Traumprotokolle. Christof Wackernagel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christof Wackernagel
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783866747807
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mit Schulden, einer macht jetzt Beratung, und der Schlimmste ist Hinze: »ja ja, Hinze natürlich«, sage ich, der ich im unteren Teil des Wohnzimmers in Schaum liege, und sehe ein Comic von einem Exhibitionisten mit einem Plakat vor dem nackten Bauch, zwischen dem offenen Mantel, auf dem steht: FRAGEN SIE NICHT – TRIPPER und unter dem Plakat ragt ein nach vorne stehender unappetitlich kranker Schwanz empor; wir gehen raus, die Freunde zeigen uns die Fußgängerzone auf Stelzen, alles mit Gehrouten, hochmodern, aber langweilig und als es nicht mehr weitergeht, in dunkler Unklarheit, Halle endet, frage ich nach einer Kneipe, werde aber ausgelacht, ob ich »Hüngerchen« habe, dann könne ich doch ein »Bütterchen« essen, weswegen wir nach Hause zurückkehren, schnell, wobei ich davon schwärme, wie ich gleich Bananen braten und mit Honig essen werde, was Nata nicht zu kennen scheint, wobei die Frau sie meine »Freundin« nennt, Nata aber betont, meine Frau zu sein, woraufhin sie sie meine Schwester nennt, und ich sage: »siehste, uns glaubt eben keiner, dass wir verheiratet sind« –

      – Nata und ich mit Johnson unterwegs, aber ich muss erst noch ins Nachbardorf, nur kurz, aber es dauert länger und länger und länger; die Straße abwärts ist noch weit, ein Wagen kommt entgegen, ich kehre lieber wieder um zu Nata und Johnson, die mir entgegenkommen, und wir gehen zusammen weiter, kommen durch ein Dorf, auch durch einen Hof, treppauf und treppab, Nata schaut in eine Tür und sagt: »der macht ja Kaba«, und dann schmeißen wir mit Äpfeln rum; alle haben Äpfel, es ist wie ein Spiel mit Regeln, und hinter einer Wand an zwei Trägern, unter der ich hindurchwische, verlagert ein Bauer Äpfel mit einer Schaufel von einem Schuppen auf einen Haufen und schenkt mir einen angebissenen Apfel, der gut ist, aber auch noch faule Stellen hat; aber dann baden wir an einem großen, nüchternen Becken, in dem einige schon schwimmen, in großen Zügen, ich mit Nata, aber noch am Beckenrand sitzend und die großen Zehen eintauchend, da kommen zwei Mädchen zu uns, eines im Badeanzug, die andere nur mit einem Oberteil; sie reden langsam, wie betäubt, und ich sehe extra genau hin; die eine hat tatsächlich kein Höschen an, hat sogar schon Schamhaare, da lasse ich mich langsam ins Wasser und schwimme lange, vor allem auf dem Rücken, bin selber auch nackt; Nata telefoniert dauernd, und als wir an einem Platz in einem Lokal mit Tischen draußen essen wollen, kommt gerade ein Bus mit Urlaubern, und im nächsten Dorf stellt sich dann heraus, mit wem Nata dauernd telefoniert hat: mit Sascha von Marawitz, der mit seiner Eva-Maria da ist, der beleidigt und schlecht gelaunt ist, weil er nicht sagen kann, was jetzt passiert; und so bleibt sie in ihrem Telefonzellen-artigen Zelt sitzen, das freilich zusammenbricht, und ich muss sie rausholen, und als wir dann im nächsten Dorf über einen Platz laufen, erscheint plötzlich die ganze Basler Verwandtschaft, von Renate bestellt, allen voran Marie Christine, die ich umarme –

      – eine elektrische Tagesausschnittsspannung – ich gehe mit Kitty durch Londons Straßen zu einer Gruppe, in der eine Frau um halb drei Uhr morgens ihre Tante anruft und auch auf Anfrage keine Probleme damit hat, und in der Gruppe fliegen Unmengen von Geld rum, überall die Scheine, am Boden, in Ecken, irgendwo verhakt, und als nach einer Prügelei auf der Wiese vor dem Haus einer im Matsch liegt, auf dem Rücken, aber selbst das Gesicht noch unter Matschwasser, und sich nicht rührt in seinem Matschloch auf der Wiese, finde ich, dass man schon einen Arzt holen sollte, und der geht gerade, ziemlich sauer und sieht die Geldscheine und sagt, dass das ja dann wohl etwas mit dem Überfall von vor ein paar Tagen zu tun hat, weshalb das Geld weggeräumt wird, bevor die Bullen kommen {wie ich mit Willy im Stadion und davor} und Hans Ludwiczak bietet mir ein Bündel holländischer Geldscheine an, was ich mit der Begründung ablehne, dass dann die Bullen denken, dies hier sei meine holländische Dependance, und ich kehre wieder in die Wohnung zurück; nachts, mitten in London, und von dem Hinterhof ab geht eine Außentüre seitlich hoch, an deren balkonartigem Vorsprung eine Frau am Tisch sitzt und als Erstes davon die Rede ist, dass Fritz Scheyhing beleidigt ausgezogen ist, und mit seiner Freundin in der Nähe wohnt und mit keinem etwas zu tun haben will, auch mit mir nicht mehr reden will; es herrscht eine Stimmung, bei der klar ist, dass Verrat im Spiel ist, und als wir essen, breitet neben uns ein Pärchen einen Teppich aus, den es bemalt − ich finde, kitschig −, und es betont, dass diese Teppiche extrem billig seien, sie kauern daneben, sehen zu uns herüber und verteilen nebenbei mit den Händen Farbe auf den Teppich und erzählen, dass Helmut Schmidt die extrem blöd finde – ich werde auf der Straße durchsucht und kann gerade noch verhindern, dass ein Shitdöschen gefunden wird, »war da nicht noch was?«, fragt der Bulle, und ich verneine harmlos, während er ein anderes, längliches Holzdöschen aufmacht, in dessen Ritzen noch der Haschischstaub klebt, ein großes, längliches, wie aus Damaskus für Schreibgeräte, während ich mein kleines Döschen in der Brusttasche verschwinden lasse, da legt sich Nata mit den Bullen an und läuft schließlich sogar weg; die Bullen hinterher und in einer Querstraße der Richtung, in die sie durch das Ruinengelände in der Stadt laufen, rennt rituell tanzend schon eine Herde Frauen vor den Bullen her und prügelt sich mit ihnen, heftig und tänzerisch zugleich, und nachdem alle völlig erschöpft nach einem großen Bogen zurückkommen, flüstert Renate über die anderen Frauen: »die hätte man aber nicht nackt sehen dürfen«, und daraufhin wird erstmal Kaffee gekocht, wobei mich aufregt, wie selbstverständlich der Bulle unseren Kaffee nimmt, der dann in seine Thermoskanne läuft; ein altkluges Kind sitzt daneben und redet davon, dass »wir« irgendwas bekommen sollten, ein Recht darauf hätten; ich frage, was mit »wir« gemeint sei, woraufhin das Kind »alle« antwortet, aber als ich frage, ob damit auch die Ausländer gemeint seien, bockt es erst und sagt nichts, dann sagt es trotzig: »nein« –

