Traumprotokolle. Christof Wackernagel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christof Wackernagel
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783866747807
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beide nackt; sie räkelt sich, ist appetitlich gerundet und glatt, und wir verabreden uns zum Vögeln demnächst, »ist mal wieder fällig«, und ich eile in die Wohnung, wo es endlich Essen geben soll, und am Ende des langen Ganges steht Langhans-Ronald mit seinem Stativ beim Pförtner und verabschiedet sich, macht Smalltalk, da kommen seine beiden Frauen mit weiteren Fotoutensilien vorbei; ich lade sie zum Essen ein, aber sie hauen beleidigt ab, böse: »jetzt haben wir so lange gewartet, und nun ist es zu spät« –

      – wir fahren zu sechst im Auto nach Norden und gehen in Bremen in ein Konzert; eine seltsame Gruppe spielt, alle möglichen Stile, extreme Zuschauer, die zum Teil mit dem Rücken zur Bühne sitzen; zwei sind ganz fett und wippen im Bluestakt, ein Typ macht die Frauen an, da pöbelt mich ein Ordner an, dass ich dem »TAZ«-Verkäufer nicht helfen dürfe – ich fahre ihn sofort an und beiße ihn in die Hand und sage, dass ich zu seinem Chef will, das sei ein Skandal; er führt mich ohne Weiteres zu dessen Platz, draußen den breiten Gang entlang, aber als er mich durch die Glastüren in das danebenliegende Gebäude schickt, will ich nicht gehen, weil sie mich sonst vielleicht nicht mehr rein lassen, aber der Türwächter beruhigt mich, dass nach dem Beginn nicht mehr kontrolliert werde; der Chef steht neben riesigen Computern und Monitoren mit seinem Assistenten in einer kleinen Arena mit rotem Sand und als ich ihm mein Problem schildere, antwortet er: »das ist ein Konzert, als ob Tausend Sonnen glühten, funkelnde Pünktchen«, aber sein zweiter Mann weist ihn auf die Banalität meines Wunsches hin und darauf, dass ich Recht habe – da kommt er mit rüber, klärt das, und inzwischen ist Pause; Wanda kommt den Gang entlang und sagt: »das gibt immer eine Reaktion, wenn die Musik so schlagartig endet« –

      – Willy hat Krebs und liegt im Sterben und Nata gehört zu einer Unterstützergruppe, die ihn versorgt, macht sich wichtig und tut geheim rum, ich darf nichts wissen; was ich freilich blöde finde, und ich ärgere mich, bin beleidigt, während sie in Ruinen verschwindet, zwischen abgerissenen Häusern, von wo aus sie wohl abtaucht, während ich einen Spendenbittbrief aus Holland in der Hand habe, der sich wohl auf Willy bezieht, aber dann sehe ich Helfer in den Ruinen, die einen Schwerkranken tragen; ich frage mich, ob das Willy ist, aber dann sitze ich mit einer Frau, die an Esther erinnert, in einem kleinen Lokal im ersten Stock, sie hat auch damit zu tun, und wir gehen alle die schmale Treppe runter, es ist wie ein Wohnzimmer, das Lokal; einer ihrer Freunde kriecht mit mir aus einem seitlichen Kellerfenster, durch das ich kaum komme und vor dem ein Friedhof liegt, auf dem militärähnliche Übungen stattfinden; auf der Straße steht ein Kind, das einen der in der Nordsee treibenden Giftbeutel in der Hand hält, denn wenn man die abliefert, kann man eine Urlaubsreise gewinnen, und Nata sagt: »die sind völlig ungiftig, wenn sie trocken sind« • wir essen mit Mikas, und der Sohn bekommt sein Fleisch ungeschnitten, ein rohes, riesiges Ding, das er ratlos anschaut, und Nata sucht zu vermitteln; ich aber gehe in mein Zimmer, wo ich mit einem kleinen Bären mit einem langen Schwanz lebe und einem Hund; der Bär hat draußen ein kleines Becken, aus dem er gerade kommt, und marschiert nass in mein Zimmer, da aber gerade der Hund kommt und eifersüchtig ist, schiebe ich den Bär wieder zur – doppelten – Balkontüre raus, aber er will nicht; er wehrt sich, ich kriege ihn auch nicht ganz raus und wir kämpfen spielerisch miteinander; er schnappt nach mir und so weiter, und als nur noch sein Schwanz ins Zimmer ragt, sagt er, halb von draußen: »das ist doch ein evangelisches Dogma« − dass er raus soll −, was ich bestätige, obwohl der Hund es hören kann, was mir sehr unangenehm ist –

