Traumprotokolle. Christof Wackernagel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christof Wackernagel
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783866747821
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und er ist nicht so von vornherein dagegen wie früher, findet es im Prinzip sogar gut, kritisiert aber den Traum, in dem ich Priester bin, das findet er nicht gut und sagt: »sonst bist du doch immer nur mit den unteren Schichten zugange und seit Neuestem plötzlich dauernd mit den Herrschenden und Mächtigen« und ich sage ganz ratlos: »ja, was soll ich denn machen, ich kann doch nicht meine Träume – das sind doch alles meine echten Träume, das habe ich doch tatsächlich geträumt, dass ich Priester bin«, wozu er dann nichts mehr sagt, verstummt –

      – ich baue ein Haus und will, dass es obenrum überall dreieckige Fenster hat, untenrum aber, an den schmalen Teilen des rechteckigen Raums, normale rechteckige Fenster, die Bauarbeiter haben nur auf der einen Seite ein rechteckiges Fenster gebaut, an der gegenüberliegenden Seite aber nicht, und ich denke: »das kann man nachträglich noch einbauen« beziehungsweise raushauen, man kann es aber erstmal so lassen • ich mache Kopien von illegalen Texten in einer illegalen Wohnung, wir müssen aufpassen mit dem ganzen Hin und Her, zudem ist die Frage, ob das überhaupt einen Sinn hat, zumal es die letzten sind, die kommen, da kommt ein Zettel von Knut, dass es insgesamt elf Angehörige sind, je fünf Kopien, von denen drei schon da sind, aber nochmal die Frage, ob das überhaupt einen Sinn hat • ich als Vermittler, Mediator bei einer komplizierten wichtigen Angelegenheit und ich habe das auch gern gemacht • neue Fotos von Erika im Katalog der Agentur Alexander, fünf Stück, sehr schön, verschieden, sie jung, attraktiv, interessant; ich will ein neues Demoband schneiden, es sind aber noch nicht alle neuen Filme fertig, die von mir da rein sollen, und der Kleine von ihr – der Frau, die damit zu tun hat – soll sich nicht einbilden, er sei was Besonderes, und die Fotos von mir werden vom Haus gegenüber gemacht, wie ich bei mir auf dem Dach stehe und gucke • mit Tomas Arana mit dem Motorrad unterwegs, eine steile, breite, Naturstein-gepflasterte Straße hoch, bei der mir, kurz bevor ich oben bin, der Motor versagt, es nicht mehr schafft, ich fürchte, rückwärts runterzurollen, und ich stelle mich in letzter Sekunde quer zum Abhang, lasse neu an und fahre problemlos in Serpentinen hoch, wo ich das Motorrad an der Mauer, die die Straße absperrt, abstelle und das Vorderrad mit dem Zusatzschloss verriegle, wobei ich ihn etwas weiter unten am Abhang vor dem Haus stehen, in dem seine Wohnung ist, die er mir zeigen will, sehe und mir zuwinken; ich winke zurück und komme; es ist eine ziemlich verschachtelte, nicht allzugroße, aber verrückte Wohnung, gleich am Eingang ein Bad, am hinteren Ende der verschachtelten und auf mehreren verwinkelten Ebenen versetzten Zimmerfluchten ein zweites Bad aus dem er Parfüm für mich holt, weil ich so verschwitzt bin, das in einer flachen, rechteckigen Box schwimmt; er stellt es lässig vor mich hin, es schwappt drin und ich verstreiche was unter meinen Achseln – die Wohnung ist kompliziert gebaut, aber sehr billig, ein Schnäppchen, das er stolz vorführt, da kommt ein Nachbar und stellt sich, beide Arme in den Türrahmen gelehnt, in die Tür, begrüßt mich, kennt mich sogar irgendwoher, ist wohl ein Spanier oder Latino • Fips, Ebby und ich ziehen mit großem Aufwand, zwei LKWs voll, in ein weitläufiges Gehöft um, ein riesen Gelände, wir kommen da an und es läuft erstmal alles ziemlich chaotisch, das Zeugs wird alles ausgeladen und einfach irgendwohin gepackt, ich bin ziemlich genervt, setze mich mit Fips an einen Bordstein und sage leise im Vertrauen, dass wir so schnell wie möglich dafür sorgen müssen, dass diese ganzen Umzugsleute verschwinden, damit wir uns in Ruhe überlegen können, wie wir die Sache angehen, alles verteilen – wir haben jeder eigene Bereiche, die aber erreichbar nebeneinander liegen, haben das alles vorher schon ausgebaut, aber diese Umzugsleute gehen mir auf die Nerven, dass ich kaum einen vernünftigen Gedanken fassen kann, und Fips und ich sind uns bei dieser kleinen Besprechung einig, dass die so schnell wie möglich weg müssen, damit wir anfangen können, diese Häuser einzurichten, vor allem erstmal die beiden Küchen –