      – Fresserei – eine Frau am anderen Tisch teilt ein Fischfilet und fragt, ob’s noch mehr gibt, und ich habe noch was; Mist und Wasser –

      – wieder in dem Hotel in der Schweiz in Lugano, wo ich mit Louis Jent, Rob Hower und später Barbara Rudnik war, aber es ist nichts mehr, wie es war, und danach, als ich mit Barbara im großen Saal im ersten Stock war, dachte ich auch nicht ans erste Mal, verstrickt in die Liebeshändel von »Ins Blaue«, das Haus an der Seite mit den offenen Zimmern ohne Fassade gab damals auch nicht; die Frau, mit der ich rede, auch nicht, und bei dem Gang durch das arabische Dorf kommen wir an ein Haus, das noch eine Baustelle ist, fast alles ist Baustelle und wir klettern da durch; im ersten Stock ist eine Familie, die ich mit Kief Halik und Handschlag begrüße, auch die Kinder, bis die Frau am Herd sagt: »typisch deutsch verklemmt«, und ich wehre mich damit, dass es in Libyen auch nicht anders ist, was sie gar nicht versteht, und dann fahre ich mit einem alten VW, wobei irgendwie die Kupplung fehlt, durch die Stadt, Offensichtlich ein Halbautomatik, wie ihn Susanne Albrecht hatte; da finde ich auch ein Hebelchen über einem gebogenen Ding mit zwölf Kerben, aber egal, wie ich es verschiebe, ändert sich nichts am Fahren, es ist sau viel Verkehr, einmal werde ich von einer abbiegenden Straßenbahn abgedrängt, aber es geht noch; und dann sind wir in einem unterirdischen Gang, tauchen ab, es geht in verschiedene Ecken etc.; bis wir an einer schmalen Kammer, wo außer uns noch andere auf eine Lore warten, sehr trister Zustand, und der mit uns ist, sagt: »ich will ne Banane« – »weil hier alles so hässlich ist«?, frage ich verständnisvoll, und eine wartende Frau antwortet einem anderen, der Unklarheiten und Missverständnisse in Sachen Elisabeth ausspricht: »hätte sie doch nur einen Brief geschrieben«; die Frau hat einen großen, dreckigen, vorne glatt abgeschnittenen und dort schwarzen Zahn, ist traurig und redet langsam, und der Typ antwortet ihr: »kann doch nicht jeder beim Abtauchen einen Brief schreiben« • ich lese im Hotelzimmer Pynchon und flippe aus, wie genial er ist, denn die Schrift, die Buchstaben verlaufen sich nach unten und zerfließen zu richtigen Bildern und das in jeder Zeile; jedenfalls in dem einen Absatz auf der Seite oben, es ist tripartig, lebt und fließt, und als ich es nochmal lese, stelle ich fest, dass ich das nur geträumt habe, dass ich in einem riesigen, Schloss-artigen Hotelzimmer in einem fürstlichen Bett sitze, einem Saal, als ob Lakaien da wären • wir sind zu dritt in einer Seitenbucht eines Hofes, in einer Durchfahrt; im vierten Stock des Hauses gegenüber sitzen die Gegner und schießen, man muss aufpassen, wenn man um die Ecke schaut, weil man sofort getroffen werden kann; ich halte einfach raus und ballere, aber dann finde ich eine Möglichkeit, etwas zurückzugehen und ein wenig hochzuspringen, um sie hinter dem Fenster mit ihren Waffen hantieren zu sehen, aber vor allem unsere große MP geht nicht; wir knien auf dem Boden und fummeln dran rum, die Frau hat überhaupt keine Ahnung, aber ich kann dann doch mal wieder einen Schuss abfeuern, bis es scheint, dass die Bullen kommen, und ich zur Toreinfahrt rauswische, auf die Straße, wo viele Leute, aber auch viele Bullen sind, die mich misstrauisch beäugen, und beißend