      – auf einem Parkplatz am Meer steht ein Citroën mit Wohnzimmer, in dem zwei Frauen sitzen, ich schaue eifersüchtig rein; eine englische Kommode, und ein dunkelbraunroter Sekretär stehen drin, überhaupt sehr vornehm eingerichtet, aber als ich meine Bewunderung ausdrücke, meint die Frau, ich solle doch nicht so tun, habe selbst doch viel Platz in dem Wohnmobil, das Nata spontan gemietet hat, damit wir noch diese Nacht zu einem fragwürdigen Konzert fahren können, was damit beginnt, dass Nata rasend rückwärts die schmale, kurvige Einfahrt hochfährt, aber auf meinen Protest meint sie, sie wolle mal ausprobieren, wie es genau ist, dreißig zu fahren, und dann fahren die beiden Schauspieler weiter, vorne in der Fahrerkabine, in die man durch ein Fenster sehen kann, während Nata hinten an der Tür sitzt und Obst von einem prallen Meisje kauft, und während ich von den Trauben nasche, rast der Fahrer so unsicher durch Baustellen, dass sein Beifahrer, der andere ältere Schauspieler, und ich ihn beschwören, mich ans Steuer zu lassen, und als er endlich einwilligt, schlage ich vor, dass Nata doch fahren könnte, aber die ist jetzt beleidigt, weil sie nicht in die Diskussion einbezogen wurde, und sitzt heulend am Straßenrand und droht, alle Brötchen wegzuschmeißen, hat die Tüte schon aufgerissen • Nata und ich ziehen mit einer großen Gruppe in Hardebek ein, und wir machen erstmal eine Besprechung, bei der ich vorschlage, für unser Projekt »Vergleich und Analyse in Gruppenstrukturen« einen Fragebogen zu machen und gleich bei uns damit anzufangen, worauf aber keiner so richtig eingeht, sondern die einen gehen rein, die anderen raus; ich denke, was die alten Hardebeker wohl dächten, wenn sie wüssten, dass ich nach all den Jahren bei ihnen einziehe, sage das auch, wozu Nata meint, ohne sie sei ich eh nicht aus dem Knast gekommen, wogegen ich mich scherzhaft wehre, da klingelt es und unten am Schlosseingang steht ein Mann mit serviler Begleitung und fordert barsch Eintritt; ich sage, da müsse ich erst mit Herrn Friedrich drüber reden, woraufhin er mir antwortet: »was hat mir Herr Friedrich zu sagen« und einfach eindringt; ich renne hoch und alarmiere Ebby und die anderen, vor allem Ebby rast runter, ich nach und im ersten Stock schaut sich der Mann frech fordernd um, da ziehe ich ihn an den Haaren und er fällt ganz leicht auf den Rücken • eine Preisverleihung findet in einem Saal in Frankfurt am Main statt, der Saal ist sehr schmal und lang, aber steil wie ein Vorlesungssaal und parallel zu ihm läuft eine Treppe hoch, die nur durch Fenster von ihm abgetrennt ist; wir sehen durch, auf der Treppe stehend, es sind nur wenig Leute da und der Preisträger, ein grauhaariger Schönling steht gerade in der fünften oder sechsten Reihe auf und breitet ergriffen seine Arme aus, andere kommen zu ihm hinunter und wollen wohl was übergeben, da sagt mein Nachbar: »ist das nicht eine potthässliche Architektur?«, und ich stimme zu, muss dann aber weiter, weil ich mitten im Umzug bin und in München gerade Station mache, mit Motorrad, wo ich freundlicherweise in einem Haus an der Leopoldstraße wohnen darf, und der Besitzer gibt mir auch noch Geld, portugiesisches und isländisches, aber ziemlich viel, während eine Kolonne von Leuten gerade in den Schacht neben dem Keller geht, von dem eine Treppe ins Hinterhaus hochführt, wo umgebaut wird, wie eine Prozession stolzieren sie daher und ich überlege, ob es noch reicht, Julia anzurufen und eventuell zu treffen und was zu essen, oder Fips –

      – wir sitzen bei einem betuchten Chinesen beim Dinner und wollen abschätzen, wen wir zu einer Gegeneinladung dazunehmen können; den chinesischen Botschafter findet er blöd, auch andere besondere Chinesen und ich denke, dass ich in China auch keine Deutschen treffen möchte, aber auch Leute wie Bölling findet er langweilig, und Nata gibt mir kein Zeichen, ob sie auch einverstanden ist, dass, beziehungsweise ob er eben alleine kommt – und während ich dauernd raus- und reingehe, versammelt sich draußen die Hochzeitsgesellschaft auf dem Parkplatz vor dem kleinen Rathaus; ich will und soll die filmen, aber aus dem gegenüberliegenden Haus glotzt ein feister Deutscher, den ich dann und deswegen filme, weswegen er wütend wird, mich warnt, droht zu kommen, und tut das dann auch, selbst mit einer Videokamera, mit der er schimpfend auf mich losgeht und zurück filmt, dabei aber einen altmodischen Blitz einschaltet, der wie ein Stoboskop zuckend blitzt, ganz nah, es ist wie ein Kampf, und meine Kamera raucht, die Platte hat richtig dicke Beulen, die Braut ist ratlos, die Hochzeit muss aber hier und nirgends sonst stattfinden, die hat doch noch Anke, die gut alte, eingeleitet –

      – großes Unifest in der festungsartigen Stuttgarter Uni, ich bleibe, obwohl ich Freitag zurück sein wollte, und gehe wieder raus und rein; es gibt nur den einen engen Eingang an der riesigen, quadratischen Festung, ich klemme mich durch und kaum bin ich aus dem winzigen Aufzug, quetschen sich zahllose Leute rein, und obwohl sie tatsächlich drin verschwinden, mache ich sie darauf aufmerksam, dass so viele gar nicht reinpassen, und draußen findet eine Art Prozession statt, neben dem garagenartigen Ausgang stehen Leute unter einem provisorischen Tuchdach Spalier, dahinter, im Verborgenen machen sich die Auftretenden in Marken- und zum Teil Tierkostümen bereit und springen dann heraus und tanzen durch das Spalier ins Freie; inzwischen ist schon Montag und ich sitze in einem der oberen Räume der Festungsuni mit zwei Freunden, mit denen ich essen gehen will, gehe aber kurz nochmal raus, treffe prompt Erika, die Probe hat und der ich versprochen