      – ich gebe Journalisten ein Interview, die ganz offensichtlich was rauskriegen wollen, Fangfragen stellen, mich aufs Glatteis führen wollen, mich ganz klar dazu bringen wollen, etwas zu sagen, was ich eigentlich gar nicht sagen will, aber das ist mir völlig egal; sie spielen mir alte Tonbänder von Willy Brandt vor und ich sage: »ja, das waren noch echte Politiker, nicht so wie diese SPD-Marionetten heute«, wofür ich als Beispiel diesen einen besonders gesichtslosen langweiligen Norddeutschen nennen will, der schon einige Zeit vor Schröder dran war, dessen Name mir aber nicht mehr einfällt, auch die Journalisten rätseln mit mir rum, wissen wahrscheinlich, wen ich meine, können sich aber auch nicht an den Namen erinnern, aber vor allem einer der Journalisten will mich auf eine Fährte locken und sagt, dass er das Grundstück gefunden hat, von dem ich in meiner Prozesserklärung geredet habe, und ich sage: »das will ich sehen!«, weil ich das auch nicht kenne, aber das ist dann irgendwie nicht machbar, ich bin in einer Art Keller mit ganz vielen Geräten und er ist oben, da kann man aber hochklettern und er zieht mich hoch; Rosemarie Fendel hat auch einen Text oder ein Interview oder irgendwas ganz wichtiges Investigatives heraus-gefunden, wo sie mich darin und damit ganz gut platzieren will, also dass ich Vorteile davon haben werde, wobei aber Renate, die auch da ist, ihren Anteil daran, weil es noch im Knast war, beschreiben soll, wofür Rosemarie schon einen Vorschlag hat, sogar Formulierungen, aber Renate sieht das und sagt sofort: »nee, das geht nicht, das passt jetzt nicht«, das sei so nicht gewesen und das würde ihr jetzt schaden, das will sie nicht haben, was mir aber ganz recht ist, denn dann steht sie da nicht drin, taucht ihr Name nicht auf und wirft ein schlechtes Licht auf mich – Christian Klar kommt mit einem riesigen Spiegel, den ein emigrierter Bulgare dagelassen und wo er mit großen Pinselstrichen draufgeschrieben hat, warum er emigriert ist: weil seine Eltern von den Nazis verfolgt wurden; Heiner will den Spiegel, aber Christian nimmt ihn einfach und wischt diese mit fetten weisen Pinselstrichen geschriebene Erklärung weg – wir sind in München am Stadtrand und ich bekomme eine Wohnung geschenkt – und wie ich bei dem Haus ankomme, in dem ich diese Wohnung habe, ist da alles angemalt, teilweise stehen die Gerüste noch rum, alles ist schön bunt angemalt und die Leute stehen zum Teil mit Sektgläsern auf der Straße und feiern und machen und tun und ich denke: »man muss ja nicht immer in der eigenen Stadt sein, um zu feiern, man kann auch woanders hingehen, wo die Leute es sagen, und dann geh ich hoch in meine Wohnung, obwohl ich den Schlüssel vergessen oder verloren habe – es ist ja ein Altbau – sehe aber noch beim Durch-die-Tür-Gehen, dass mein Name noch an der Türklingel steht, deren Namensschilder zwar überklebt sind, aber an der Seite noch etwas offen gelassen, so dass man »…nagel« noch lesen kann, gehe dann bis in den obersten Stock {wo wir ganz oben waren und unten Verbrecher sich besprachen, später dann der riesige Dachboden} {die Abführung durch die Soldaten aus dem Theatervorlesungssaal}, frage mich dort aber, während jemand die Treppe hochkommt, der auch so weit hoch will, ob das meine Tür ist, beziehungsweise stelle fest, dass sie das nicht sein kann, weil ich doch einen Stock tiefer wohne • das Schauspiel Stuttgart hat nun Matthias Hartmann als Intendanten, aber ich will trotzdem bei einer Inszenierung mitspielen, die wir bei uns im Studio geprobt haben, und muss die Requisiten mitbringen, die ich alle auf einem Rollbrett-artigen Gefährt ins Theater bringe, habe aber keinen Telefonkontakt und finde die Leute nicht mehr, mit denen ich spielen will, abends ist aber Vorstellung, und ich muss mitsamt meinem etwas unhandlichen Gefährt eine hinter einer mit grünem Samt bespannten Tür eine rutschige glatte Fläche runter, was ich zuerst ohne das Gepäck, aber mit einer Matratze mache, um zu sehen, ob es überhaupt geht, muss danach aber wieder hoch, was gerade noch geht, weil in die flache Rutschbahn andeutungsweise Treppenstufen eingebaut sind, damit man oben die Tür vor der Rutsche rausmachen kann, um an die weiteren Sachen zu kommen und die dann auch runterrutschen zu lassen, und auf dem weiteren Weg zum Theater komme ich mit meinem völlig überladenen Dreirad-artigen Rollbrett an einem am Straßenrand stehenden Eisverkäufer mit seinem Stand vorbei; er grüßt mich, weil wir uns kennen, freut sich, mich zu sehen, i ni fama22 so ungefähr, ich grüße zurück, bremse, kehre um, um wenigstens anstandshalber eine Kugel Eis zu kaufen und das Nötigste zu besprechen, weil er sonst beleidigt wäre, denn er gehört auch ein wenig zu der Truppe, mit der ich spiele, hat aber mit dem Theater als solchem nichts zu tun, aber dann sehe ich, dass die Eisballen auf seinem Wagen – nur drei riesige, einer länglich – ganz unappetitliche Haufen Menschenfleisch und Hautähnlich-keit haben, richtiggehend ekelerregend, und als dann der Gehilfe des Eisverkäufers, ein dicker, großer nackter Mensch, der ständig sein Gesicht abwendet und den ich auch versuche, nicht anzusehen, weil er nackt ist, mit der Eisschaufel das Eis rausschabt, ist es, als würde er wirklich in feiste, gespannte Menschenhaut schneiden, aber es ist Eis, das ist nur eine Irreführung und er schabt und