hattest ihn damals in den höchsten Tönen beschrieben, aber seitdem nie mehr ein Wort über ihn verloren. Wieso eigentlich?“

      Ich versuche, mir das schöne Gesicht meines Retters wieder ins Gedächtnis zu rufen, aber es verblasst bereits. Das Einzige, was mich noch in meinen Träumen verfolgt, ist der intensive Blick aus diesen tiefgrünen Augen.

      „Der Mann war zu schön, um wahr zu sein“, antworte ich leise. „Er war zu meinem Glück einfach zur rechten Zeit am rechten Ort! Aber glaubt mir, Chancen hätte ich bei so einem Mann auf keinen Fall.“

      „Wieso glaubst du das?“, fragt Ramona überrascht.

      „Ihr habt ihn nicht gesehen. Aber ich versichere euch, ich spiele definitiv nicht in seiner Liga!“

      Die beiden Frauen wechseln betroffene Blicke. Ramona nimmt Kleiner vom Arm, dem das gar nicht gefällt, dann krabbelt sie zu mir rüber und legt ihre Arme um mich. „Also ehrlich, Süße, stell dein Licht nicht unter den Scheffel. Du bist wunderhübsch … du bist wie eine … eine … Zwiebel.“

      „Eine Zwiebel?“

      „Ich meine, du bist so facettenreich wie eine Zwiebel … okay, der Vergleich hinkt“, sagt sie grinsend. „Was ich sagen will, ist, dass du so viel mehr Größe und Charakter besitzt, als du es dir eingestehen möchtest. Na, und dein Aussehen spricht doch für sich. Ich beneide dich um deine wunderschöne dunkle Haarmähne und du hast an den richtigen Stellen Rundungen. Ich sehe mit meinen zwei kleinen Pickeln aus wie ein Junge.“ Sie blickt an sich herunter und rümpft die Nase.

      „Also ich finde, du siehst fantastisch aus und deine Brüste passen eben zu deiner Figur“, sage ich und betrachte meine hübsche Freundin.

      „Anja hat recht“, bestätigt Liliana und fügt trocken hinzu: „Außerdem – hättest du mehr Busen, würdest du vornüberkippen. Das wäre ganz schlecht für dein Gleichgewicht.“

      Auf unser anschließendes Lachen schreckt sogar Großer auf. Dieser rote Wildfang wird mir unglaublich fehlen und ein Anflug von Traurigkeit erfasst mich. An Lilianas Gesichtsausdruck erkenne ich, dass sie ähnliche Gedanken haben muss.

      „Also irgendetwas ist anders als sonst“, sagt Ramona und blickt irritiert von einem zum anderen. „Was ist nur heute los mit euch? Habe ich da etwas nicht mitbekommen?“

      „War nur eine harte Woche“, antwortet Liliana und winkt ab. „Wie wär’s, noch eine Runde, Mädels?“ Sie rappelt sich langsam auf und schubst Dickerchen sanft von ihrem Schoß, der missmutig brummt und sich ein paar Schritte weiter wieder zum Schlafen einkringelt.

      „Was für eine Frage, die Nacht ist noch jung“, gluckst Ramona und verbirgt ihr Gesicht am Hals von Kleiner. Während Ramona noch seinen pelzigen Bauch knuddelt, kommt Liliana mit drei frisch gemixten Cocktails zurück.

      Wir schaffen es tatsächlich, unsere Befangenheit vor den zukünftigen Ereignissen auszublenden, und genießen die Nacht in vollen Zügen.

      11

      Als ich am nächsten Morgen aufwache, habe ich das Gefühl, einen Waschbären im Mund zu haben. Wir trinken sonst nie Alkohol, aber dieser eine Abend im Monat ist uns dreien heilig und ohne Cocktails wäre es nicht dasselbe. Wir fühlen uns dann immer ein wenig wie die drei Frauen aus dem Film Die Hexen von Eastwick.

      Ich will mich aus dem Bett schwingen, aber etwas drückt meine Beine nach unten. Als ich an mir runterblicke, sehe ich Kleiner, der es sich auf mir bequem gemacht hat. Als ich mich bewege, streckt er sich genüsslich und tapst dann langsam zu mir hoch.

      „Oh, Schätzchen, bitte nicht auf meinen Bauch. Das tut dem Frauchen gar nicht gut“, jammere ich und schiebe ihn von mir. Irritiert stellt er sein Köpfchen schräg.

      Vorsichtig setze ich mich auf und erwarte, dass sich gleich alles zu drehen beginnt, aber es bleibt aus. Ich habe dieses Mal nicht ganz so viel getrunken und bin gespannt, welche der beiden Damen ramponierter aussieht.

      Ramona kommt mir auf dem Gang mit zerzausten Haaren in T-Shirt und Slip entgegen.

      „Morgen, gut geschlafen?“

      „Oohh … brüll doch nicht so“, antwortet sie krächzend und verschwindet mit schweren Augenlidern im Badezimmer, gefolgt von Kleiner. Grinsend laufe ich die Treppe hinunter.

      Ich habe Kaffee aufgesetzt und den Esszimmertisch mit aufgebackenen Croissants, Brötchen und diversen Aufschnitten gedeckt, als zwei müde Gestalten langsam die Treppe herunterschlurfen.

      „Guten Morgen, Ladys, Frühstück ist fertig. Wurde aber auch Zeit, dass ihr endlich runterkommt.“

      „Danke, Angyalom, aber ich glaube, mein Frühstück heute wird nur aus Tomatensaft bestehen. Grundgütiger, vor zwanzig Jahren konnte ich solche Abende besser ab“, jammert Liliana und setzt sich vorsichtig, darauf bedacht, ihren Schädel nicht allzu großen Schwingungen auszusetzen.

      Stöhnend stützt Ramona ihren Kopf auf den Händen ab und schließt die Augen. „Ich trinke nie wieder einen Schluck Alkohol!“

      Liliana zieht amüsiert eine Augenbraue hoch. „Das hast du letzten Monat auch gesagt … und den Monat davor … und den Monat davor …“

      „Schon gut! Was kann ich dafür, dass ich so ein Kurzzeitgedächtnis habe?“, erwidert Ramona giftig und wirft ihr einen Halt-bloß-die-Klappe-Blick zu.

      Der Morgen danach ist doch immer wieder gleich.

      Grinsend beiße ich in mein Croissant.

      Nachdem Ramona noch half, das Chaos von gestern in der Küche zu beseitigen, steht sie nun im Flur und zieht sich ihre Jacke an. Für sie ist es nur ein einfacher Abschied,